Leitsatz (amtlich)

Das Grundbuchamt kann mit einer Zwischenverfügung dem Antragenden nicht den Abschluss eines Rechtsgeschäfts aufgeben, um damit ein Eintragungshindernis zu beheben.

Auch bei der Bestandteilszuschreibung eines Wohnungseigentumsrechts zu einem anderen nach § 890 Abs. 2 BGB begründet allein der Umstand, dass die Rechte mit verschiedenen Grundpfandrechten belastet sind, nicht die Besorgnis einer Verwirrung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 GBO.

 

Normenkette

BGB § 890 Abs. 2; GBO § 6 Abs. 1 S. 1, § 18

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Beschluss vom 09.07.2012; Aktenzeichen 10 W 2296/11)

AG Hersbruck (Entscheidung vom 29.09.2011; Aktenzeichen Diepersdorf Blatt 1585-11)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) und 2) werden der Beschluss des OLG Nürnberg - 10. Zivilsenat - vom 9.7.2012 und die Zwischenverfügung des AG Hersbrück - Grundbuchamt - vom 29.9.2011 aufgehoben.

Die Sache wird an das Grundbuchamt zur Entscheidung über den Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) vom 22.8.2011 mit der Änderung vom 5.10.2011 zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 9.200 EUR.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Eigentümer der im Beschlusseingang bezeichneten Eigentumswohnungen in einer Wohnanlage. Die auf Blatt 1585 gebuchte Wohnung Nr. 1 ist mit einer Grundschuld der Beteiligten zu 3) i.H.v. 204.000 DM zzgl. Zinsen, die auf Blatt 1586 gebuchte Wohnung Nr. 2 ist mit einer Grundschuld der Beteiligten zu 3) i.H.v. 92.000 EUR zzgl. Zinsen belastet.

Rz. 2

Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 22.8.2011 haben die Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, die Wohnung Nr. 2 der Wohnung Nr. 1 als Bestandteil nach § 890 Abs. 2 BGB zuzuschreiben. Das Grundbuchamt hat den Beteiligten zu 1) und 2) mit Zwischenverfügung vom 29.9.2011 - hier noch von Interesse - aufgegeben, die durch die Bestandteilszuschreibung drohende Gefahr der Verwirrung hinsichtlich der Belastungen durch Löschung oder Nachverpfändung der Grundschuld über 92.000 EUR nebst Rangregulierung zu beheben.

Rz. 3

Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das OLG zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragen die Beteiligten zu 1) und 2), die Zwischenverfügung aufzuheben und die Sache an das Grundbuchamt zur Neubescheidung über ihren Antrag zurückzuweisen.

II.

Rz. 4

Das Beschwerdegericht (dessen Entscheidung in FGPrax 2012, 196 veröffentlicht ist) meint, das Grundbuchamt habe zu Recht verlangt, dass vor einer Buchung der beantragten Zuschreibung die auf der zuzuschreibenden Wohnung (Nr. 2) lastende Grundschuld entweder zu löschen oder die Hauptwohnung (Nr. 1) nachzuverpfänden sei, da ansonsten die Gefahr einer Verwirrung bestehe. Diese sei bei einer Vereinigung von Wohnungseigentumsrechten gegeben, weil mit Verwicklungen bei einer Zwangsversteigerung zu rechnen sei, wenn beide Wohnungen, auf die sich der einheitliche Miteigentumsanteil beziehe, unterschiedlich belastet seien. Anders als bei einer Vereinigung von Grundstücken könne bei einer Verbindung von Wohnungseigentumsrechten der Eigentümer durch bauliche Veränderungen es einem Grundschuldgläubiger nämlich unmöglich machen oder wesentlich erschweren, die einen Bestandteil des Wohnungseigentumsrechts darstellende frühere Wohnung zu versteigern.

III.

Rz. 5

Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und gem. § 78 Abs. 3 Satz 1 GBO i.V.m. § 71 FamFG auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat schon deshalb Erfolg, weil das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung mit einem nach § 18 GBO nicht zulässigen Inhalt erlassen hat.

Rz. 6

1. Durch den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO sollen dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen erhalten bleiben, die sich nach dem Eingang des Antrags richten und die durch die sofortige Zurückweisung verloren gingen (BayObLG NJW-RR 2004, 1533, 1534). § 18 GBO bezieht sich daher nur auf die Beseitigung eines der Eintragung entgegenstehenden Hindernisses und ist nicht anwendbar, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann (BGH, Beschl. v. 23.5.1958 - V ZB 12/58, BGHZ 27, 310, 313). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zulässig, mit einer Zwischenverfügung auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken, das Grundlage der einzutragenden Rechtsänderung sein soll, weil sonst die beantragte Eintragung einen ihr nicht gebührenden Rang erhielte (BayObLG NJW-RR 1991, 465, OLG Hamm OLGReport Hamm 1996, 121,122; OLG Zweibrücken, FGPrax 1997, 133, 134 und 2006, 103).

