Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadenersatz

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Urteil vom 12.11.1997; Aktenzeichen 21 O 550/95)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stendal vom 12.11.1997, Geschäftszeichen: 21 O 550/95, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,00 DM nicht.

und beschlossen:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 42.958,76 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten aus §§ 2 Abs. 1 HPflG, 823 Abs. 1 BGB oder gar pVV.

I.

Es kann auf sich beruhen, ob der Beklagte Inhaber der Hausanschlußleitung ist. Die Klägerin trifft ein überwiegendes „Mitverschulden”. Der entstandene Schaden ist in der Hauptsache auf den vorschriftswidrigen Überbau der Hausanschlußleitung durch den Kanal der Heiztrasse der Klägerin zurückzuführen, so daß sich deren Betriebsgefahr derart erhöhte, daß die Betriebsgefahr der Hausanschlußleitung dahinter vollständig zurückzutreten hat.

Gemäß § 4 HPflG ist § 254 BGB auch im Rahmen der Gefährdungshaftung entsprechend anzuwenden, wenn an der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat. Das Vorliegen eines Verschuldens ist für die Anwendung der Grundsätze des § 254 BGB nicht stets erforderlich. § 4 HPflG und damit § 254 BGB gilt entsprechend dann, wenn der Geschädigte seinerseits für den entstandenen Schaden auf der Grundlage des Haftpflichtgesetzes einzustehen hätte. Damit kann auf seiten des Geschädigten eine zu seinen Lasten gehende Betriebsgefahr berücksichtigt werden, wenn er hieraus dem Schädiger, wenn dieser den Schaden erlitten hätte, ersatzpflichtig wäre (BGH NJW 1972, 1415; 1988, 2733, 2734; Filthaut, HPflG, 4. Aufl., § 4, Rn 20 f.). Das ist hier der Fall. Denn die Fernwärmeleitung der Klägerin einschließlich des Heizungsschachtes stellt ebenfalls eine Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 HPflG dar. Anlagen der Wärmeversorgung fallen, soweit sie mit Dampf oder Warmwasser betrieben werden, unter § 2 Abs. 1 HPflG (Filthaut, § 2, Rn. 9). Nach dem von der Klägerin vorgelegten Kostenangebot handelt es sich bei den beschädigten Leitungen gerade um Warmwasser-Heizleitungen.

Der Inhaber einer Anlage haftet auch dann, wenn der Schaden, ohne auf der Wirkung des Wassers zu beruhen, allein durch das Vorhandensein einer solchen Anlage verursacht wird, es sei denn, daß sich die Anlage zur Zeit der Schadensverursachung in ordnungsgemäßem Zustand befand (§ 2 Satz 2 HPflG). Aus dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten geht zweifelsfrei hervor, daß die Fernwärmeleitung im Heizkanal zu einer ungewöhnlich starken Korrosion der Hausanschlußleitung geführt hat und daß normalerweise das Rohr noch nicht hätte korrosionsbedingt undicht werden dürfen. Danach hat die Anlage der Klägerin eine Ursache für den Wasserschaden gesetzt. Sie befand sich unstreitig auch nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand. Denn die Wasserleitung hätte nicht bei der Errichtung des Leitungsschachtes in diesen eingebaut werden dürfen. Ist dies aber erfolgt, entsprach die Fernwärmeleitung durch ihren vorschriftswidrig errichteten Leitungsschacht nicht den anerkannten Regeln der Technik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 HPflG).

Die Klägerin hat allerdings bestritten, daß sie bzw. der HAG Komplexer Wohnungsbau die Wasserleitung überbaut habe. Gerade den Umstand des Vorhandenseins der Wasserleitung vor der Errichtung des Heizkanals gestand die Klägerin (§ 288 Abs. 1 ZPO) jedoch im Verlaufe der mündlichen Verhandlung vom 05.06.1996 zu. Dieses Geständnis konnte sie mit Schriftsatz vom 06.06.1996 nicht mehr widerrufen. Ein Geständnis kann nur dann widerrufen werden, wenn die widerrufende Partei beweist, daß das Geständnis nicht der Wahrheit entspricht und durch einen Irrtum veranlaßt war. Die Klägerin irrte zum Zeitpunkt des Geständnisses nicht. Ein Irrtum ist bei unbewußter Unkenntnis des wirklichen Sachverhalts anzunehmen. Er liegt z.B. nicht vor, wenn der Erklärende sich bewußt war, den Inhalt der Erklärung nicht zu kennen (Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., § 290, Rn 2). Die Klägerin hatte bis dahin den Überbau bestritten, so daß von unbewußter Unkenntnis keine Rede sein kann (vgl. auch § 85 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZPO).

Die Abwägung der Verursachungsanteile der Betriebsgefahren der Hausanschlußleitung und der Heiztrasse führt zur Alleinhaftung der Klägerin. Die Betriebsgefahr der Fernwärmeleitung hat sich überwiegend in Art und Schwere des Schadens niedergeschlagen (Filthaut, § 4, Rn 22 m. w. N.). Die vorschriftswidrige Ausführung der Fernwärmeleitung stellt sich letztlich als die entscheidende Ursache des Wasserschadens dar, da sie die vorzeitige Zerstörung der ordnungsgemäß errichteten Hausanschlußleitung zur Folge hatte. Durch ihren Heizkanal war in den Bestand der bis dahin ordnungsgemäß verleg...

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