Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 4 O 542/97)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 24.04.1998 – 4 O 542/97 – einschließlich des zugrunde liegenden landgerichtlichen Verfahrens aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Berufung bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Der Wert der Beschwer beträgt für beide Parteien je 13.086,58 DM.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 13.087,12 DM.

Von der Darstellung desTatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie dahin Erfolg, daß das angefochtene Urteil nach § 539 ZPO aufzuheben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen ist. Das Verfahren des Landgerichts leidet an einem erheblichen Verfahrensmangel.

Das Landgericht hätte die Klägerin vor seiner Entscheidung gemäß §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO im Rahmen seiner Pflicht, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken und keine Überraschungsentscheidungen zu erlassen, zumindest darauf hinweisen müssen, daß nach seiner Ansicht im Hinblick auf die Regelung im Bauträgervertrag vom 01.12.1994, von den Parteien bezeichnet als Kaufvertrag, über die Abtretung der streitgegenständlichen Werklohnforderung an die das Bauträgermodell finanzierende Bank, die B.-… bank AG, i. V. m. der gleichzeitig zusätzlichen Regelung über die Einziehungsermächtigung die Klägerin lediglich Zahlung auf das im Vertrag angegebene Sonderkonto der finanzierenden Bank beanspruchen könne, um so der Klägerin Gelegenheit zu geben, ihren Zahlungsantrag entsprechend umzustellen oder zumindest einen entsprechenden Hilfsantrag zu stellen. Hiervon war das Landgericht nicht deshalb entbunden, weil der Beklagte im vorliegenden Anwaltsprozeß in der Klageerwiderung vom 23.01.1998 auf der Grundlage der o. g. Regelung im Bauträgervertrag über die Abtretung die Klage als nicht schlüssig angesehen hat. Denn dieser Hinweis betraf lediglich die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund einer Abtretung, nicht aber auch ihr Recht, aufgrund einer Einzugsermächtigung die abgetretene Forderung im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen, worauf die Klägerin ihre Klage ausweislich ihres Schriftsatzes vom 11.03.1998 ausdrücklich ebenfalls gestützt hat, wobei sie erkennbar übersehen hat, daß sie nach der vertraglichen Regelung trotz der Einzugsermächtigung nur die Zahlung auf das im Vertrag genannte Sonderkonto beanspruchen konnte. Wenn das Landgericht aufgrund dieses letzten Schriftsatzes der Klägerin vor der mündlichen Verhandlung nicht darauf hinweist, daß es die Einzugsermächtigung für den bisherigen Zahlungsantrag, Zahlung an sich anstatt auf das im Vertrag genannte Sonderkonto, aus Rechtsgründen für nicht ausreichend erachtete und außerdem entsprechend dem unstreitigen Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren im Termin zur mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben hat, daß es die Klage ohne Durchführung einer Beweisaufnahme überwiegend für begründet halte und den Erlaß eines Beweisbeschlusses in Aussicht gestellt hat, so hat es gegen das Verbot der Überraschungsentscheidung, § 278 Abs. 3 ZPO, verstoßen. Dieser Verfahrensverstoß stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, da hierdurch der Klägerin das durch Art. 103 Abs. 1 GG garantierte rechtliche Gehör verweigert worden ist. Er veranlaßt den Senat, von der Befugnis des § 539 ZPO Gebrauch zu machen.

Auf diesem Verfahrenfehler beruht auch die erstinstanzliche Entscheidung. Denn es ist davon auszugehen, daß die Klägerin bei dem gebotenen rechtlichen Hinweis, wie jetzt im Berufungsverfahren, den Antrag auf Zahlung auf das genannte Sonderkonto schon erstinstanzlich zumindest hilfsweise gestellt hätte. Bei dieser Antragstellung wäre die Klage auch nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin bereits schlüssig gewesen, wobei die Entscheidung in der Sache selbst von der Durchführung einer Beweisaufnahme abhängig gewesen wäre.

Zwar war die Klägerin nach ihrem erstinstanzlichen Vortrag, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, aufgrund der im Bauträgervertrag enthaltenen Regelung über die Abtretung hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung auf Zahlung restlichen Werklohns gemäß § 631 Abs. 1 BGB – letzte Kaufpreisrate nach dem Bauträgervertrag – nicht mehr aktivlegitimiert, da sie aufgrund der Abtretung nicht mehr Forderungsinhaberin war. Dabei stand hier dem Vorliegen einer Abtretung nicht entgegen, daß die B.-… bank AG als Zessionarin nicht an dem Bauträgervertrag beteiligt war. Denn sollte die Forderung nicht schon vor Abschluß des Bauträgervertrages an die finanzierende Bank abgetreten worden sein, so ergibt sich der entsprechende Abtretungsvertrag jedoch aus der Erklärung der Klägerin im Bauträgervertrag, wonach diese hiermit die Forderung an das Kreditinstitut abtrete, i. V. m. der Pfandfreistellungsverpflichtungserklärung der B. AG v...

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