Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Zweipersonengesellschaft, die auf die persönliche Zusammenarbeit der Gesellschafter angelegt und angewiesen ist, kommt eine Auflösung der Gesellschaft durch Urteil auch in Betracht, wenn festgestellt werden kann, dass Zerwürfnisse zwischen den Gesellschaftern eine gedeihliche Zusammenarbeit unmöglich machen.

2. Die Auflösungsklage kann nur dann Erfolg haben, wenn der Gegner der Klage nicht darlegen und erforderlichenfalls beweisen kann, dass den Belangen des Auflösungsklägers in einer für ihn zumutbaren Weise durch eine für die anderen Gesellschafter weniger einschneidende Maßnahme Rechnung getragen werden kann (hier: abgelehnt für die Inanspruchnahme eines gesellschaftsvertraglichen Kündigungsrechts).

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 17.06.2011; Aktenzeichen 7 O 927/10)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.6.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Halle abgeändert.

Die im Handelsregister des AG Stendal unter der Registernummer HRB ... eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Firma K. GmbH wird aufgelöst.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte, mit Ausnahme der dem Streithelfer entstandenen Kosten, die dieser selbst trägt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 13.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger und der Streithelfer sind zu je 50 % Gesellschafter der mit notarieller Urkunde vom 28.9.1990 gegründeten Beklagten, deren Gegenstand gem. § 2 der Satzung die umfassende finanz- und betriebswirtschaftliche Beratung kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie die Übernahme der benötigten Dienstleistungen ist (Anlage K 1). Alleinige Geschäftsführerin ist zwischenzeitlich die Ehefrau des Klägers (vgl. Ziff. III des Gesellschaftsvertrags sowie Anlagen K 2 und K 3).

Anfang 2006 stellte der Streithelfer seine steuerberatende Tätigkeit, im Rahmen derer er die Beklagte mit notwendigen Vorarbeiten und Buchführungsarbeiten beauftragt hatte, ein. Bis Mai/Juni 2008 wurde diese Tätigkeit vom Steuerberater U. L. ausgeübt, hinsichtlich dessen Tätigkeit zwischen dem Kläger und dem Streithelfer ein Konflikt entstand.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Auflösung der Beklagten, weil eine werbende Tätigkeit nicht mehr stattfinde, der Streithelfer zeitweise nicht erreichbar gewesen und eine gedeihliche Zusammenarbeit mit diesem nicht mehr möglich sei.

Der Kläger hat beantragt, die im Handelsregister des AG Stendal unter der Registernummer HRB ... eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Firma K. GmbH aufzulösen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Der Streithelfer hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 106/107).

Mit am 17.6.2011 verkündeten Urteil hat das LG Halle die Klage abgewiesen. Wegen der Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (Bl. 107 - 111).

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt, das am 17.6.2011 verkündete Urteil des LG Halle abzuändern und die im Handelsregister des AG Stendal unter der Registernummer HRB ... eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Firma K. GmbH aufzulösen.

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

Der Streithelfer beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auf das Berufungsvorbringen der Parteien und des Streithelfers wird Bezug genommen.

B. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

I. Eine Auflösung der Beklagten durch Urteil gem. § 61 GmbHG scheitert nicht angesichts einer Zahlungsunfähigkeit der Beklagten.

1. Bei Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit - oder Überschuldung - ist die Durchführung eines Insolvenzverfahrens (vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG), nicht aber die Auflösungsklage das geeignete Instrumentarium zur Beendigung der Gesellschaft.

2. Dass eine Zahlungsunfähigkeit der Beklagten vorliegt, kann jedoch nicht festgestellt werden. Zwar hat der Kläger in der Berufungsbegründung (dort Seite 4) vorgetragen, dass kein Gesellschaftsvermögen mehr zur Verfügung stehe. Des Weiteren hat die Beklagte in Person mit Schreiben vom 28.10.2011, dessen Inhalt sich der Kläger zueigen gemacht hat (Seite 1 des Schriftsatzes vom 13.12.2011), mitgeteilt, dass "die Gesellschaft über keine Mittel verfüge, eine Rechnung zu bezahlen", und sie hat ferner ausgeführt, dass die Beklagte über keine Mittel und Mitarbeiter mehr verfüge, die Betriebsmittel veräußert und das Büro aufgegeben worden sowie die Geschäftsführerin ohne Vergütung tätig sei. Der Kläger in Person hat jedoch im Senatstermin am 21.3.2012 unwidersprochen (§ 138 Abs. 3 ZPO) vorgetragen, dass laufende Rechnungen, wie etwa für Verbandsmitgliedsbeiträge, von ihm persönlich bezahlt würden, so dass bisher keine unbeglichenen Rechnungen bestünden und die...

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