Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung des AG, das Versorgungsausgleichsverfahren aus dem Scheidungsverbund abzutrennen und wegen der Problematik der Berücksichtigung von Startgutschriften in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes auszusetzen, ist im Beschwerdeverfahren nur auf Ermessensfehler zu überprüfen.

Die Entscheidung des AG, das Versorgungsausgleichsverfahren in den genannten Fällen insgesamt auszusetzen, ist regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft.

 

Normenkette

FamFG §§ 21, 140

 

Verfahrensgang

AG Schwabach (Aktenzeichen 001 F 1088/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG gegen den Aussetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Schwabach wird zurückgewiesen.

2. Die Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, geboren am ..., und die Antragsgegnerin, geboren am ..., haben am ... in ... die Ehe geschlossen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8.11.2010 hat der Antragsteller bei dem AG - Familiengericht - Schwabach Scheidungsantrag einreichen lassen, welcher der Gegenseite am 24.11.2010 zugestellt worden ist.

In der gem. § 3 Abs. 1 VersAusglG zu bestimmenden Ehezeit vom ... bis ... haben die Ehegatten jeweils in der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte erworben. Darüber hinaus haben sie beide bei der Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG Anrechte aus der privaten Altersvorsorge erworben.

Der Antragsteller hat ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 7.165,89 EUR, Bezugsgröße Kapitalwert, erworben. Der Versorgungsträger hat einen Ausgleichswert von 3.457,95 EUR vorgeschlagen.

Die Antragsgegnerin hat ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 4.027,87 EUR, Bezugsgröße Kapitalwert, erworben. Der Versorgungsträger hat einen Ausgleichswert von 1.888,94 EUR vorgeschlagen.

Schließlich hat der Antragsteller bei der Bayerischen Versorgungskammer, Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden, ein Anrecht aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben. Ehezeitanteil der Versorgung: 30,11 Versorgungspunkte. Der Versorgungsträger hat einen Ausgleichswert von 15,03 Versorgungspunkten, korrespondierender Kapitalwert 5.372,22 EUR, vorgeschlagen. Bei der Bestimmung des Wertes dieses Anrechts hat der Versorgungsträger Startgutschriften für rentenferne Versicherte berücksichtigt.

Mit Endbeschluss vom 6.5.2011 hat das AG - Familiengericht - Schwabach die am ... geschlossene Ehe geschieden. Zugleich hat es zum Versorgungsausgleich ausgesprochen:

"Über den Versorgungsausgleich wird später gesondert entschieden."

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich, welche ihr am 16.5.2011 zugestellt worden ist, hat die Bayern-Versicherung Lebensversicherungs AG mit Schriftsätzen vom 19.5.2011, eingegangen beim AG Schwabach jeweils am 23.5.2011, Beschwerden eingelegt, mit welchen sie rügt, dass das Versorgungsausgleichsverfahren ausgesetzt worden sei. Zugleich hat die Beschwerdeführerin beantragt, die von den beiden Ehegatten bei ihr erworbenen Anrechte auszugleichen.

Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Der Antragsteller widersetzt sich der Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses des AG.

Der Ankündigung des Senats, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, haben sie zugestimmt bzw. nicht widersprochen.

II.1. Das Rechtsmittel der Bayern Versicherung Lebensversicherung AG ist statthaft und zulässig.

a) Beide Ehegatten haben in der Ehezeit bei der Beschwerdeführerin ausgleichspflichtige Anrechte erworben. Offensichtlich aus diesem Grund hat sie sich veranlasst gesehen, in Bezug auf beide Anrechte gesonderte Beschwerdeschriftsätze einzureichen. In beiden macht sie geltend, dass AG habe - zumindest im Hinblick auf die von den Ehegatten bei ihr erworbenen Anrechte - zu Unrecht von der Durchführung des Versorgungsausgleichs abgesehen. Verfahrensrechtlich ist jedoch von nur einer Beschwerde auszugehen.

b) Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin ist gem. § 21 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO statthaft und zulässig.

Der Ausspruch des AG zum Versorgungsausgleich mit Endbeschluss vom 6.5.2011 ist dahin zu verstehen, dass es den Versorgungsausgleich von dem Scheidungsverbundverfahren abgetrennt und gleichzeitig, im Hinblick auf die Problematik der Berücksichtigung von Startgutschriften bei der Berechnung des Anrechts des Antragstellers aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, ausgesetzt hat. Auch wenn diese Entscheidung in der Form eines Endbeschlusses getroffen worden ist, handelt es sich tatsächlich nicht um eine abschließende Endentscheidung i.S.d. § 38 Abs. 1 FamFG, sondern um eine Zwischenentscheidung, gegen welche eine Beschwerde gem. § 58 ff. FamFG nicht stattfindet, § 58 Abs. 2 FamFG. Statthaft ist allerdings gem. § 21 Abs. 2 FamFG, welcher zumindest entsprechend anzuwenden ist, die sofortige Beschwerde gem. §§ 567 ff. ZPO (vgl. Keidel/Weber, 16. Aufl., Rz. 12 zu § 221 FamFG; Stein in MünchKomm, 3. Aufl., Rz. ...

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