Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflassung von Bodenreformland. Bodenreformeigentum

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Zuteilungsfähigkeit des Erben, wenn es sich bei den streitgegenständlichen Grundstücken um Bodenreformland handelt.

 

Normenkette

EGBGB Art. 28 Abs. 1, Art. 233 § 11 Abs. 2-3, § 12 Abs. 3, § 16 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 14.03.1997; Aktenzeichen 8 O 2006/96)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dessau vom 14.03.1997 (Az.: 8 O 2006/96) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 68.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht das klagende Land vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 60.032,40 DM.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 60.032,40 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Auflassung von zwei in der Gemarkung L. gelegenen Grundstücken.

Bei den Grundstücken handelt es sich um Bodenreformland, welches dem Vater des Beklagten, H. Z., am 16.04.1946 zugewiesen worden war. H. Z. ist identisch mit J. E. Z., geboren am 01.03.1898 in Zs., Sachsen A.. Die Eintragung des H. Z. als Bodenreformeigentümer im Grundbuch erfolgte am 08.12.1977. Der gleichzeitig eingetragene Bodenreformsperrvermerk wurde am 07.08.1997 gelöscht.

Der Beklagte ist Staatsbürger der Schweiz, wo er seit 1945 seinen Wohnsitz hat. Sein Vater, H. Z., siedelte im Jahre 1953 in die Schweiz über, wo er bis zu seinem Tode am 09.08.1971 lebte. Er wurde jedenfalls auch von seiner Ehefrau, E. Z., die am 29.01.1989 in der Schweiz verstarb, beerbt. Der Beklagte ist alleiniger Erbe nach E. Z..

Mit notariellem Vertrag vom 16.10.1995 verkaufte der Beklagte den streitgegenständlichen Grundbesitz an die A. e.G. zu einem Preis von 60.032,40 DM.

Am 29.12.1995 erhielt das Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung W. von dem Grundbuchamt Z. gem. Art. 233 § 13 Abs. 1 EGBGB eine Mitteilung über die Veräußerung der streitgegenständlichen Grundstücke. Mit Schreiben vom 10.01.1996 widersprach die vorbezeichnete Behörde als Vertreterin des Landes Sachsen-Anhalt (künftig: der Kläger) der Durchführung des Kaufvertrages und beantragte zugleich die Eintragung einer Vormerkung zugunsten des Landes Sachsen-Anhalt. Die beantragte Vormerkung wurde am 12.06.1996 im Rang vor einer Eigentumsübertragungsvormerkung zugunsten der Grundstückserwerberin eingetragen.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ihm stehe der Auflassungsanspruch zu, weil der Beklagte nicht zuteilungsfähig und deshalb nicht besser berechtigt im Sinne des Art. 233 § 12 Abs. 2 EGBGB sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die im Grundbuch von L., Blatt 432, eingetragenen Grundstücke der Gemarkung L., Flur 9, Flurstück 36, mit einer Größe von 13.414 m² und Flur 11, Flurstück 11, mit einer Größe von 86.640 m², an das Land Sachsen-Anhalt aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen, hilfsweise Zug um Zug gegen Übernahme der Verbindlichkeiten gem. Art. 233 § 15 EGBGB.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich die Prozeßführungsbefugnis des Amtes für Landwirtschafts- und Flurneuordnung in Abrede gestellt. Er hat behauptet, sein Vater sei bereits am 16.04.1946, zum Zeitpunkt der Zuweisung der Bodenreformgrundstücke, Schweizer Staatsbürger gewesen, und die Ansicht vertreten, daß er seinen Vater uneingeschränkt EGBGB beerbt habe. Auf die Zuteilungsfähigkeit im Sinne des Art. 233 § 11 EGBGB komme es daher nicht an, da diese auf ihn als Schweizer Staatsbürger keinen Einfluß habe. Durch die Löschung des Bodenreformsperrvermerkes im Jahre 1995 habe er unbeschränktes Eigentum erlangt und der Kläger auf jegliche Ansprüche hinsichtlich der Grundstücke verzichtet. Hilfsweise hat sich der Beklagte auf die Ersitzung der streitbefangenen Grundstücke berufen.

Das Landgericht Dessau hat der Klage mit Urteil vom 14.03.1997 in vollem Umfange stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der in diesem Rechtsstreit in zulässiger Weise vom Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung vertretene Kläger habe einen Anspruch auf Auflassung und Bewilligung der Eintragung der Grundstücke im Grundbuch gem. Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB. Der Beklagte sei demgegenüber nicht besser berechtigt, da er nicht zuteilungsfähig im Sinne des Art. 233 § 12 Abs. 1 und 2 EGBGB sei. Zwar habe der Beklagte seinen Vater nach dem Schweizer Recht beerbt, die streitgegenständlichen Grundstücke befänden sich jedoch nunmehr auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland; insoweit sei dem Belegenheitsstatut der Vorrang vor dem Erbstatut einzuräumen.

Gegen dieses Urteil, das seinem Prozeßbevollmächtigten am 17.04.1997 zugestellt wurde, hat der Beklagte mit einem am 15.05.1997 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbe...

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