Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten des Reitsports für ein Kind als unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf

 

Leitsatz (amtlich)

Haben die Eltern vor ihrer Trennung den Reitsport ihres Kindes gefördert sind auch nach der Trennung die hierdurch entstehenden Aufwendungen als Mehrbedarf erstattungsfähig.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603, 1610

 

Verfahrensgang

AG Dessau (Urteil vom 04.07.2006; Aktenzeichen 3 F 274/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Dessau vom 4.7.2006 (Az.: 3 F 274/04) abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 703,50 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 20 % und der Beklagte zu 80 %; die der Berufung trägt die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision ist nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, denn sie form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache ist sie teilweise erfolgreich.

I. Die Parteien streiten um Mehrbedarfsunterhalt. Die mittlerweile volljährige Klägerin ist die Tochter des Beklagten und verlangt von ihm für die Ausübung des Reitsports die Erstattung anteiligen Mehrbedarfs der Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Unterhaltung eines Pferdes und der Ausübung des von ihr betriebenen Reitsportes im Zeitraum von August 2003 bis Mai 2004 angefallen sind.

Das AG hat zunächst mit Teilanerkenntnisurteil vom 8.7.2004 (GA I Bl. 58 d.A.) den laufenden Kindesunterhalt bis einschließlich Mai 2004 auf monatlich 330 EUR festgesetzt. Daneben hat es mit der angefochtenen Endentscheidung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen (GA II Bl. 154 ff. d.A.) verweist, für den streitgegenständlichen Zeitraum von zehn Monaten ein Unterhaltsmehrbedarf der Klägerin i.H.v. insgesamt 1.170 EUR zugesprochen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er wendet sich im Wesentlichen gegen seine anteilige Inanspruchnahme auf Erstattung der Kosten der Ausübung des Reitsportes, da er sie nicht mit zu verantworten habe. Daneben sei der Anteil nicht korrekt ermittelt worden, da die Berücksichtigung von Aufwendungen im Rahmen des ihn zufallenden Wohnvorteils nicht vollständig abgesetzt und zudem Fahrtkosten nicht vollständig berücksichtigt worden seien.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des AG Dessau vom 4.7.2006 - 3 F 274/04, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt demgegenüber, die Berufung zurückzuweisen, und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II. Die Berufung ist teilweise begründet.

Der mittlerweile volljährigen Klägerin steht für die Dauer von 10 Monaten der Monate August 2003 bis einschließlich Mai 2004 insgesamt ein Mehrbedarf von 703,50 EUR gem. §§ 1601, 1603, 1610 BGB zu.

Bei einem beanspruchten Mehrbedarf handelt es sich zunächst um einen ständig bestehenden erhöhten Bedarf, der über den im normalen Unterhalt enthaltenen regelmäßigen Bedarf eines minderjährigen Kindes hinausgeht.

Vorliegend beansprucht die Klägerin die einkommensanteilige Erstattung der Unterbringung und Futterkosten des Pferdes F. von monatlich 200 EUR, der jährlich hierfür anfallenden Hufschmiedkosten von 300 EUR, mit mithin monatlich 25 EUR, die Erstattung der anteiligen Beiträge zum Reitsportverein von monatlich 3,13 EUR und die Fahrtkosten zwischen Wohnort und sportlichem Ausübungsort von monatlich 76,10 EUR.

Für die Frage der teilweisen Erstattungsfähigkeit des Mehrbedarfs ist zunächst davon auszugehen, ob die verursachten Kosten - da das Pferd im Wesentlichen von der Mutter der Klägerin durch Tausch einer vorher von ihr besorgten Kuh erworben wurde - auf einem gemeinsamen Entschluss der Parteien beruht, welcher weiterhin der Ausübung des turnierbezogenen Reitsports dienen sollte. Der Senat geht zunächst davon aus, dass sich die Klägerin im Rahmen ihrer kindlichen Entwicklung - bewusst von beiden Elternteilen gewollt und gefördert - von einer anfänglichen Freizeitreiterin zu einer Turnier- und Sportreiterin entwickelt hat. Im Rahmen dieser sportlichen Entwicklung ist ersichtlich, dass eine permanente Reitbeteiligung bei einem anderen Pferd nicht ausreicht, um diesen Reitsport kontinuierlich durchzuführen, sondern das Vorhalten eines eigenen Pferdes notwendig erscheint, zumal die Klägerin bereits die Turnierstufe L erreicht hat. Daneben ist aber zu berücksichtigen, dass ferner aufgrund des Alters der Klägerin bei Erwerb des Pferdes F., die Mutter der Klägerin mit der Auswahl, der Ausbildung und auch dem teilweisen Beritt des Pferdes F. nach den zuvor benutzten Pferden befasst war. Da die Mutter der Klägerin auch nach güterrechtlicher Auseinandersetzung vom Beklagten bereits ein Nachfolgepferd bzw. ein weiteres zu erziehendes Pferd zu dem bisher von der Klägerin genutzten Pferd F. erworben hat, muss der Senat aufgrund des sowohl reiterlichen als auch erzieherisch einwirkenden Verhaltens der Mutter d...

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