Leitsatz (amtlich)

Ein Gericht darf einen Prozessvergleich nicht eigenmächtig ergänzen, auch wenn die Ergänzung nur die bestehende Rechtslage wiedergibt.

Gegen eine Ergänzung der Kostenregelung ist die Beschwerde zulässig.

 

Normenkette

ZPO § 99 Abs. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 794 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 6 O 669/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Regensburg vom 31.10.2002 aufgehoben.

II. Die gerichtlichen Beschwerdekosten werden niedergeschlagen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat i.Ü. die Streitverkündete zu tragen.

IV. Der Beschwerdewert wird auf 1.101,35 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. In dem zwischen den Parteien vor dem LG Regensburg anhängigen Rechtsstreit ist die Streitverkündete auf Seiten der Klägerin beigetreten. In der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2002 haben die Parteien folgenden Vergleich geschlossen:

1. Die Beklagten zahlen als Gesamtschuldner an die Klägerin 4.500 Euro.

2. Damit sind sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche der Parteien abgegolten.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/10 und die Beklagten 7/10.

Anschließend hat die Streitverkündete, die in den Vergleich nicht einbezogen war, Kostenentscheidung beantragt. Daraufhin hat das LG am 31.10.2002 Folgendes beschlossen:

Ziffer 3 des Vergleichs vom 24.10.2002 wird wie folgt ergänzt:

Die Beklagten tragen ferner 7/10 der Kosten der Streitverkündeten I.M. Im Übrigen trägt sie die Streitverkündete selbst.

Dagegen hat die Beklagte am 13.11.2002 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, das LG habe durch den Beschluss vom 31.10.2002 gegen den Willen der Parteien die Streitverkündete an dem Vergleich beteiligt. Sie beantragt deshalb Aufhebung des Beschlusses.

Die Streitverkündete beantragt die sofortige Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen, da der Beschluss den Vergleich nicht ergänze, sondern nur die Kostentragungspflicht der Beklagten regle.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 99 Abs. 2 analog ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zwar hat das LG keine Kostenentscheidung getroffen, die durch das LG vorgenommene Ergänzung des Vergleichs stellt allerdings faktisch eine Kostenbelastung der Beklagten dar, die damit beschwert ist. Damit muss ihr auch das Beschwerderecht in entspr. Anwendung von § 99 Abs. 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zustehen.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Ein Vergleich ist ein von den Parteien vor Gericht geschlossener Vertrag, den das Gericht nicht durch Beschluss ändern kann (vgl. zur Rechtsnatur des Vergleichs, Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 794 Rz. 3 ff.).

Dahinstehen kann, ob die Streitverkündete Anspruch auf Feststellung der Kostentragungspflicht der Beklagten hat (vgl. hierzu Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 101 Rz. 6 ff.). Eine solche Festsetzung kann jedenfalls nicht durch Änderung eines Vergleichs getroffen werden, an dem die Streitverkündete nicht beteiligt war, ggf. müsste das Gericht einen entspr. Kostenfestsetzungsbeschluss von Amts wegen erlassen (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.7.2002 – 6 U 2188/01).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, § 8 GKG.

Soweit die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht niedergeschlagen worden sind, waren sie der Streitverkündeten aufzuerlegen, da sie sich durch einen Zurückweisungsantrag am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.

III. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 ZPO).

Moezer

RiOLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108441

MDR 2003, 652

OLGR-MBN 2003, 280

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