Rz. 7

2. Gemessen daran ist die Zwischenverfügung unzulässig.

Rz. 8

a) Nach der Verfügung des Grundbuchamts soll das der Eintragung entgegenstehende Hindernis durch ein von der Beteiligten zu 3) (Grundschuldgläubigerin) mit Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 2) (Eigentümer) vorzunehmendes Rechtsgeschäft behoben werden. Solange die beantragte Bestandteilszuschreibung (§ 890 Abs. 2 BGB) jedoch nicht vollzogen werden kann, sind weitere Belastungen der noch rechtlich selbständigen Wohnungseigentumsrechte - auch im Wege der Zwangsvollstreckung - möglich. Deshalb kann das Grundbuchamt einem Eigentümer, der die Eintragung einer Zuschreibung beantragt, nicht im Wege einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO aufgeben, das aus der Entstehung unterschiedlicher Belastungen begründete Eintragungshindernis durch Aufhebung oder Inhalts- und Rangänderung der Rechte an dem zuzuschreibenden Grundstück bzw. Wohnungseigentumsrecht zu beseitigen. Wenn der beantragten Eintragung das Hindernis einer zu besorgenden Verwirrung i.S.d. § 6 GBO entgegenstünde, wäre ein solcher Antrag des Eigentümers sofort zurückzuweisen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 28.10.1997 - 15 W 272/97 unter II.1.a, BeckRS 1997, 31008426, insoweit nicht in FGPrax 1998, 44 ff. und Rpfleger 1998, 154 ff. abgedruckt).

Rz. 9

b) Anders wäre es nur, wenn das Grundbuchamt den Beteiligten zu 1) und 2) lediglich die Gründe mitgeteilt hätte, warum es ihrem Antrag nicht stattgeben kann. Solche Meinungsäußerungen des Grundbuchamts sind - auch wenn sie mit der Ankündigung einer beabsichtigten Zurückweisung des Antrags verbunden werden - keine beschwerdefähigen Entscheidungen nach § 71 GBO (BGH, Beschl. v. 27.2.1980 - V ZB 28/78, NJW 1980, 2521). So verhält es sich hier jedoch nicht, weil das Grundbuchamt seine Verfügung nicht nur als Zwischenverfügung bezeichnet, sondern den Antragstellern zugleich eine Frist zur Behebung des Eintragungshindernisses gesetzt hat.

Rz. 10

3. Hat das Beschwerdegericht die Beschwerde gegen eine unzulässige Zwischenverfügung zurückgewiesen, sind auf eine Rechtsbeschwerde seine Entscheidung und die Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufzuheben (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 465; OLG Hamm OLGReport Hamm 1996, 121, 122).

IV.

Rz. 11

Eine Entscheidung in der Sache ist dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich, da der Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst ist (BayObLG NJW-RR 1987, 1204; NJW-RR 1991, 465; OLG Hamm, FGPrax 2002, 146; OLG Schleswig, FGPrax 2010, 282, 283). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Rz. 12

1. Die von den Antragstellern beantragte Zuschreibung einer Eigentumswohnung als nicht wesentlicher Bestandteil einer anderen ist analog § 890 Abs. 2 BGB zulässig. Die entsprechende Anwendung der für Grundstücke geltenden Vorschrift wird heute allgemein bejaht (BGH, Urt. v. 21.12.2000 - V ZB 45/00, BGHZ 146, 241, 247; BayObLG, DNotZ 1999, 674, 676; KG NJW-RR 1989, 1360; OLG Hamburg, NJW 1965, 1764, 1766; OLG Hamm, FGPrax 2007, 62; OLG Stuttgart, OLGZ 1977, 431, 432; Böttcher, BWNotZ, 1996, 80, 89; Lemke/Schneider, Immobilienrecht, § 6 GBO Rz. 21; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl., § 890 Rz. 2; PWW/Huhn, BGB, 8. Aufl., § 890 Rz. 3; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 7 Rz. 257, 266; Staudinger/Gursky, BGB [2008], § 890 Rz. 20). Daran wird festgehalten.

