Leitsatz (amtlich)

An die Verkehrssicherungspflicht bei Kinderspielplätzen sind besonders hohe Anforderungen zu stellen. Das verbietet aber nicht bewegliche Teile, wie z.B. eine drehbare Querstange mit der Kinder in verschiedener Weise spielen können. Die Verkehrssicherungspflicht geht auch nicht soweit, dass Erwachsene vor jedem möglichen Schaden bei der Nutzung eines Klettergerüstes eines Spielplatzes geschützt werden müssten.

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Urteil vom 10.12.2012; Aktenzeichen 21 O 129/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.12.2012 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Stendal - Geschäftsnummer: 21 O 129/12 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Dieses Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Die zum Unfallzeitpunkt 33-jährige Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz einschließlich Schmerzensgeldes wegen eines behaupteten Sturzes am 13.3.2011 und dessen behaupteter Folgen, weil die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht für den Kinderspielplatz in B. OT D. verletzt habe: Die Klägerin sei von einer sich unvermittelt nach hinten drehenden runden, metallischen Querstange zwischen zwei Holzbalken eines dort aufgebauten mehrseitigen Klettergerüsts rücklings aus einer Höhe von ca. 1 m auf den Rasenboden gefallen. Auf diese Metallstange habe sie sich gesetzt bzw. zu setzen versucht, weil sie davon ausgegangen sei, dass diese Stange starr zwischen den Pfosten befestigt sei.

Die Beklagte bestreitet den Unfall, dessen Hergang, Ursache und Folgen mit Nichtwissen.

Das erstinstanzliche LG hat die Klage mit Urteil vom 10.12.2012 abgewiesen: Dem allenfalls geringfügigen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten stehe ein weit überwiegendes Mitverschulden der Klägerin entgegen.

Mit ihrer Berufung hält die Klägerin an ihrem Vorbringen fest.

Sie beantragt:

1. Das Urteil des LG Stendal vom 10.12.2012, 21 0 129/12, wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 5.000 EUR, nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.5.2011, zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.025,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.5.2011 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr aus dem Unfall vom 13.3.2011 noch entsteht.

5. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung i.H.v. 718,40 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiter gehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 1.11.2013 Bezug genommen.

II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist die Berufung statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO).

Die danach zulässige Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Berufung ist vielmehr unbegründet, weil das hiermit angefochtene Urteil des Land-gerichts Stendal weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die vom Senat zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Vielmehr hat das LG die Klage mit seinem sorgfältig begründeten Urteil auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens zu Recht abgewiesen.

Deshalb kann zur weiteren Begründung auch dieser Entscheidung ohne weiteres auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden. Lediglich ergänzend sind die nachfolgenden Erwägungen des Senats geboten.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gem. § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG, §§ 253 Abs. 2, 249 BGB gegen die Beklagte wegen Verstoßes gegen Verkehrssicherungspflichten. Allerdings werden von der Rechtsprechung an deren Umfang gerade auf Kinderspielplätzen zu Recht besonders hohe Anforderungen gestellt (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 19.3.2009 - 6 U 157/08 - m.w.N.; so auch von den Parteien zitiert, hier nach juris). Diese grundlegenden Anforderungen verkennt der Senat auch im Streitfall ebenso wenig wie das erstinstanzliche LG. Im Unterschied zu der soeben zitierten obergerichtlichen Entscheidung ist jedoch nicht erkennbar, dass die Beklagte selbst bei unterstellter Richtigkeit der Klagedarlegung eine besondere Gefahrensituation im Streitfall dadurch geschaffen hätte, dass sich die Querstange des Klettergerüsts frei drehen konnte. Derart drehende Stangen können vielmehr nicht anders beurteilt werden als wackelnde Bretter, schwankende Brücken, schaukelnde Wippen, lose Seile und ähnliches mehr, was heutzutage auf Kinderspielplätzen an tatsächlich kindgerechten Bauteilen jeglicher Art - pädagogisch sinnvoll - gera...

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