Leitsatz (amtlich)

1. Gegen das Policenmodell als solches bestehen keine europarechtlichen Bedenken, weshalb bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. ein Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers nach Ablauf der Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. von vierzehn Tagen ausscheidet.

2. Das Bestreiten des Versicherungsnehmers, Versicherungsbedingungen sowie Verbraucherinformation erhalten zu haben, kann sich trotz der Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 2 VVG a.F. als prozessual unzulässig nach § 138 Abs. 4 ZPO erweisen.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 23.08.2012; Aktenzeichen 11 O 486/12)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 23.8.2012 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg, Az.: 11 O 486/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 23.8.2012 - 11 O 486/12, ist ebenfalls ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte nach erklärtem Widerspruch und Widerruf nebst vorsorglicher Anfechtung eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages auf Zahlung eines Betrages von 8.849,10 EUR unter dem Aspekt der ungerechtfertigten Bereicherung, hilfsweise gestützt auf Schadensersatz wegen eines der Beklagten angeblich zur Last fallenden Beratungsverschuldens in Anspruch.

Am 19.8.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht (Bl. 70, 71 Bd. I d.A.).

Die Beklagte hat den Antrag anschließend angenommen und dem Kläger den Versicherungsschein vom 16.10.2002, der am Ende eine Widerspruchsbelehrung enthält (Bl. 21 Rücks. Bd. I d.A.), zusammen mit weiteren, zwischen den Parteien im Einzelnen umstrittenen Versicherungsunterlagen übersandt.

Auf Wunsch des Klägers wurde mittels eines Nachtrags zum Versicherungsschein vom 4.2.2002 die ursprünglich vereinbarte monatliche Beitragszahlung von 200,- EUR auf 100,- EUR reduziert und fortan eine ursprünglich vereinbarte Beitragsdynamik ausgeschlossen (Bl. 74 - 77 Bd. I d.A.).

Mit Schreiben vom 14.2.2011 (Bl. 23 - 26 Bd. I d.A.) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten "den Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. bzw. den Widerspruch nach § 8 VVG, bzw. den Widerruf nach § 355 BGB, höchstvorsorglich die Anfechtung nach § 119 I BGB, hilfsweise die Kündigung."

Daraufhin bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 16.3.2011 (Bl. 85 Bd. I d.A.) die Kündigung des Versicherungsvertrages und zahlte einen errechneten Rückkaufswert von 7.567,08 EUR an den Kläger aus.

Mit der Klage macht der Kläger nunmehr auf der Grundlage eines seines Erachtens nach § 818 Abs. 1 BGB i.V.m. § 287 ZPO gerechtfertigten Zinssatzes von 7 % jährlich auf die jeweils monatlich erbrachten Prämienzahlungen einen Betrag von insgesamt 8.849,10 EUR geltend, der sich wie folgt zusammensetzt (Bl. 4 Bd. I d.A.):

Rückzahlung aller geleisteten Versicherungsprämien i.H.v. 11.400,- EUR

+ Zinsen jeweils 7 % p.a. (vgl. Anlage K 3, Bl. 25 - 26 d.A.) + 5.016,18 EUR

./. Rückkaufswert -7.567,08 EUR

= Klageforderung 8.849,10 EUR

Daneben begehrt er die Erstattung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.393,97 EUR nebst Zinsen.

Der Kläger hat gemeint und meint nach wie vor, eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung der geleisteten Prämien ergebe sich unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigen Bereicherung. Er sei nämlich weiterhin berechtigt, dem Rentenversicherungsvertrag gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. widersprechen zu können, da die Widerspruchsfrist mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht zu laufen begonnen habe. So sei die im Versicherungsschein enthaltene Widerspruchsbelehrung nicht nur drucktechnisch unzureichend hervorgehoben, sondern zudem auch inhaltlich zu beanstanden, da aus ihr nicht hervorgehe, was mit einem Widersprechen in Textform gemeint sei, die Ausführungen zum Beginn der Widerspruchsfrist unklar wären und keine Erwähnung gefunden habe, dass es sich um Verbraucherinformationen nach § 10a VAG handele. Daneben fehle die Angabe des Widerspruchsadressaten.

Auf die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. könne sich die Beklagte hingegen nicht berufen, da die Vorschrift europarechtswidrig sei und deshalb zu keiner Beschränkung des Widerspruchsrechts führen könne. Zumindest sei das Verfahren mit Blick auf den Vorlagebeschluss des BGH v. 28.3.2012 - IV ZR 76/11, bis zu einer Entscheidung des EuGH hierüber auszusetzen. Ungeachtet dessen sei, so die weitere Argumentation des Klägers, das gesamte dem § 5a VVG a.F. zugrunde liegende Policenmodell europarechtswidrig, weshalb ihm ganz gleich, ob die Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. vorliegen sollten oder nicht, in jedem Fall ein zeitlich unbefristetes Widerspruchsrecht zuzubilligen sei.

Daneben lasse sich sein Klagebegehren allerdings auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen fehlender (nachträgl...

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