Leitsatz (amtlich)

Eine Internetapotheke, die für jedes Rezept einen Gutschein im Wert von 5 EUR auslobt, der beim Einkauf rezeptfreier Artikel eingelöst werden kann, und für die Erstbestellung einen Gutschein über 2 × 5 EUR auslobt, verstößt nicht gegen das Heilmittelwerbegesetz und auch nicht gegen arzneimittelrechtliche Preisbestimmungen.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 31.03.2005; Aktenzeichen 9 O 33/05)

 

Tenor

Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 31.3.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Halle wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Verfügungskläger zu tragen.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Verfügungskläger begehrt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einen 5 EUR Einkaufsgutschein bei der Einlösung eines Rezeptes für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel auszuloben.

Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, der sich satzungsmäßig zur Aufgabe gemacht hat, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und den lauteren Geschäftsverkehr zu fördern.

Die Verfügungsbeklagte betreibt seit Anfang des Jahres 2005 im Internet unter dem Domain-Namen ... einen Apothekenversandhandel, in dem sie über das Internet

Arzneimittel und apothekenübliche Waren vertreibt. Auf ihrer Internetseite lobt die Verfügungsbeklagte unter der Rubrik "Kennenlernen lohnt sich" Gutscheine zu jeweils 5 EUR aus. Auf der Startseite ihrer Homepage wirbt die Verfügungsbeklagte unter der Rubrik "Kennenlernen lohnt sich" für ihren Versandhandel mit einem Gutscheinssystem wie folgt:

"Ein Dankeschön für meine 1. Bestellung

Ihr Testvorteil

2 × 5 EUR

Einkaufsgutschein

So bedanken wir uns für Ihren ersten Einkauf oder die Einlösung Ihres ersten Rezeptes."

Klickt der Internetnutzer auf den Textbaustein "mehr" erscheint ein weiteres Fenster mit folgendem Textteil:

"Meine Vorteile bei R.

preiswert, bequem und sicher:

  • 5 EUR Einkaufs- Gutschein für jedes Rezept!
  • 5 EUR Einkaufs- Gutschein für Bestellungen rezeptfreier Artikel im Wert von über 50 EUR!
  • Ein 5 EUR Einkaufs- Gutschein als zusätzliches Dankeschön für Ihre 1. Bestellung!

Klickt der Internetnutzer erneut auf den Link "mehr", gelangt er auf eine weitere Seite der Homepage der Verfügungsbeklagten mit - auszugsweise - folgendem Inhalt:

"5 EUR - Einkaufs-Gutschein für jedes Rezept!

So bedanken wir uns für Ihr Vertrauen. Jedes Mal neu. Der Gutschein hat eine Gültigkeit von 6 Monaten und kann beim Einkauf rezeptfreier Artikel eingelöst werden. Schriftlich, per Telefon oder im Internet."

Weitere Informationen zu der Gutschein Aktion der Verfügungsbeklagten erhält der Internetnutzer unter dem Link "Häufige Fragen" in der Rubrik "Service".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Internetauftrittes der Verfügungsbeklagten wird auf die Internetseiten vom 20.1.2005 - Anlagen AS 1 bis 3 - Bd. I Bl. 30 bis 32 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 5.1.2005 beanstandete der Verfügungskläger das von der Beklagten entwickelte Gutscheinsystem und mahnte die Verfügungsbeklagte im Hinblick auf die Werbung mit Gutscheinen ab.

Die Verfügungsbeklagte lehnte mit Telefaxschreiben vom 19.1.2005 die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.

Der Verfügungskläger ist der Ansicht gewesen, das von der Verfügungsbeklagte auf deren Internetseite beworbene Gutscheinsystem sei wettbewerbswidrig.

Mit der Auslobung der 5 EUR-Gutscheine verstoße die Verfügungsbeklagte zum einen gegen das Heilmittelwerbegesetz, nämlich gegen § 7 Abs. 1 HWG, denn bei der Ankündigung und Gewährung des 5 EUR-Gutscheins handele es sich um eine verbotene Werbegabe. Der wettbewerbsrechtlich relevante Schutzzweck des § 7 HWG, nämlich durch die Eindämmung der Wertreklame im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, die von einer Wertwerbung ausgehen könne, werde durch die Werbung der Verfügungsbeklagten tangiert. Durch die Werbung der Verfügungs-beklagte werde der Verbraucher nämlich zu einem unnötigen und unüberlegten Einkauf von Medikamenten bewogen, da es bei dem Rabattsystem der Verfügungsbeklagten dem Verbraucher um so reizvoller und günstiger erscheine, je mehr Rezepte er einlöse. Soweit die Verfügungsbeklagte im Zusammenhang mit rezeptpflichtigen Medikamenten Gutscheine vergebe, unterlaufe sie darüber hinaus die Preisbindung aus § 78 AMG i.V.m. der AMPreisV. Mittels des Gutscheinssystems werde dem Kunden ein indirekter Preisrabatt gewährt, denn der Kunde erhalte bei der Einlösung eines Rezeptes mehr für sein Geld als ohne die Geldgutscheine. Durch die Zuwendung des geldwerten Vorteils erscheine dem Kunden das verschreibungspflichtige Medikament daher i.E. billiger als der Fest-preis. Hierdurch eröffne die Verfügungsbeklagte einen Preiswettbewerb für rezeptpflichtige Medikamente, der aber nach § 78 AM...

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