Rz. 13

2. Die Zuschreibung hat auch in Anbetracht der unterschiedlichen Belastung der Wohnungseigentumsrechte mit zwei Grundpfandrechten nicht nach § 6 GBO zu unterbleiben.

Rz. 14

a) Nach § 6 GBO, der eine formell-rechtliche Voraussetzung für die Zuschreibung begründet (vgl. Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 5 Rz. 28), soll ein Grundstück nur dann einem anderen Grundstück als Bestandteil zugeschrieben werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist. Verwirrung ist zu besorgen, wenn die Eintragung derart unübersichtlich und schwer verständlich wird, dass der gesamte grundbuchliche Rechtszustand des Grundstücks nicht mehr mit der für den Grundbuchverkehr erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar ist und die Gefahr von Streitigkeiten zwischen den Realberechtigten untereinander oder mit Dritten oder von Verwicklungen, namentlich im Falle der Zwangsversteigerung, besteht (BayObLG DNotZ 1994, 242, 243; KG NJW-RR 1989, 1360; OLG Brandenburg, ZfIR 2010, 25; OLG Hamm, FGPrax 2007, 62 jeweils m.w.N.).

Rz. 15

b) Gemessen daran kann der Antrag nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil - wie das Beschwerdegericht unter Bezugnahme auf Morvilius (MittBayNot 2007, 491, 493) meint - ein Eigentümer die Zuschreibung eines Wohnungseigentumsrechts zu einem anderen durch die Entfernung von Trennwänden auch in der Praxis umsetzen könne. Eine Verwirrung kann nicht wegen möglicher baulicher Veränderungen zu besorgen sein, weil diese an den im Grundbuch dokumentierten rechtlichen Verhältnissen nichts ändern. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Eigentümer zweier nebeneinander liegenden Wohnungen diese grundsätzlich zwecks gemeinsamer Nutzung durch einen Wanddurchbruch verbinden darf (vgl. BGH, Beschl. v. 21.9.2000 - V ZB 45/00, BGHZ 146, 241, 248 f.), erweisen sich die auf solche tatsächlichen Veränderungen beziehenden Erwägungen als nicht tragfähig, um einen Antrag auf Zuschreibung wegen Besorgnis einer Verwirrung der im Grundbuch ausgewiesenen Rechte zurückzuweisen.

Rz. 16

c) Streitig ist allerdings, ob die Besorgnis einer Verwirrung nach § 6 GBO begründet ist, wenn - wie hier - die aufgrund einer Zuschreibung nach § 890 Abs. 2 BGB unselbständige Bestandteile einer Einheit gewordenen früheren Grundstücke bzw. Wohnungseigentumsrechte mit verschiedenen Grundpfandrechten belastet sind.

Rz. 17

aa) Nach einer Ansicht ist das zu bejahen. Eine Verwirrung sei stets zu besorgen, wenn nach einer Verbindung gem. § 890 BGB die Teile eines Grundstücks i.S.d. § 3 Abs. 1 GBO nicht einheitlich belastet seien. Dies sei der Fall, wenn die nur auf den früheren Grundstücken bzw. Wohnungseigentumsrechten lastende Grundpfandrechte fortbestehen oder wenn infolge der Verbindung Grundpfandrechte mit verschiedenem Rang an der ganzen Sache und an ihren Bestandteilen entstehen (Hügel/Kral, GBO, 2. Aufl., § 5 Rz. 33 und § 6 Rz. 28.1; Meyer-Stolte, Rpfleger 1980, 191; Morvilius, MittBayNot 2006, 229, 231 und 2007, 492, 494; Röll, Rpfleger 1976, 284, 285; Lemke/Schneider, Immobilienrecht, § 5 GBO Rz. 62 und § 6 Rz. 73, und in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl., § 7 Rz. 259; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 636 und 638a; Stöber, MittBayNot 2001, 281, 283; so auch früher das KG, OLG 18, 196 und das OLG Frankfurt, Rpfleger 1975, 312).

Rz. 18

bb) Nach anderer Auffassung ist das grundsätzlich zu verneinen, weil auch nach der Verbindung nach § 890 BGB aus dem Grundbuch zu ersehen bleibe, auf welchem Teil des nunmehr einheitlichen Grundstücks welches Recht mit welchem Rang laste. Eine Verwirrung im Sinne sei erst dann zu besorgen, wenn nicht nur eine grundbuchrechtliche Verbindung der Grundstücke, sondern auch eine katasterrechtliche Verschmelzung der Flurstücke herbeigeführt werden solle (vgl. OLG Brandenburg, ZfIR 2010, 25, 26; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 608, 609; OLG Frankfurt, DNotZ 1993, 612, 613; OLG Hamm, FGPrax 1998, 44, 45; OLG Schleswig, Rpfleger 1982, 371, 372; Kohler in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 890 Rz. 8; Staudinger/Gursky, BGB [2008], § 90 Rz. 14; Güthe/Triebel, GBO, 5. Aufl., § 5 Rz. 7; Bauer/von Oefele/Waldner, GBO, 3. Aufl., § 6 Rz. 28; Wendt, Rpfleger 1983, 192, 196).

