Leitsatz (amtlich)

›1. Zu den erstattungsfähigen Heilungskosten und vermehrten Aufwendungen des Verletzten nach einem Unfall können auch Fahrtkosten gehören, etwa für notwendige Fahrten zum Arzt, zur Apotheke und zur Arbeitsstelle.

2. Erstattungsfähig sind in der Regel die (vom Fahrzeugtyp abhängigen) variablen Betriebskosten zuzüglich eines Zuschlags für die laufleistungsabhängige erhöhte Abnutzung (konkret: 0,30 DM/km für Opel Astra 1, 6).

3. 8000 DM [4000 EUR] Schmerzensgeld für eine HWS-Distorsion I. Grades [sowie einer Knieprellung] mit langwierigem Heilungs-Prozess bei grobfahrlässigem Verhalten des Unfallverursachers.‹

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 23.11.1998; Aktenzeichen 4 O 2486/98)

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel aber nur teilweise Erfolg.

Der Klägerin steht wegen des von der Versicherungsnehmerin der Beklagten allein verschuldeten Verkehrsunfalls vom 12. August 1997 ein höherer Schadensersatzanspruch zu als vom Erstgericht zuerkannt. Im Einzelnen gilt:

1. Die Beklagte kann wegen der Beeinträchtigung ihrer Fähigkeit, den Haushält zu führen, Schadensersatz in Höhe von 1.692,07 DM verlangen.

a) Die grundsätzliche Ersatzfähigkeit des sogenannten Haushaltsführungsschadens ist allgemein anerkannt. Die §§ 842, 843 BGB geben der bei einem Unfall verletzten Person, die ganz oder teilweise mit der Haushaltsführung betraut ist, einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger. Die Höhe des Schadens bemißt sich nach der tatsächlich zu leistenden Arbeit im Haushalt. Anders als bei Ersatzansprüchen wegen des Wegfalls einer bei einem Urfall getöteten haushaltsführenden Person geht es hier nicht darum, zu wieviel Hausarbeit die Verletzte, ihr Ehegatte oder andere Angehörige rechtlich verpflichtet waren. Es geht darum, wieviel Arbeit von der Verletzten ohne den Unfall tatsächlich geleistet worden wäre, wieviel Hilfe ihre Angehörigen tatsächlich geleistet hätten (BGH, NJW 1974, 1651; Schulz-Borck/Hofmann, Schadenersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl., S. 18; Hillmann, ZfS 1999, 229; OLG München, DAR 1999, 407).

Unstreitig hätte die Klägerin ohne den Unfall ca. 27,1 Stunden pro Woche im Haushalt gearbeitet; das ist der in der Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Hofmann für einen Haushalt mit 2 Berufstätigen ohne Kinder genannte Wert.

b) Die Fähigkeit der Klägerin, den Haushalt zu führen, war bis zum 7. September 1997 um 60 % und bis zum 9. Oktober 1997 um 30 % vermindert.

Dieser Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Haushalt steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen vom 7. Juli 1999, der diese spezifische Minderung der Erwerbsfähigkeit - zutreffend - unabhängig von der allgemeinen Minderung der Erwerbsfähigkeit festgelegt hat. Es besteht für den Senat kein Anlaß, an der Richtigkeit dieser vom Sachverständigen genannten Werte zu zweifeln. Auch die Beklagte erhebt insoweit keine Einwendungen. Unter diesen Umständen ist es nicht erforderlich, das Maß des Ausfalls der Klägerin bei der Haushaltsführung auf anderem Wege, etwa mit Hilfe einschlägiger Tabellenwerke, festzustellen. Auch die Erholung eines weiteren Gutachtens, etwa aus dem Bereich der Arbeitsmedizin, erscheint angesichts der Bedeutung des Streitfalles nicht nötig.

Bei einem allenfalls durchschnittlichen Schadensfall wie dem vorliegenden ist es bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO nicht geboten, umfangreiche Erhebungen über die tatsächlichen Verhältnisse in dem betreffenden Haushalt anzustellen (OLG München, OLGR 1995, 63).

Der von der Beklagten zu ersetzende Ausfall belief sich demnach für den ersten Monat nach dem Unfall auf 60 % von 27,1 Stunden, das sind aufgerundet 17 Wochenstunden, und für den zweiten Monat auf 30 % von 27,1 Stunden, das sind aufgerundet 9 Wochenstunden.

c) Da die Klägerin keine Ersatzkraft gegen Entgelt beschäftigt hat und die helfenden Angehörigen unstreitig nichts erhalten haben, muß der Schaden fiktiv berechnet werden (BGH, VersR 1979, 670).

Es kann sich zwar nicht zugunsten des Schädigers auswirken, daß die Angehörigen der Klägerin durch überobligationsmäßige Anstrengungen deren teilweisen Ausfall bei der Haushaltsführung ausgeglichen haben. Es kann aber auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß bei der Klägerin keine Lohnnebenkosten wie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge angefallen sind. Daher ist hier Schadensersatz nur in Höhe des fiktiven Nettogehalts einer Ersatzkraft zu leisten (BGH, NZV 1988, 60 f.).

Dieses Nettogehalt ist im vorliegenden Fall der Vergütungsgruppe BAT IX b zu entnehmen. Gegen die Zugrundelegung einer höheren Vergütungsgruppe, etwa BAT VIII, spricht, daß diese Gruppe etwa für Wirtschafterinnen mit staatlicher Prüfung vorgesehen ist, die zu selbständiger Haushaltsführung in der Lage sind. Da die Klägerin aber unstreitig nie ganz ausgefallen ist und immer einen Teil der anfallenden Arbeiten, vor allem die nöti...

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