Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert in Bezug auf einen Streithelfer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gebührenstreitwert in Bezug auf einen Streithelfer ist nach § 3 ZPO nach dessen wirtschaftlichem Interesse zu bestimmen und kann daher von dem Streitwert abweichen, der im Verhältnis der Hauptparteien festzusetzen ist.

Das Interesse ist auf die Abwehr von denjenigen Ansprüchen gerichtet, deretwegen der Streithelfer im Falle des Unterliegens im Hauptprozess einen Rückgriff seitens der von ihm unterstützen Partei erwarten muss.

 

Normenkette

ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 18.11.2005; Aktenzeichen 12 O 11109/94)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Streitwertbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 18.11.2005 dahin gehend abgeändert, dass der Streitwert in Richtung auf den Streithelfer K. auf 81.806,70 EUR festgesetzt wird.

 

Gründe

I. Mit ihrer Klage vom 30.12.1994 hat die damalige Klägerin einen Zahlungsanspruch i.H.v. 6.273.969,03 DM gegen die Beklagte geltend gemacht. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Beklagte u.a. dem Streithelfer W.K. mit Schriftsatz vom 22.9.1997 den Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 29.8.2000 hat dieser den Beitritt auf Beklagtenseite erklärt und beantragt im Folgenden, die Klage abzuweisen. Am 21.3.2005 ist ein Teilurteil ergangen, mit welchem das LG Nürnberg-Fürth die Klage hinsichtlich einer Forderung i.H.v. 2.584.720,70 EUR abgewiesen hat. Mit Schriftsatz vom 27.7.2005 ist die Klage insgesamt zurückgenommen worden. Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 18.11.2005 eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Klagepartei getroffen und den Streitwert auch hinsichtlich der beigetretenen Streithelfer K. und V. auf 3.207.829,43 EUR festgesetzt.

Die Klagepartei wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 5.12.2005 gegen die Festsetzung des Streitwertes in Richtung des Streithelfers K. Sie ist der Auffassung, dass das wirtschaftliche Interesse des Streithelfers auf die Abwehr möglicher Regeressansprüche gegen ihn beschränkt war; ein solcher Regressanspruch wäre allenfalls i.H.v. 50.000 EUR denkbar gewesen.

Der Streithelfer K. trägt vor, dass er in den gesamten Prozess integriert gewesen sei und in vollem Umfang den Klageabweisungsantrag unterstützt habe. Der Streitwert sei daher auch in seine Richtung auf den Gesamtstreitwert festzusetzen, wobei die Schwierigkeit des Festsetzungsverfahrens schon darin erkennbar sei, dass zunächst von einem Rückgriffsanspruch i.H.v. 50.000 bis 200.000 DM die Rede war und im Beschwerdeverfahren nunmehr von 50.000 EUR ausgegangen werde.

II. Die Beschwerde ist zulässig; insb. ist der Beschwerdewert (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG) überschritten; die Frist (§ 68 Abs. 3 S. 3, § 63 Abs. 3 S. 2 GKG) ist eingehalten.

Sie erweist sich auch in der Sache zum überwiegenden Teil als begründet.

Der Streitwert ist nach § 3 ZPO grundsätzlich nach freiem Ermessen festzusetzen, wobei das wirtschaftliche Interesse der jeweiligen Partei am Ausgang des Rechtsstreits maßgeblich ist, also hier des Streithelfers.

1. Die in der Entscheidung des BGH vom 30.10.1959 vertretene Rechtsauffassung, wonach grundsätzlich der Streitwert der Hauptsache für die Streitwertbemessung der Nebenintervention maßgeblich ist (BGHZ 31, 144), wird von der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht mehr vertreten (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rz. 16, "Nebenintervention"; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rz. 108, jeweils m.w.N.; Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 11. Aufl., Rz. 3356 ff.); sie findet nur noch vereinzelt Zustimmung (so OLG München v. 27.3.1997 - 28 U 2631/96, OLGReport München 1997, 179 = NJW-RR 1998, 420; OLG Karlsruhe v. 7.10.2002 - 9 W 38/02, MDR 2003, 357 = OLGReport Karlsruhe 2002, 458).

2. Der Senat folgt der mittlerweile h.M.

a) Das Interesse des Streithelfers kann von demjenigen der Hauptpartei abweichen, ohne dass dies zwingend in der jeweiligen Antragstellung zum Ausdruck kommen muss. Dies gilt insb. beim Beitritt eines Streithelfers auf Beklagtenseite, der eine teilweise Klageabweisung nicht beantragen kann, selbst wenn ihn ein Teil des Streitgegenstandes nicht betrifft. Dadurch wird deutlich, dass der Antrag als solcher kein zwingendes Entscheidungskriterium für die Streitwertfestsetzung nach § 3 ZPO sein kann.

b) Das daneben im Wesentlichen für die Gegenmeinung ins Feld geführte Argument, dass die Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses eines Streithelfers zu tatsächlichen Schwierigkeiten und Abgrenzungsproblemen führen kann, stellt ebenfalls keine überzeugende Begründung dafür dar, von vornherein überhaupt keine entsprechenden Überlegungen anzustellen. Auch schwierige Fragen müssen im Rahmen der gesetzlich gebotenen Möglichkeiten entschieden werden. Der Gesetzgeber geht, wie sich aus § 64 GKG ergibt, sogar davon aus, dass für die Wertschätzung ein Sachverständigengutachten erforderlich sein kann.

c) Das konkrete wirtschaftliche Interesse des Streithelfers ist somit grundsätzlich danach zu bemessen, welche Regressan...

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