Entscheidungsstichwort (Thema)

PV- Park J.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Inbetriebnahme eines Fotovoltaikmoduls nach § 3 Nr. 5 EEG 2009 setzt die technische Betriebsbereitschaft zur Umwandlung von elektrischer Energie aus solarer Strahlungsenergie und das Inbetriebsetzen der Anlage aufgrund einer bewussten Entscheidung für das Auslösen des Stromflusses voraus. Die vorherige Installation eines Wechselrichters zur Herstellung der Einspeisebereitschaft der Anlage ist hierfür nicht erforderlich.

2. Der Nachweis über den Zeitpunkt der Inbetriebnahme zur Bestimmung des Vergütungssatzes nach § 20 Abs. 1 EEG 2009 ist vom Anlagenbetreiber zu führen.

3. Zur Nachweisführung der Inbetriebnahme einer Vielzahl von Fotovoltaikmodulen durch Stringmessungen.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 19.11.2012; Aktenzeichen 7 O 1682/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.11.2012 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landge- richts Halle abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 106.123,72 EUR nebst Zinsen hierauf i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.2.2011 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den im "PV-Park J. " aus 105.452 Modulen erzeugten und in ihr Elektrizitätsnetz eingespeisten Strom während des Förderzeitraums mit 30,10 Cent/Kilowattstunde zu vergüten hat.

3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 1.737,30 EUR netto nebst Zinsen hierauf i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2012 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 44 % und die Beklagte zu 56 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt von der Beklagten weitere Vergütung für den von ihr im "PV-Park J. " erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom für die Zeit vom 30.12.2009 bis zum 31.12.2010 sowie die Feststellung der Höhe der ihr zustehenden gesetzlichen Einspeisevergütung für die Zukunft.

Die Klägerin betreibt in der N. eine ca. 30 Hektar große Fotovoltaik-Freiflächenanlage (künftig: FV-Anlage), den sog. "PV-Park J. ". Die FV-Anlage besteht aus 105.452 aufgeständerten FV-Modulen mit einer Gesamtkapazität von 8.033,33 Kilowatt Peak (kWp), und zwar aus 55.680 Modulen First Solar Serie 2 mit 75 kWp (FS 275) und 49.772 Modulen First Solar Serie 2 mit 77,5 kWp (FS 277). Die Module sind in Blöcken und diese wiederum in Strängen zusammengefasst. Mit den FV-Modulen wird solare Strahlungsenergie in Gleichstrom umgewandelt. Für eine Einspeisung des Stroms in das Verteilernetz der Beklagten bedarf es einer Umwandlung des Gleichstroms in Wechselstrom mittels sog. Wechselrichter und einer Transformation der Spannung in die Mittelspannung.

Bis zum Ende des Jahres 2009 installierte die Klägerin 89.176 Module (40.160 Stk. FS 275 und 49.016 Stk. FS 277) ortsfest. Die restlichen Module sowie die fünfzehn für die Gesamtanlage geplanten Wechselrichter wurden erst im Jahre 2010 installiert.

Hinsichtlich einer Teilmenge von 50.648 Modulen mit einer Teilkapazität von 47,61 % der Gesamtanlage fand im Zeitraum vom 14.12. bis zum 30.12.2009 eine Überprüfung der Funktionstüchtigkeit statt, wobei jeweils Spannungs-, Strom-, Widerstands- und Temperaturmessungen hinsichtlich der zu einem Strang zusammengefassten Module mit einem Digitalen Multimeter TRMS Hexagon 340 A der Fa. Beha-Amprobe erfolgten. Das Gerät ist serienmäßig mit vier Leuchtdioden ausgestattet, die während der Messungen vom Strom durchflossen und zum Leuchten gebracht werden. Über die Messungen wurden Protokolle angefertigt (vgl. Anlage K 5).

Am 30.12.2009 führte die von der Klägerin als Generalunternehmerin mit der Errichtung der Anlage beauftragte Fa. P. AG, vertreten durch ihren Bauleiter O. R., eine Ortsbegehung unter Hinzuziehung des privat beauftragten Sachverständigen G. B. aus Sp. und des Notarassessors T. H., amtlich bestellter Vertreter des Notars D. Br. in C., durch. Dabei wurden stichprobenartig sechsundzwanzig Messungen der elektrischen Stromstärke, der elektrischen Spannung, der Helligkeit und Temperatur von jeweils zwei beliebigen Modulen eines Modulblocks durchgeführt und zu UR Nr. 0029/2010b des vorgenannten Notars vom 11.1.2010 dokumentiert. Mit Schreiben vom 30.12.2009 zeigte die P. AG gegenüber der Beklagten die Montage und Inbetriebnahme von FV-Modulen mit 84,78 % der Gesamtkapazität der Anlage an.

Mitarbeiter der Beklagten stellten am 27.1.2010 bei einer Ortsbegehung fest, dass die Anlage wegen fehlender Wechselrichter, fehlender Leitungsverbindungen zwischen den Modulen und ...

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