Leitsatz (amtlich)

1. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch der siegreichen Partei unterliegt keiner generellen Zweckbindung dahingehend, dass er primär der Befriedigung des Prozessbevollmächtigten dieser Partei dient. Eine Pfändung dieses Anspruchs durch Dritte ist auch insoweit zulässig, als der Prozessbevollmächtigte der durch den Kostenerstattungsanspruch begünstigten Partei noch nicht befriedigt ist (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 11.12.2008 - IX ZB 232/08, ZInsO 2009, 202).

2. Der Prozessbevollmächtigte der durch den Kostenerstattungsanspruch begünstigten Partei ist hinsichtlich seines Vergütungsanspruchs nur insoweit privilegiert, als das Gesetz dies ausdrücklich - etwa in § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO oder in § 43 RVG - anordnet.

3. Entsteht ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch nach Eröffnung und während der Dauer des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der durch diesen Anspruch begünstigten Partei, so fällt er als Neuerwerb in die Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO) und unterliegt der alleinigen Verwaltungsund Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters (§ 80 Abs. 1 InsO).

 

Normenkette

ZPO § 851 Abs. 1, § 126 Abs. 2 S. 1; InsO § 35 Abs. 1, § 80 Abs. 1; RVG § 43

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Beschluss vom 02.09.2010; Aktenzeichen 21 O 703/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Zurückweisung des Kostenantrags des Beklagten gemäß 2ffer I des Beschlusses des LG Amberg vom 2.9.2010 (Az. 21 O 703/10) wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.196,43 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Über das Vermögen des Beklagten war mit Beschluss des AG Amberg vom 13.8.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Im Jahr 2009 machte die Klägerin gegen den Beklagten persönlich Ansprüche auf Rückzahlung mehrerer. 2004 gewährter, bereits vor Insolvenzeröffnung gekündigter Darlehen in Gesamthöhe von 29.678,82 EUR geltend. Der Beklagte hatte zuvor nicht auf das über sein Vermögen geführte Insolvenzverfahren hingewiesen. Ein solcher Hinweis erfolgte erst nach Klagezustellung.

Im Hinblick auf die Insolvenzeröffnung nahm die Klägerin unter dem 12.8.2010 die Klage zurück.

Mit Schriftsatz des vom Beklagten mandatierten Prozessbevollmächtigten vom 24.8.2010 wurde beantragt, der Klägerin gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Diesen Antrag hat das LG Amberg mit Beschluss vom 2.9.2010 (Az. 21 O 703/10), dort Zffer I, zurückgewiesen.

Gegen diesen, ihm am 9.9.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23.9.2010 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der eine Stattgabe des Kostenantrags begehrt wird. Die Klägerin hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das LG Amberg hat mit Beschluss vom 28.9.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), form- und fristgerecht (§ 569 ZPO) eingelegt und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert von 200 EUR (§ 567 Abs. 2 ZPO) ist erreicht.

2. Trotz der bereits vor Klageerhebung erfolgten Insolvenzeröffnung wurde zwischen den Parteien ein Proz es s rechts Verhältnis begründet. Die Partei- und Prozessfähigkeit des Schuldners (§§ 50, 51 ZPO) wird durch die Insolvenzeröffnung nicht berührt (BGH, Urt. v. 26.1.2006 - IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260). Mithin ist die der Wirksamkeit einer Zustellung an Prozessunfähige entgegenstehende Vorschrift des § 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO unanwendbar und auch eine nach Insolvenzeröffnung ggü. dem Schuldner bewirkte Klagezustellung wirksam (BGH, Beschl. v. 11.12.2008 - IXZB 232/08, ZInsO 2009, 202 m.w.N.).

3. Das Verfahren ist auch nicht gem. § 240 ZPO unterbrochen, so dass der Erlass der beantragten Kostenentscheidung aus diesem Grund zu unterbleiben hätte. Die Unterbrechungs wirkung des § 240 ZPO setzt ein bereits rechtshängiges Verfahren voraus; eine Unterbrechung des Verfahrens kommt damit erst nach Zustellung der Klage in Betracht und scheidet stets aus, wenn das Insolvenzverfahren schon vor Klageeinreichung und damit vor Anhängigkeit eröffnet wurde (BGH, Beschl. v. 11.12.2008 - IXZB 232/08, ZlnsO 2009, 202 m.w.N.).

4. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 80 Abs. 1 InsO).

Eine gleichwohl gegen den Schuldner erhobene Klage ist unzulässig, weil ihm die passive Prozessführungsbefugnis und dem Gläubiger, der seine Forderung nur noch durch Anmeldung im Insolvenzverfahren realisieren kann (§ 87 InsO), das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (BGH, Beschluss vom 11.12.2008 - IXZB 232/08, ZlnsO 2009, 202 m.w.N.).

Im Hinblick auf diese Rechtslage hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen.

5. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat infolge der ihm erteilten Vollmacht wirksam einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 ZPO gestellt. Da im Streitfall der Beklagte s...

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