Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer zulässigen Berufung im Streit um Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Berufung ist unzulässig, soweit die Klagepartei ihr mittels Stufenklage verfolgtes und durch das Ersturteil abgewiesenes Auskunftsbegehren vollständig fallen lässt und mit ihrer Berufungsbegründung erstmals konkrete Feststellungsanträge sowie einen bezifferten Leistungsantrag formuliert, ohne die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich nach ihrer Ansicht die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Die Erweiterung oder Änderung der Klage kann nicht alleiniges Ziel der Berufung sein, sondern nur auf der Grundlage eines zulässigen Rechtsmittels verwirklicht werden.

2. Zum Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Streit um Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 280 Abs. 1; VVG § 203; ZPO § 520 Abs. 3, § 522 Abs. 1, § 531 Abs. 2, § 533

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 28.07.2022; Aktenzeichen 8 O 6639/21)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.07.2022, Az. 8 O 6639/21, soweit sie die Berufungsanträge zu 1), zu 2) und zu 3) aus der Berufungsbegründung vom 02.11.2022 (vgl. dort, S. 2) betrifft, gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.07.2022, Az. 8 O 6639/21, hinsichtlich des Berufungsantrags zu 4) aus der Berufungsbegründung vom 02.11.2022 (betreffend außergerichtliche Anwaltskosten) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung insoweit offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

3. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung eingeräumt.

 

Gründe

A. Zum Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Beitragsanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung, die der Kläger bei der Beklagten unterhält.

Gegenstand der Klage in erster Instanz waren - stichwortartig verkürzt - folgende Sachanträge, die vom Kläger in einem Stufenverhältnis gemäß § 254 ZPO miteinander verknüpft waren (vgl. Klageschrift S. 5 ff.: "II. Zulässigkeit der unbezifferten Klageanträge (Stufenklage)"):

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen in den Jahren 2013 bis 2021 zu erteilen ...

2. Es wird festgestellt, dass die nach Erteilung der Auskunft noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien unwirksam sind ...

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Betrag ... zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, Nutzungen und Zinsen daraus in nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernder Höhe herauszugeben ...

5. Verurteilung zur Freistellung von Anwaltskosten in Höhe von 1.054,10 EUR Über diese Sachanträge hat das Landgericht mit Endurteil vom 28.07.2022 ("Die Klage wird abgewiesen") im Einzelnen wie folgt entschieden (vgl. LGU 4): "Die Klageanträge zu 2 bis 4 sind bereits unzulässig. Im Übrigen (Klageanträge zu 1 und zu 5) ist die Klage unbegründet."

Hierbei hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die Stufenklage wegen fehlender Konkretisierungen unzulässig sei (LGU 5), in der Sache aber auch keine Auskunftsrechte des Klägers bestünden, weshalb der Sachantrag zu 1. nach Umdeutung (der unzulässigen Stufenklage) in ein selbständiges Auskunftsbegehren unbegründet sei (LGU 5-10) und auch kein Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten bestehe (LGU 10).

Dagegen richtet sich die - ansonsten form- und fristgerecht erhobene - Berufung des Klägers. Mit den Berufungsanträgen wird ausweislich der Berufungsbegründung vom 02.11.2022 nunmehr - wiederum stichwortartig verkürzt - geltend gemacht ("unter Abänderung des Urteils vom 28.07.2022"):

1. Es wird festgestellt, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien unwirksam waren:

a) im Tarif M... die Erhöhung zum 01.01.2014 b) im Tarif M... die Erhöhung zum 01.01.2016 c) im Tarif M... die Erhöhung zum 01.01.2018

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite 3.195,84 EUR nebst Zinsen ... zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, Nutzungen und Zinsen herauszugeben ...

4. Verurteilung zur Freistellung von Anwaltskosten in Höhe von 1054,10 EUR

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen.

B. Zum Hinweis gemäß § 522 Abs. 1 ZPO (Tenorziffer 1.)

Der Senat hält die Berufung des Klägers, soweit sie die Berufungsanträge zu 1), zu 2) und zu 3) aus der...

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