Rz. 19

In entsprechender Anwendung dieser Grundsätze wird bei der Verbindung von Wohnungseigentumsrechten angenommen, dass allein deren Belastung mit verschiedenen Grundpfandrechten nicht die Besorgnis einer Verwirrung i.S.d. §§ 5, 6 GBO begründe (KG NJW-RR 1989, 1360, 1361; OLG Hamm, DNotZ 2007, 225, 227; Armbrüster in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 1 Rz. 101; Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl., § 3 Rz. 9).

Rz. 20

cc) Die letztgenannte Auffassung ist richtig.

Rz. 21

(1) Es ist allerdings einzuräumen, dass mit einer Verbindung unterschiedlich belasteter Grundstücke ein Verlust an Klarheit und Übersichtlichkeit des Grundbuchs bei der Darstellung des Rangs der Grundpfandrechte und der Bestandteile, auf die sich das jeweilige Grundpfandrecht erstreckt, einhergeht (vgl. Stöber, MittBayNot 2001, 281, 283). Ebenso stellt sich die Durchführung der Zwangsversteigerung und die Verteilung des Versteigerungserlöses bei unterschiedlich belasteten Bestandteilen eines Grundstücks oder einer Wohnung erheblich komplizierter als bei einer einheitlichen Belastung dar (zu diesem Aspekt: Morvilius, MittBayNot 2006, 229 f.; Stöber, MittBayNot 2001, 281, 283).

Rz. 22

Diese Schwierigkeiten sind allerdings nicht unüberwindlich. Aus dem Grundbuch ist auch nach einer Verbindung gem. § 890 BGB aufgrund der gem. § 13 Abs. 1 und 2 GBV (bei Grundstücken) und § 3 Abs. 1 Buchstaben b und c, Abs. 3 Satz 2 WGV (bei Wohnungseigentumsrechten) vorzunehmenden Eintragungen zu ersehen, auf welchen Teilen des einheitlichen Grundstücks bzw. Wohnungseigentumsrechts welches Recht mit welchem Rang besteht (KG Rpfleger 1989, 500, 501; OLG Hamm, MittbayNot 2007, 490, 491; OLG Brandenburg, ZfIR 2010, 25, 26). Die Verbindung nach § 890 BGB schließt ebenso wenig das Betreiben einer Zwangsversteigerung aus den zuvor bestellten Grundpfandrechten aus. Die Grundpfandgläubiger können ihre Ansprüche nach § 1147 BGB weiterhin durchsetzen, wenn in dem Verfahren die nunmehr Bestandteile einer Sache darstellenden, früher selbständigen Grundstücke bzw. Wohnungseigentumsrechte wie selbständige Versteigerungsgegenstände behandelt und die für die Versteigerung mehrerer Grundstücke geltenden Vorschriften sinngemäß angewendet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 24.11.2005 - V ZB 23/05, NJW 2006, 1000, 1001 Rz. 22 für einen Fall, in dem die früher selbständigen Grundstücke nicht nur als eine Einheit im Grundbuch gebucht, sondern auch katastermäßig verschmolzen worden waren).

Rz. 23

(2) Ungeachtet des Verlusts an Grundbuchklarheit und der Erschwernisse bei der Zwangsversteigerung bei einer unterschiedlichen grundpfandrechtlichen Belastung der Grundstücksbestandteile darf die Ordnungsvorschrift, in § 6 GBO nicht so ausgelegt werden, dass jede unterschiedliche grundpfandrechtliche Belastung der Bestandteile nach der Zuschreibung eine der Eintragung entgegenstehende Verwirrung zu besorgen lässt. Dem stehen die materiell-rechtlichen Vorschriften in § 890 Abs. 2 BGB, § 1131 BGB sowie der Vorbehalt in Art. 119 Nr. 3 EGBGB entgegen.

