Leitsatz (amtlich)

Im Hinblick auf zu erwartende Verwicklungen im Fall einer Zwangsvollstreckung ist Verwirrung zu besorgen, wenn zwei unterschiedlich belastete Wohnungseigentumsrechte vereinigt werden sollen bzw. eine Bestandteilszuschreibung erfolgen soll.

 

Normenkette

GBO §§ 5-6

 

Verfahrensgang

AG Hersbruck (Aktenzeichen D. Blatt 1 ...)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.09.2013; Aktenzeichen V ZB 152/12)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Zwischenverfügung des AG Hersbruck - Grundbuchamt - vom 29.9.2011 wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Inhaber von zwei Wohnungseigentumsrechten am Grundstück I ... in D ..., denen Sondereigentum an zwei Wohnungen zugewiesen ist. Die im Wohnungsgrundbuch auf Blatt 1 ... vorgetragene Wohnung ist mit einer Grundschuld über 204.000 DM belastet, die auf Blatt 1 ... gebuchte Wohnung mit einer Grundschuld über 92.000 EUR.

Nachdem die Beteiligten zu 1) und 2) beantragt hatten, das auf Blatt 1 ... eingetragene Wohnungseigentum dem anderen Wohnungseigentum als Bestandteil nach § 890 Abs. 2 BGB zuzuschreiben, hat ihnen das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 29.9.2011 u.a. aufgegeben, die durch die Bestandteilszuschreibung drohende Gefahr der Verwirrung hinsichtlich der Belastungen durch Löschung oder Nachverpfändung der Grundschuld zu 92.000 EUR samt Rangregulierung zu beheben.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 7.11.2011 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.

Die vom Senat im Beschwerdeverfahren angehörte Beteiligte zu 3) hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Auszüge aus dem Wohnungsgrundbuch, den Antrag an das Grundbuchamt vom 22.8.2011, die Zwischenverfügung vom 22.9.2011 und die im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Rechtspfleger beim Grundbuchamt hat zu Recht die Auffassung vertreten, dass vor Eintragung der Bestandteilszuschreibung die auf der Wohnung Nr. 2 lastende Grundschuld zu löschen oder auf die Wohnung Nr. 1 nachzuverpfänden ist, da ansonsten die Gefahr der Verwirrung besteht.

Verwirrung i.S.v. § 5 bzw. § 6 GBO liegt nicht nur vor, wenn das Grundbuch durch die Eintragung derart unübersichtlich und schwer verständlich würde, dass die Rechtslage nicht mehr mit der für den Grundbuchverkehr gebotenen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar ist und Rechtsstreitigkeiten drohen. Sie ist auch dann gegeben, wenn mit Verwicklungen bei der Zwangsvollstreckung zu rechnen ist (vgl. Morvilius, MittBayNot 2007, 493). Das wäre hier zu erwarten.

Der Senat hat zwar in seiner Entscheidung vom 28.12.2011 (AZ: 10 W 2043/11) für den Fall der Vereinigung zweier Grundstücke die Auffassung vertreten, dass allein die Tatsache der unterschiedlichen Belastung der Grundstücke noch keine Gefahr der Verwirrung begründet, da aufgrund der Flurstücknummern auch nach der Vereinigung jederzeit feststellbar sei, welcher Grundstücksteil mit welchem Recht belastet ist.

Nach Auffassung des Senats muss jedoch für die Bestandteilszuschreibung von Wohnungseigentumsrechten ein strengerer Maßstab angelegt werden. Die Zuschreibung führt dazu, dass ein einheitlicher vereinigter Miteigentumsanteil entsteht, der mit dem Sondereigentum an den vereinigten Wohnungen verbunden ist (vgl. Bamberger/Roth/Hügel, BeckOK WEG, Stand 1.5.2012, § 8 Rz. 15). Wenn die beiden Wohnungen, auf die sich der Miteigentumsanteil bezieht, unterschiedlich belastet sind, ist mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Zwangsvollstreckung zu rechnen, die die Besorgnis der Verwirrung begründen. Da es dem Wohnungseigentümer möglich ist, durch bauliche Veränderungen die Zuschreibung auch in die Praxis umzusetzen, etwa durch die Entfernung von Trennwänden, könnte es die damit verbundene räumliche Veränderung der beiden Wohnungen dem Grundschuldgläubiger praktisch unmöglich machen oder zumindest außerordentlich erschweren, einen einzelnen Bestandteil des Wohnungseigentums zu versteigern (vgl. die Ausführungen von Morvilius, a.a.O., zu den vollstreckungsrechtlichen Konsequenzen; Hügel/Kral, BeckOK GBO, Stand 1.6.2012, § 5 Rz. 33; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., Rz. 16 zu § 5). Bei der Vereinigung von Grundstücken ist mit einer derartigen Entwertung des Haftungsobjektes nicht zu rechnen.

Vor diesem Hintergrund ist die Forderung des Grundbuchamtes in der angefochtenen Zwischenverfügung nicht zu beanstanden und die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) zurückzuweisen.

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Im Hinblick auf die abweichende Auffassung des KG (NJW-RR 1989, 1360) und des OLG Hamm (DNotZ 2007, 225) war die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde nach §§ 70 ff. FamFG statthaft, da und sow...

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