Leitsatz (amtlich)

Auch bei einem Preisnachlass-, Gutschein- oder sonstigen Rabattsystem von Apotheken ist § 4 Nr. 4 UWG zu beachten. Die Apotheke hat die Bedingungen der Inanspruchnahme klar und unmissverständlich herauszustellen. Bei der Frage, ob die Bagatellschwelle gem. § 3 UWG überschritten ist, kommt es nicht allein auf die Höhe des einzelnen Nachlasses, sondern auf die Gefahr für eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs an.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 19.01.2006; Aktenzeichen 12 O 34/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.1.2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des LG Halle unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, verurteilt, es zu unterlassen, im Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen des Apothekenbetriebes gegenüber Letztverbrauchern mit einem Gutschein über 0,50 EUR pro Einkauf ab 10 EUR, wie auf der nachfolgend abgebildeten Zuckertüte zu werben und verurteilt, an den Kläger 189 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.1.2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 15.189 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen ein von der Beklagten praktiziertes Gutscheinsystem.

Die Beklagte ist Inhaberin einer Apotheke. Sie verteilte in dem Krankenhaus Z. Gutscheine, die auf Kaffeezuckertütchen gedruckt waren. Diese Gutscheine beliefen sich auf einen Betrag von 0,50 EUR und sollten nach dem Wortlaut bei einem Einkauf ab einem Betrag von 10 EUR gelten, also in der Apotheke der Beklagten eingelöst werden können.

Der Kläger zeigte der Beklagten mit Schreiben vom 5.8.2004 an, dass er diese Art der Werbung für wettbewerbswidrig halte und forderte diese auf, bis zum 12.8.2004 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, neben dem Unterlassungsanspruch könne er gegen die Beklagte auch die Abmahnkosten i.H.v. 189 EUR geltend machen.

Die Gutscheinaktion verstoße gegen § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) i.V.m. mit der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), weil Preisnachlässe auf rezeptpflichtige Medikamente unzulässig seien. Ferner sei die Werbung gem. § 4 Nr. 4 UWG unlauter, falls die Gutscheine beim Kauf rezeptpflichtiger Arzneimittel nicht eingelöst werden könnten. Wegen der dann anzunehmenden Irreführung liege jedenfalls eine irreführende Werbung gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG vor.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu verurteilen, es zu unterlassen, im Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen des Apothekenbetriebes gegenüber Letztverbrauchern mit einem Gutschein über 0,50 EUR pro Einkauf ab 10 EUR, wie auf der nachfolgend abgebildeten Zuckertüte zu werben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 189 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.8.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, bei der angegriffenen Werbung handele es sich um eine zulässige Form der Imagewerbung. Sie hat behauptet, die Gutscheine habe sie nur beim Kauf rezeptfreier Artikel akzeptiert.

Die 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des LG Halle hat die Klage mit dem am 19.1.2006 verkündeten Urteil abgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Werbung verstoße nicht gegen § 78 AMG i.V.m. der AMPreisV, da keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Gutscheine beim Verkauf rezeptpflichtiger Medikamente eingelöst werden würden.

Auch liege kein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG vor, da es sich bei der Werbung der Beklagten nicht um eine produktbezogene Werbung handele.

Ferner scheide auch ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 4 UWG aus. Obwohl der auf der Zuckertüte abgebildete Gutschein keine Informationen darüber aufweise, auf welche Waren bzw. Warengruppen sich der Preisnachlass von 0,50 EUR beziehe, sei eine wettbewerbsrechtlich anstößige Werbung zu verneinen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Kunde bei bloßen Ankündigungen noch keine umfassende Information erwarte.

Auch gem. §§ 3, 5 Abs. 2 S. 2 UWG komme ein Unterlassungsanspruch nicht in Betracht, da die Pflicht zur Aufklärung nur in den Fällen bestehe, in denen Verbraucher bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der zur Beeinflussung des Kaufentschlu...

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