Rz. 24

(a) Im Falle der Zuschreibung mit Grundpfandrechten belasteter Grundstücke gem. § 890 Abs. 2 BGB entstehen kraft Gesetzes uneinheitliche und im Rang verschiedene Belastungen an dem rechtlich zu einer Einheit verbundenen Grundstück. Die unterschiedliche Belastung der Bestandteile folgt daraus, dass nach § 1131 Satz 1 BGB zwar die auf dem Hauptgrundstück lastenden Hypotheken sich kraft Gesetzes (vgl. RGZ 69, 79, 82) auf das zugeschriebene Grundstück erstrecken, dies aber nicht für die auf dem zugeschriebenen Grundstück lastenden Grundpfandrechte gilt (vgl. nur Erman/F. Wenzel, BGB, 13. Aufl., § 1131 Rz. 4; jurisPK-BGB/Reischl, 6. Aufl., § 1131 Rz. 7; Eickmann in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1131 Rz. 4 m.w.N.). Die Verschiedenheit im Rang entsteht dadurch, dass nach § 1131 Satz 2 BGB die auf dem zugeschriebenen Grundstück bestehenden Belastungen den nach Satz 1 auf dieses Grundstück erstreckten Hypotheken im Range vorgehen.

Rz. 25

Vor diesem Hintergrund kann die Vorschrift in § 6 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht so ausgelegt werden, dass die unterschiedliche Belastung der nach § 890 Abs. 2 BGB verbundenen Grundstücke stets zu einer Verwirrung führt. Andernfalls würde die Vorschrift des § 1131 BGB weitgehend außer Anwendung gesetzt (vgl. OLG Schleswig, Rpfleger 1982, 371, 372; Böttcher, ZfIR 2010, 6, 9). Eine solche Anwendung des § 6 GBO widerspräche der dienenden Funktion des Grundbuchrechts, das rechtlich zulässige Verfügungen über Grundstücke bzw. Wohnungseigentumsrechte ermöglichen und nicht verhindern soll (BGH, Beschlüsse v. 4.12.2008 - V ZB 74/08, BGHZ 179, 102, 109 Rz. 13; v. 13.12.2012 - V ZB 49/12, NJW-RR 2013, 588, 589 Rz. 8).

Rz. 26

(b) Nach dem Vorbehalt in Art. 119 Nr. 3 EGBGB sind landesgesetzliche Regelungen zulässig, die die nach § 890 BGB möglichen Verbindungen in weiterem Umfang als nach dem Bundesrecht untersagen oder einschränken. Von diesem Vorbehalt haben einige Länder Gebrauch gemacht, indem sie bestimmt haben, dass eine Verbindung unterschiedlich belasteter Grundstücke unzulässig ist (§ 30 Satz 2 AGBGB BW, § 22 Abs. 1 Satz 1 Hess AGBGB, § 19 Abs. 1 Satz 1 AGBGB RP). Der Bundesgesetzgeber hat indessen bei der Änderung der §§ 5, 6 GBO durch Art. 1 Nr. 4, 5 des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes (vom 20.12.1993, BGBl. I, 2185) davon abgesehen, durch Bundesgesetz eine vergleichbare Vorschrift einzuführen (BT-Drucks. 12/5553, 59). Vor diesem Hintergrund ist die Zuschreibung eines Grundstücks zu einem anderen wegen der unterschiedlichen grundpfandrechtlichen Belastungen nicht schon nach § 6 GBO, sondern nur dann grundsätzlich unzulässig, wenn dies durch ein Landesgesetz so angeordnet ist (vgl. OLG Brandenburg, ZfIR 2010, 25, 26). Das ist im Freistaat Bayern, in dem die betroffenen Wohnungen belegen sind, nicht der Fall.

V.

Rz. 27

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da das Verfahren gebühren- und auslagenfrei ist (§ 131 Abs. 3, 7 KostO) und das eine Zwischenverfügung erlassende Grundbuchamt nicht Beteiligter ist. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO. Bei einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung ist maßgebend, welche Schwierigkeiten die Behebung des Eintragungshindernisses macht, das Gegenstand der Zwischenverfügung und damit des Beschwerdeverfahrens ist. (BayObLG Rpfleger 2002, 260). Dieser Wert ist hier mit 1/10 des Werts der zu löschenden oder auf ein anderes Wohnungseigentum zu erstreckenden Grundschuld anzunehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6212031

NJW 2014, 1002

EBE/BGH 2014

FGPrax 2014, 2

NZM 2014, 279

WM 2014, 797

ZMR 2014, 2

ZMR 2014, 297

ZfIR 2014, 60

JZ 2014, 110

MDR 2014, 82

NJ 2014, 3

Rpfleger 2014, 123

ZWE 2014, 79

NotBZ 2014, 97

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