Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO kann in geeigneten Fällen auch beim Filesharing von Computerspielen ein Kriterium für die Bemessung der angemessenen Lizenz der Ansatz einer bestimmten Anzahl von möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer darstellen. Bei der Höhe des anzusetzenden Faktors ist die Größe des Gesamtdatenvolumens des Computerspiels maßgeblich zu berücksichtigen.

Die Vorschrift des § 97a Abs. 3 UrhG ist offenkundig mit den Vorgaben aus Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Enforcement-Richtlininie) vereinbar.

 

Normenkette

UrhG §§ 97, 97a; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 3 O 7259/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.05.2019, Aktenzeichen 3 O 7259/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.123,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Höhe der Ansprüche auf Schadens- und Abmahnkostenersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung.

1. Gegenstand der geltend gemachten Ansprüche ist das Computerspiel "R... - T... L...". Die Erstveröffentlichung dieses Spiels fand im August 2014 statt und hat im Einzelhandel im Erstveröffentlichungszeitraum Verkaufspreise um 50 Euro erzielt.

Zwischen dem 27.09.2014 um 23:24:07 Uhr und dem 25.10.2014 um 09:49:48 Uhr wurde dieses Computerspiel über eine Internettauschbörse (ein sogenanntes "Peer-to-Peer-Netzwerk") in insgesamt 14 Fällen zum Download bereitgestellt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.04.2015 ließ die Klägerin den Beklagten abmahnen und machte Abmahnkosten- und Schadensersatzansprüche geltend.

2. Das Landgericht erließ am 02.05.2019 folgendes Endurteil:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 900,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.04.2015 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 215,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.04.2015 zu erstatten.

Zur Begründung führte das Landgericht u.a aus, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach der Lizenzanalogie in Höhe von 900,00 Euro zustünde.

Der Beklagte habe der Klägerin darüber hinaus die Kosten für die Abmahnung in Höhe von 215,00 Euro zu erstatten. Dabei sei der Ersatz der Rechtsanwaltsvergütung auf die gesetzlichen Gebühren aus einem Gegenstandswert in Höhe von 1.000,00 Euro beschränkt.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

3. Dagegen wendet sich die Klägerin in ihrer Berufung. Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 5.373,00 Euro nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2015 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 865,00 Euro nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2015 zu zahlen.

Zur Begründung führt die Klägerin u.a. aus, dass der Lizenzanalogieschaden dadurch zu berechnen sei, dass der (hypothetische) Online-Verkaufspreis für das Werk mit der Anzahl der während der Dauer der Verletzungshandlung hypothetischen oder möglichen Abrufe multipliziert werde. Im Verletzungszeitraum hätten wenigstens 723 weitere Nutzer der fraglichen Tauschbörse nach dem streitgegenständlichen Computerspiel gesucht. Davon lege die Klägerin einen Faktor von 150 zugrunde.

Die für die Abmahnkosten anzusetzende 1,3 Geschäftsgebühr berechne sich aus einem Gegenstandswert in Höhe von 15.000 Euro. Eine Deckelung der Kosten der Abmahnung gemäß § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG dürfe vorliegend nicht vorgenommen werden.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Mit Beschluss vom 12.09.2019 wies der Senat die Klagepartei darauf hin, dass er beabsichtige, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.05.2019, Az. 3 O 7259/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zur Begründung führte er Folgendes aus:

1. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den nach der Lizenzanalogie zu berechnenden Schadensersatzbetrag im Streitfall auf 900,00 Euro bemessen hat.

a) Bei der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert...

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