Leitsatz (amtlich)

Wenn ein Mieter 9 Faxschreiben vorlegen kann, die sämtlich an die Faxnummer des Vermieters gerichtet sind und er weiter zu allen 9 Schreiben den o.K.-Vermerk auf dem Sendeberecht nachweisen kann, dann genügt ein einfaches Bestreiten des Zugangs nicht. In einem solchen Fall spricht vielmehr ein Anscheinsbeweis für den Zugang, den der Vermieter erschüttern muss. Enthalten die Schreiben Mängelanzeigen und mindert der Mieter über einen Zeitraum von rund 3 Jahren den Mietzins ohne dass der Vermieter dies beanstandet, ist ein Nachzahlungsanspruch verwirkt. Es ist sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment erfüllt.

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 19.09.2007; Aktenzeichen XII ZR 91/06)

LG Magdeburg (Urteil vom 31.03.2003; Aktenzeichen 4 O 1406/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.3.2003 verkündete Urteil des LG Magdeburg (4 O 1406/02) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Revisionsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 8.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Mietzinses für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2000 in Anspruch. Der Mietvertrag bestand zunächst zwischen G.Ur. und der Rechtsvorgängerin der Beklagten. G.Ur. hat das Mietobjekt an eine GbR verkauft. Gesellschafter der GbR waren R.U. und die Eigentümergemeinschaft A.. An der Eigentümergemeinschaft wiederum waren R.U. und eine T. AG beteiligt. Die Klägerin hat später das Eigentum am Mietobjekt erworben. Im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2000 hat die Beklagte in unterschiedlicher Höhe den Mietzins gezahlt (Bl. 60/61). Sie wendet Mängel am Mietobjekt, insbesondere Undichtigkeiten am Dach, ein (z.B. Schreiben vom 22.12.1998 - Bl. 111 I). Mit Schreiben vom 20.10.2000 forderte R.U. die M. zur Zahlung des anteiligen Mietzinses für September und des vollen Mietzinses für Oktober auf (Bl. 193 I) auf. Mit weiterem Schreiben vom 20.12. 2000 forderte R.U. die Zahlung von Rückständen ab dem Jahr 1996 (Bl. 59 I). Dem Schreiben war eine Aufstellung über die erfolgten Zahlungen der Beklagten beigefügt. Mit Anwaltsschreiben vom 20.11.2001 mahnte die Klägerin den rückständigen Mietzins unter Fristsetzung bis zum 10.12.2001 an (Bl. 56 I) und erhob mit Schriftsatz vom 19.4.2002 die vorliegende Klage. Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin und wendet Verwirkung ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 60-69 II).

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass sie als Käuferin des Objekts in den Mietvertrag eingetreten sei und zum anderen aus der Abtretungsvereinbarung. Ansprüche seien aber verwirkt, sowohl das Zeit- als auch das Unstandsmoment seien erfüllt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Der Nachforderungsanspruch sei nicht verwirkt. Es fehle bereits am Zeitmoment. Abzustellen sei nicht auf den Gesamtzeitraum ab Januar 1998 bis zur Zahlungsaufforderung erstmals durch den Zwangsverwalter; vielmehr sei zu berücksichtigen, dass der Mietzinsanspruch monatlich neu entstehe und vorher eine Aufforderung zur Zahlung nicht in Betracht komme. Das Umstandsmoment sei ebenfalls nicht erfüllt, da dafür der reine Zeitablauf nicht ausreiche. Die Klägerin habe zu keiner Zeit zu verstehen gegeben, den restlichen Mietzins nicht mehr geltend machen zu wollen.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 17.6.2003 (Bl. 103-113 II) und des Schriftsatzes vom 20.8.2003 (Bl. 151-157 II).

Hinsichtlich der von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten Anträge wird auf S. 1 und 2 (Bl. 103/104 II) der Berufungsbegründung vom 17.6.2003 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz. Sie rügt weiter die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie sei zur Minderung des Mietzinses wegen vorhandener Mängel berechtigt gewesen. Sie trägt weiter vor, dass dem Ehemann der Klägerin eine Vielzahl von Mängelanzeigen zugesandt worden seien. Auf diese Mängelanzeigen habe man seitens der Klägerin über einen Zeitraum von rund 3 Jahren nicht reagiert. Erst das Schreiben vom 20.12.2000 habe eine Aufforderung zur Zahlung von Rückständen enthalten.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 23.7.2003 (Bl. 137-149 II).

Die Klägerin hat den Zugang von Mängelanzeigen bestritten.

Der Senat hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 4.11.2003 (...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge