Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrens- und Einigungsgebühr im Sorgerechtsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Haben in einem Sorgerechtsverfahren nach § 1671 Abs. 1 BGB ein Elternteil die Übertragung der vollen elterlichen Sorge auf sich allein und der andere Elternteil die Zurückweisung dieses Antrages beantragt, kann eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV-RVG anfallen, wenn aufgrund einer entsprechenden Einigung der ursprüngliche Antrag auf die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes reduziert wird, der andere Elternteil diesem Antrag zustimmt und das Gericht daraufhin dem Antrag nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB stattgibt.

2. Zum Anfall einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG im Sorgerechtsverfahren nach § 1671 BGB.

 

Normenkette

RVG Vergütungsverzeichnis Nr. 1000; RVG Vergütungsverzeichnis Nr. 3100; BGB § 1671

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 09.11.2004; Aktenzeichen 110 F 1577/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Bezirksrevisors beim AG Nürnberg als Vertreter der Staatskasse gegen den Beschluss des AG - FamG - Nürnberg vom 9.11.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Antragstellerin und Antragsgegner sind die - nicht verheirateten - Eltern des am ... geborenen Kindes M.G.

Die elterliche Sorge für das Kind stand aufgrund einer Sorgeerklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB beiden Eltern gemeinsam zu.

Mit Schriftsatz vom 3.5.2004 hat die Antragstellerin Prozesskostenhilfe für den von ihr beabsichtigten Antrag, ihr die elterliche Sorge für die Tochter M.G. allein zu übertragen, gestellt und begründet.

Mit Schriftsatz vom 1.7.2004 hat sich für den Antragsgegner Rechtsanwalt B. angezeigt und um Akteneinsicht gebeten. Mit Schriftsatz vom 2.7.2004 hat er für den Antragsgegner Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen den Sorgerechtsantrag vom 3.5.2004 sowie die Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin auf Übertragung der elterlichen Sorge beantragt und diese Anträge begründet.

In der vom FamG anberaumten Sitzung vom 8.7.2004, in der der Antragsgegner mit Rechtsanwalt B. erschienen war, hat das FamG beiden Eltern Prozesskostenhilfe bewilligt und dabei dem Antragsgegner Rechtsanwalt B. beigeordnet.

Im Protokoll der Sitzung vom 8.7.2004 heißt es hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Sitzung:

"Nach Besprechung der Sach- und Rechtslage reduziert die Antragstellerin ihren Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ihre Tochter M., geb. 2001, und nimmt ihren weiter gehenden Antrag zurück.

Vorgelesen und genehmigt.

Der Antragsgegner erklärt, dass er der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Tochter M. zustimmt."

Danach hat das FamG folgenden Beschluss verkündet:

1. Der Antragstellerin wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind M.G., geb. 2001, übertragen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

Der Antragstellerin war gem. § 1671 BGB mit ausdrücklicher Zustimmung des Antragsgegners das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das in ihrer Obhut befindliche gemeinsame Kind M.G., geb. 2001, zu übertragen. Gründe für eine abweichende Entscheidung sind nicht ersichtlich, zumal auch das Jugendamt mit Bericht vom 11.6.2004 keine Bedenken hiergegen dargelegt hat.

Mit Schriftsatz vom 8.7.2004 hat Rechtsanwalt B. unter Berufung auf § 55 RVG die Festsetzung von Gebühren und Auslagen i.H.v. insgesamt 790,54 Euro beantragt.

Dieser Betrag setzt sich zusammen wie folgt:

1,3 Verfahrensgebühr §§ 2, 49 RVG 04, Nr. 3100 VV 245,70 Euro

(Wert 3.000 Euro)

1,2 Terminsgebühr §§ 2, 49 RVG 04, Nr. 3104 VV 226,80 Euro

(Wert 3.000 Euro)

1,0 Einigungsgebühr §§ 2, 49 RVG 04, Nrn. 1003, 1000 VV 189,00 Euro

(Wert 3.000 Euro)

Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG 04 20,00 Euro

Zwischensumme 681,50 Euro

Umsatzsteuer (MWSt), Nr. 7008 VV-RVG 04 (16 %) 109,04 Euro

Endsumme 790,54 Euro.

Den Anfall einer Einigungsgebühr hat Rechtsanwalt B. damit begründet, dass die Parteien nach Besprechung der Sach- und Rechtslage sich darauf geeinigt hätten, dass die Antragstellerin den Antrag auf Übertragung des Sorgerechts auf die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ermäßigt und der Antragsgegner dem zustimmt.

Mit Beschluss vom 9.9.2004 hat der Rechtspfleger am AG Nürnberg die Rechtsanwalt B. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 461,68 Euro festgesetzt.

Er hat dabei unter Berufung auf RVG-VV 3101 Nr. 3 lediglich eine 0,8 Verfahrensgebühr zugesprochen und die Zubilligung einer Einigungsgebühr abgelehnt.

Gegen diese Entscheidung hat Rechtsanwalt B. mit Schriftsatz vom 16.9.2004 Erinnerung eingelegt mit dem Ziel, ihm die geltend gemachte Verfahrensgebühr in vollem Umfang sowie die geltend gemachte Einigungsgebühr zuzusprechen.

Mit Beschluss vom 9.11.2004 hat der Familienrichter beim AG Nürnberg diesem Begehren entsprochen und den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Nürnberg vom 9.9.2004 dahin abgeändert, dass die Verfahrensgebühr auf 245,70 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer) festgesetzt wird und zusätzlich eine 1,0 E...

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