Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Umwandlungsbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einem Betriebsrat fehlt in einem Verfahren auf Feststellung der Nichtigkeit eines Umwandlungsbeschlusses nach dem Umwandlungsgesetz bereits die Parteifähigkeit, weshalb seine derartige Klage als unzulässig abzuweisen ist.

2. Die Tatsache, daß sich eine Gesellschaft in Abwicklung befindet, steht der Rechtswirksamkeit eines Umwandlungsbeschlusses nicht entgegen. Anderes könnte nur gelten, wenn die Gesellschaft mit der Verteilung ihres Vermögens bereits begonnen hätte und dann eine Fortsetzung in der bisherigen Rechtsform nicht mehr beschlossen werden könnte.

3. Der Wegfall der Mitbestimmung durch Entsendung eines Arbeitnehmervertreters in den Aufsichtsrat dadurch, daß bei der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine GmbH/ letztere keinen Aufsichtsrat benötigt, macht die Ausübung des Umwandlungsrechtes nicht rechtsmißbräuchlich.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 06.09.1996; Aktenzeichen 5 O 98/95)

 

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das am 06.09.1996 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dessau (Kammer für Handelssachen) – Aktenzeichen: 5 O 98/96 – werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Klage der Kläger zu 1) als unzulässig abgewiesen wird.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1 Mio. DM festgesetzt. Dies ist auch die Beschwer der Kläger zu 1) und des Klägers zu 2).

 

Tatbestand

Kläger zu 1) sind die Mitglieder des Betriebsrates der Wolfener Vermögensverwaltung AG in Liquidation, Kläger zu 2) ist das Aufsichtsratmitglied der Wolfener Vermögensverwaltung AG in Liquidation K.

Die Kläger verfolgen mit ihrer gegen die Wolfener Vermögensverwaltung AG in Liquidation gerichteten Klage die Feststellung der Nichtigkeit eines Umwandlungsbeschlusses der Beklagten.

Die Beklagte ist eine in Abwicklung befindliche im Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft, vertreten durch die Abwickler Dr. K. und Dr. D.

Sie beschäftigt nur noch weniger als 100 Arbeitnehmer, die ausschließlich mit Verwaltungs- und Abrechnungsaufgaben betraut sind. Produziert wird von der Beklagten nicht mehr. Liegenschaften sind entweder auf andere Gesellschaften übertragen worden oder sollen noch übertragen werden.

Die Beklagte leitete dem Betriebsrat am 07. Februar 1996 den Entwurf eines Umwandlungsbeschlusses zu (Bl. 29–32 von Bd. I der Akte). Dieser wurde am 04.04.1996 zur Urkunden-Nummer 24960/96 des Notars H. notariell beurkundet (Bl. 76–80 von Bd. I der Akte). Darin heißt es unter anderem: „… die Aktiengesellschaft wird durch Formwechsel in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der hiermit ebenfalls beschlossenen und festgestellten Satzung umgewandelt. Die neue Gesellschaft unterliegt nicht der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Die Satzung der neuen Gesellschaft sieht des weiteren die Bildung eines fakultativen Aufsichtsrates nicht vor. Bei der neuen Gesellschaft wird deshalb ein Aufsichtsrat nicht gebildet und zusammengesetzt. Das Mandat des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft endet mit der Eintragung des Formwechsels im Handelsregister.”.

Die Kläger zu 1) halten sich zur Anfechtung dieses Beschlusses und zur Klage für befugt, weil durch den Umwandlungsbeschluß die Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz entfalle.

Der Kläger zu 2) berühmt sich als Aufsichtsratmitglied seiner Klagebefugnis. Ein Feststellungsinteresse bestehe, weil die Umwandlung die Rechte der Kläger und damit auch der von ihnen repräsentierten Arbeitnehmer beeinträchtige, bzw. beseitige.

Die Kläger haben vorgetragen, der Umwandlungsbeschluß sei aus mehreren Gründen unwirksam:

Die Umwandlung sei allein darauf gerichtet, den Aufsichtsrat zu beseitigen und sich der Mitbestimmung zu entziehen. Im übrigen fehlten sachliche Gründe für eine Umwandlung. Es liege eine mißbräuchliche Ausübung des Gestaltungsrechtes vor. Darüber hinaus sei der Beschluß auch aus formalen Gründen nichtig. Die Hauptversammlung sei mangels wirksamer Abwicklerbestellung nicht ordnungsgemäß einberufen worden. Schließlich habe der am 04.04.1996 notariell beurkundete Beschluß mit dem den Klägern zu 1) zugeleiteten Entwurf nicht übereingestimmt. Der abweichende Beschlußentwurf aber sei dem Betriebsrat nicht zugeleitet worden.

Die Kläger haben in erster Instanz beantragt,

festzustellen daß der Umwandlungsbeschluß der Beklagten in die Wolfener Vermögensverwaltung GmbH i. L. nichtig ist, hilfsweise, daß ein Umwandlungsbeschluß entsprechend dem dem Betriebsrat am 07.02.1996 gem. § 194 Abs. 2 UnwG. zugeleiteten Entwurf nichtig sein wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Sie hat ihre Passivlegitimation in Frage gestellt.

Sie hat weiter vorgetragen,...

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