Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflassung von Bodenreformland

 

Leitsatz (amtlich)

Die Pflicht zur unentgeltlichen Auflassung von Bodenreformland trifft die Erben von Bucheigentümern, die bis zum Inkrafttreten des zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14.7.1992 kein Recht an dem oder auf das Grundstück hatten, denen es vielmehr erst durch Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB gesetzlich zugewiesen wurde.

 

Normenkette

EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 08.09.1997; Aktenzeichen 5 O 151/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. September 1997 verkündete

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Auflassung und Eintragung folgender Grundstücke im Grundbuch zu bewilligen:

  1. Grundstück im Grundbuch von L., Blatt 715,

    Flur 10, Flurstück 3/22, (67.432 qm),

  2. Grundstück im Grundbuch von L., Blatt 715,

    Flur 2, Flurstück 207/2, (1.009 qm),

  3. Grundstück im Grundbuch von W., Band 12,

    Blatt 402, Flur 16, Flurstück 79/13, (3.050 qm).

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000,– DM abzuwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Wert der Beschwer des Klägers und Streitwert: 85.789,20 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, dem klagenden Land (im folgenden: Kläger) ein Grundstück aufzulassen.

Der Grundbesitz war aufgrund der Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Sachsen vom 03.09.1945 dem Vater der Beklagten, dem Neubauern W. M., aus dem Bodenfonds zugeteilt und übertragen worden. Nach seinem Tod im Jahre 1988 wurde er von der Beklagten als Alleinerbin beerbt.

Die Beklagte trat im Jahre 1977 in die LPG (P) P. ein. Am 19.09.1989 wurde sie von der LPG zur Schuhfabrik „X.” delegiert, wo sie bis zu ihrer Pensionierung am 30.06.1991 eine Wachtätigkeit verrichtete.

Im Zuge dieser beruflichen Veränderung prüfte der Rat des Kreises, Abteilung Land- und Nahrungsgüterwirtschaft/Bodenrecht, inwieweit die Bodenreformgrundstücke auf die Beklagte übertragen oder in den Bodenfonds zurückgeführt werden sollten. Mit Verfügung vom 20.11.1989 entschied er, das Hausgrundstück L., Flur 10, Flurstück 3/15, auf die Beklagte zu übertragen. Gleichzeitig sowie mit weiterer Verfügung vom 01.12.1989 sollten die noch zum Grundstück gehörenden Ackerflächen in den staatlichen Bodenfonds zurückgeführt werden.

Der Kläger begehrt die Nachzeichnung dieser Entscheidung.

Die Beklagte ist seit dem 13.01.1993 als Eigentümerin der im Grundbuch von L. Blatt 715, Flur 10, Flurstück 3/22, Blatt 715, Flur 2, Flurstück 207/2 und im Grundbuch von W., Band 12, Blatt 402, Flur 16, Flurstück 79/13, verzeichneten Grundstücke eingetragen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei ihm gegenüber nicht vorrangig berechtigt, da sie am 15.03.1990 nicht mehr in der Land-, Forst-, oder Nahrungswirtschaft tätig gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn unentgeltlich die Auflassung und Eintragung im Grundbuch folgender Grundstücke zu bewilligen:

  1. Grundstück im Grundbuch von L., Blatt 715,

    Flur 10, Flurstück 3/22, (67.432 qm),

  2. Grundstück im Grundbuch von L., Blatt 715,

    Flur 2, Flurstück 207/2, (1.009 qm),

  3. Grundstück im Grundbuch von W., Band 12,

    Blatt 402, Flur 16, Flurstück 79/13, (3.050 qm).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe im Jahre 1989 an einer Venenentzündung gelitten. Da sie ihre bisherige Tätigkeit in dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr habe ausüben und ihr die LPG auch keinen Schonarbeitsplatz habe zur Verfügung stellen können, sei sie im Juli 1989 zum VEB „X.” delegiert worden.

Sie hat die Ansicht vertreten, gegenüber dem Kläger die nach Artikel 233 § 12 Absatz 3 EGBGB besser Berechtigte zu sein, weil sie durch ihre Delegation zum VEB „X.” ihre als Mitglied der LPG P. erworbene Rechtsstellung nicht verloren habe.

Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle hat die Klage abgewiesen und dies im wesentlichen damit begründet, daß die Rechte und Pflichten der Beklagten durch die Delegation unberührt geblieben sein.

Gegen dieses ihm am 08.10.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.11.1997 – Montag – Berufung eingelegt und diese am 09.12.1997 begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er meint zum Stichtag, dem 15.03.1990, habe die Klägerin in keinem Arbeitsverhältnis zur LPG P. gestanden.

Der Kläger beantragt,

  1. das am 08.09.1997 verkündete Urteil des Landgerichts Halle, Geschäfts-Nr. O 151/97, abzuändern,
  2. Die Beklagte und Berufungsklägerin zu verurteilen, gemäß Antrag I. Instanz unentgeltlich an ihn Auflassung und Eintragung im Grundbuch folgender Grundstücke zu bewilligen:

    1. Grundstück im Grundbuch von L., Blatt 715,

      Flur 10, Flurstück 3/22, (67.432 qm),

    2. Grundstück im Grundbuch von L., Blatt 715,

      Flur 2, Flurstück 207/2, (1.009 qm),

    3. Grundstück im Grundbuch von W., Band 12,

      Blatt 402, Flur 16, Flurstück 79/13, (3.050 q...

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