Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestimmungen des § 9 Abs. 2 der Satzung des Kommunalen Schadensausgleichs der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zum Fortbestehen einer Umlageverpflichtung für die während seiner Teilnahme am Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle eingetretenen Schadenfälle nach dem Ausscheiden aus diesem Deckungsschutz sind auch im Lichte der §§ 305 ff. BGB wirksam.

2. Die Regelung des § 9 Abs. 3 dieser Satzung verstößt gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot, weil für das Mitglied, welches aus dem Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle ausscheidet, nicht erkennbar ist, nach welchen Grundsätzen und welcher Berechnungsmethode die Umrechnung der Umlageverpflichtung in eine Einmalzahlung erfolgt, ohne dass es für den KSA unzumutbar oder gar unmöglich wäre, dies hinreichend transparent darzustellen.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 24.08.2010; Aktenzeichen 11 O 1931/09)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 24.8.2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten und der weiter gehenden Anschlussberufung des Klägers teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 520.060,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 10 % jährlich seit dem 7.8.2007 auf 264.284,26 EUR zu zahlen.

Die Beklagte wird außerdem verurteilt, an den Kläger 3.251,67 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision des Klägers wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger ist ein nicht rechtsfähiger Zusammenschluss von kommunalen Gebietskörperschaften zum solidarischen Ausgleich von Aufwendungen seiner Mitglieder für Schadensfälle. Der Ausgleich erfolgt in getrennten Verrechnungsstellen für Haftpflicht-, Kraftfahr- und Unfallschäden. Er stellt für die Kommunen und Landkreise eine Alternative zum Abschluss privater Haftpflichtversicherungsverträge dar.

Die Beklagte ist eine privatwirtschaftliche Trägerin eines Krankenhauses in H.. Dieses Krankenhaus wurde als Kreiskrankenhaus der allgemeinen Versorgung zunächst als

Eigenbetrieb des Landkreises ohne eigene Rechtspersönlichkeit geführt. Im Rahmen einer stufenweisen Privatisierung erfolgte sodann eine formelle Privatisierung zu einer Eigengesellschaft des Landkreises und zuletzt eine materielle Privatisierung durch den Erwerb von 75 % der Geschäftsanteile durch die A. Gruppe. In der Zeit vom 1.1.1992 bis zum 31.12.2005 gewährte der Kläger dem jeweiligen Rechtsträger des Krankenhauses Deckungsschutz.

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger trotz inzwischen beendeter Mitgliedschaft weiter zur Teilnahme am Umlageverfahren für diejenigen Jahre verpflichtet ist, in denen der Deckungsschutz beim Kläger bestand. Gegenstand des Rechtsstreits sind Zahlungsverpflichtungen für die Jahre 2006 und 2007.

Im Einzelnen:

Das S. Krankenhaus H. wurde vom Landkreis H. bis zum 3.4.2003 als Eigenbetrieb geführt. Der Landkreis nahm im Rahmen seiner ohnehin bestehenden Mitgliedschaft beim Kläger ab dem 1.1.1992 bis zum 3.4.2003 Versicherungsschutz auch in der Verrechnungsstelle Heilwesen in Anspruch; dieser Versicherungsschutz bezog sich auf seine Stellung als Rechtsträger des S. Krankenhauses. Mit Wirkung zum 4.4.2003 wurde das S. Krankenhaus vom Landkreis vollständig in die S. Krankenhaus H. gGmbH ausgegliedert. Der Landkreis war deren alleiniger Gesellschafter. Der Ausgliederung lag der Vertrag zu UR Nr. 2100/2002 der Notarin P. in H. vom 19.12.2002 zugrunde. In § 1 Abs. 2 des Ausgliederungsvertrages heißt es:

"Der Landkreis H. überträgt die in der Anlage 2 ausgeführten (Gegenstände) ihres Aktiv- und Passivvermögens, also sämtliche Aktiva und Passiva des kommunalen Eigenbetriebes einschl. der in Anlage 2a aufgeführten exakt bezeichneten Grundstücke (Grundbuchauszüge, Lageplan), jeweils als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten auf die durch Ausgliederung entstehende Gesellschaft und zwar gegen Gewährung eines Geschäftsanteils an der aufnehmenden Gesellschaft. Die Ausgliederung erfolgt in Anwendung der §§ 168 ff., 123 ff. Umwandlungsgesetz."

Die aufnehmende Gesellschaft wurde am 4.4.2003 im Handelsregister eingetragen. Die Eigengesellschaft erklärte unter dem 10.4.2003 ihren Beitritt zum Kläger mit Wirkung ab dem 4.4.2003 (vgl. Anlage B 1, GA Bd. I Bl. 69). Sie erhielt eine eigene, vom Landkreis verschiedene Mitgliedsnummer - Nr ... - und nahm neben dem Deckungsschutz der Verrechnungsstelle Heilwesen zusätzlich auch den Deckungsschutz der Verrechnungsstellen Allgemeine Haftpflicht, Kfz-Haftpflicht, Autokasko und Autoinsassenunfall in Anspruch.

Mit Wirkung zum 3.6...

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