Entscheidungsstichwort (Thema)

Niederschlagung der Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur „Höhe des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens”

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur "Höhe des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens" beinhaltet eine unrichtige Sachbehandlung, die in der Regel zur Niederschlagung dieser Kosten führt.

 

Normenkette

BGB § 1615l Abs. 2 S. 2; GKG § 66 Abs. 2, § 21 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Quedlinburg (Beschluss vom 25.07.2009; Aktenzeichen 4 F 178/06)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Quedlinburg vom 25.7.2009 - 4 F 178/06 (UK) - abgeändert.

II. Die durch die Beauftragung des Rechtsanwalts und Steuerberaters N. U. als Sachverständigen entstandenen Kosten werden i.H.v. 2.767,23 EUR niedergeschlagen.

III. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.

 

Gründe

I. Die Parteien des Rechtsstreits sind die Eltern des am 2.9.2005 geborenen Kindes R. K.. Sie sind und waren nicht miteinander verheiratet.

Die Klägerin hat den - selbständig erwerbstätigen - Beklagten wegen Betreuungsunterhalts gem. § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB zunächst auf Auskunft und nach Vorlage umfangreicher Unterlagen beziffert auf Unterhaltsleistung in Anspruch genommen.

Das AG hat gemäß den Beweisbeschlüssen vom 5.4.2007 und 14.2.2008 schriftlichen Sachverständigenbeweis "über das Einkommen des Beklagten aus selbständiger Tätigkeit im Zeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2005" erhoben. Der Sachverständige U. hat am 23.4.2008 sein schriftliches Gutachten erstattet und dafür Gebühren und Auslagen i.H.v. insgesamt 2.767,23 EUR abgerechnet, die ihm erstattet wurden.

Der Beklagte hatte schon vor Gutachtenerstattung - etwa mit seiner Gegenvorstellung vom 26.4.2007 und seiner Stellungnahme vom 7.6.2007 - vehement gefordert, von der Begutachtung abzusehen, weil diese auf Ausforschungsbeweis hinauslaufe und durch die beklagtenseits vorgelegten Unterlagen und das Vorbringen der Klägerin nicht veranlasst sei. Soweit ergänzende Unterlagen erforderlich seien, müsse deren Einreichung durch das Gericht und nicht durch den Sachverständigen veranlasst werden.

Der Beklagte hat im Verhandlungstermin vom 12.2.2009 unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 24.6.2008 beantragt, die durch Einholung des Sachverständigengutachtens entstandenen Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung niederzuschlagen. Denn einerseits sei das Gutachten von vornherein auf Ausforschung ausgerichtet gewesen. Andererseits enthalte das Gutachten enthalte lediglich allgemeine Rechtsausführungen und ferner rechtliche Bewertungen, die eigentlich - nach entsprechendem Bestreiten der Klägerin - Sache des Gerichts seien. Fachliche Feststellungen - etwa zur Dauer und Möglichkeit der steuerlichen Absetzung für Abnutzung (AfA) von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens - seien, soweit überhaupt erheblich, nicht auf gesicherte Feststellungen, sondern auf Vermutungen gegründet.

Im Verhandlungstermin vom 12.2.2009 haben die Parteien über den streitgegenständlichen Unterhaltsanspruch einen Vergleich geschlossen, der keine Kostenregelung enthält. Offenbar ist bisher auch keine gerichtliche Kostenentscheidung getroffen worden.

Das AG mit Beschluss vom 25.7.2009 den Antrag des Beklagten auf Niederschlagung der Sachverständigenkosten mit der lapidaren Begründung zurückgewiesen, dass im Hinblick auf die vom Beklagten vorgelegten und von der Klägerin bei der Bezifferung ihrer Klageforderung verwendeten Einkommensnachweise kein Ausforschungsbeweis vorliege.

Gegen diesen, ihm am 28.8.2009 zugestellten, Beschluss richtet sich die am 10.9.2009 beim AG eingegangene Beschwerde des Beklagten, mit der er sein Begehren nach Niederschlagung der Sachverständigenkosten fortführt. Zur Begründung führt er neben der Bezugnahme auf die oben genannten Schriftsätze aus, die Amtsrichterin habe sich mit der Beauftragung des Gutachters der rechtlichen Auseinandersetzung mit den erheblichen rechtlichen Grundlagen entzogen

Das AG hat der Beschwerde am 11.9.2008 nicht abgeholfen und das Verfahren dem OLG zur Beschwerdeentscheidung zugeleitet.

II. Die nach § 66 Abs. 2 GKG statthafte und - weil der Beklagte durch die noch zu treffenden Kostenentscheidung nach Maßgabe des § 98 Satz 2 oder § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO voraussichtlich teilweise und jedenfalls über 200,- EUR hinaus beschwert sein wird - zulässige Beschwerde des Beklagten, über die nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Einzelrichter des Senats zur Entscheidung berufen ist, hat auch in der Sache Erfolg. Die durch die Beauftragung des Rechtsanwalts und Steuerberaters N. U. als Sachverständiger veranlassten Kosten werden nicht erhoben, weil sie bei richtiger Behandlung des Sache nicht entstanden wären, § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Denn die vorgenommene Einholung des Sachverständigengutachtens zu einer Rechtsfrage stellt eine unrichtige Sachbehandlung dar.

1. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG

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