Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 05.02.1971; Aktenzeichen 3 O 107/71)

 

Tenor

Die Berufungen des Klägers zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 3, vom 5. Februar 1971 und des Klägers zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Ferien-Zivilkammer D, vom 1. Oktober 1971 werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Berufungen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten. Der Kläger zu 1) begehrt die Feststellung, daß der Beschluß der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 9. Juli 1970, durch den der Dipl.-Kaufmann H.-J. S. in den Aufsichtsrat der Beklagten gewählt worden ist, nichtig ist. Hilfsweise ficht der Kläger diesen Beschluß an Bin entsprechendes Verlangen hat der Kläger zu 2) hinsichtlich des Beschlusses der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 9. Juli 1971, durch den der Schriftführer des Betriebsrats der Beklagten, E.-H. S. in ihren Aufsichtsrat gewählt wurde.

Über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Beklagten bestimmt § 10 ihrer Satzung:

„Der Aufsichtsrat besteht aus 21 Mitgliedern. Die Freie und Hansestadt Hamburg als Inhaberin von nom. 1 Million DM gebundener Namensaktien hat das Recht, bis zu 4 Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Weitere 7 Mitglieder werden nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes von der Belegschaft und die übrigen an der Zahl 21 fehlenden Mitglieder von der Hauptversammlung gewählt.”

Die Freie und Hansestadt Hamburg besitzt 75,08 % des Grundkapitals und ist Inhaberin von nom. 1 Million DM gebundener Namensaktien.

In der Hauptversammlung vom 9. Juli 1970 waren 3 frei gewordene Aufsichtsratsstellen durch Wahl neu zu besetzen. In einer vorangegangenen Sitzung des Finanzausschusses des Aufsichtsrats der Beklagten vom 5. Mai 1970 wurden unter Punkt 3 der Tagesordnung auch die Wahlen zum Aufsichtsrat erörtert. Das Protokoll dieser Sitzung hat insoweit folgenden Inhalt:

„W. erklärt, daß B., D. und M.-B. gewünscht haben, am Ende der diesjährigen Hauptversammlung aus dem Aufsichtsrat auszuscheiden. Es werde vorgeschlagen, anstelle von B. H. G. (A.) und A. R. E. (…) anstelle von M.-B. zu wählen. Für die Ersatzwahl von Darge bittet er um einen Vorschlag der Arbeitnehmer Vertreter. Sch. sagt diesen bis zur bevorstehenden Aufsichtsratssitzung zu. Es wird sodann folgender Beschluß gefaßt: „Der Finanzausschuß empfiehlt dem Aufsichtsrat, der Hauptversammlung vorzuschlagen, anstelle der ausscheidenden Herren B., D. und M.-B. die Herren Dr. G. und R. sowie einen noch von der Arbeitnehmerseite des Aufsichtsrates zu benennenden Herrn zu wählen.””

Der Aufsichtsrat hat in seiner Sitzung vom 8. Mai 1970 den gleichen Gegenstand beraten. Das Protokoll des Aufsichtsrats hat zu dem Punkt 3 c) „Wahlen zum Aufsichtsrat” folgenden Inhalt:

„Herr B. erklärt, daß die Herren B. D. und M.-B. den Wunsch geäußert haben, mit Beendigung der nächsten Hauptversammlung aus dem Aufsichtsrat auszuscheiden. Der Finanzausschuß empfehle, für Herrn Dr. B. Herrn Dr. G. (AEG) und für Herrn M.-B. Herrn R. (…) in den Aufsichtsrat zu wählen. Für den ausscheidenden Herrn Dr. D. schlägt Herr P. Herrn Dipl.-Kfm. S. vor. Der Aufsichtsrat faßt sodann folgenden Beschluß: „Der Aufsichtsrat schlagt der Hauptversammlung vor, die Herren Dr. H. G., A. R. und H.-J. S. bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das Geschäftsjahr 1972 beschließt, in den Aufsichtsrat zu wählen.””

In der Hauptversammlung vom 9. Juli 1970 schlug der Vorsitzende des Aufsichtsrats dementsprechend den stellvertretenden Leiter der Revisionsabteilung der Beklagten, den Dipl.-Kaufmann H.-J. S., zur Wahl vor. Nachdem der jetzige Prozeßbevollmächtigte des Kläger zu 1) in seiner Eigenschaft als Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. gegen die Nominierung S. Bedenken erhoben hatte, führte der Vorsitzende des Aufsichtsrats aus, die gesellschaftspolitischen Gesichtspunkte, die von den politischen Parteien vertreten würden, unterschieden sich zwar von den Interessen der Aktionäre; der Mehrheitsaktionär werde indessen die Nominierung S. unterstützen. Bei S. es sich um einen mit langjähriger Betriebserfahrung ausgestatteten Mitarbeiter des Unternehmens, der zur Verbesserung der Arbeitsproduktivität und des Betriebsklimas sowie zugleich zu einer von allen politischen Parteien befürworteten Förderung der Mitbestimmung beitragen könne.

Bei einer Anwesenheit von nom. DM 289.247.000,– Stammaktien entsprechend 2.892.473 Stimmen und DM 1.000.000,– Vorzugsaktien entsprechend 400.000 Stimmen wurde S. sodann gegen 9.250 Stimmen bei 349.641 Stimmenthaltungen zum Mitglied des Aufsichtsrats gewählt.

Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärte für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. und die von ihm vertretenen Aktionäre Protest gegen die Wahl S. zu Protokoll; dem Protest schloß sich der Kläger zu 1) an.

In der Hauptversammlung vom 9. Juli 1971 sollte zu Punkt 7 der Tagesordnung – Ergänzungswahl...

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