Leitsatz (amtlich)

1. Zu dem Verfahren der Erbenermittlung im Sinne von § 24 Nr. GNotKG, § 342 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zählt auch die öffentliche Aufforderung vor Feststellung des Fiskalerbrechts nach § 1965 BGB (Bestätigung von OLG Naumburg, Beschluss v. 09.11.2015 - Az.: 12 W 75/15 -, FGPrax 2016, 93 f.).

2. Ein Nachlass, der aufgrund des Fiskalerbrechts der DDR (§ 369 ZGB) vor dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland in Volkseigentum übergegangen war, ist unmittelbar Bundeseigentum geworden, wenn zu ihm keine Grundstücke, grundstücksgleichen Rechte oder beschränkten dinglichen Rechte gehören.

3. Ein Nachlass, der aufgrund des Fiskalerbrechts der DDR (§ 369 ZGB) in Volkseigentum übergegangen war, stellt unmittelbar Bundeseigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben dar, wenn zu ihm Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte oder beschränkte dingliche Rechte gehören.

4. Solange kein bestandskräftiger Vermögenszuordnungsbescheid ergangen ist, müssen die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit - und demzufolge auch der Kostenbeamte - die Rechtsnachfolge hinsichtlich des Fiskalerbes der DDR in eigener Zuständigkeit beurteilen und entscheiden.

5. Die Auslagen für die öffentliche Aufforderung vor Feststellung des Fiskalerbes sind im Fall der Ziffer 3 von der Bundesrepublik Deutschland und im Falle der Ziffer 4 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zu tragen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Magdeburg (Beteiligte zu 1.) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Haldensleben vom 16.03.2016 aufgehoben:

Auf die Erinnerung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Beteiligte zu 2.) wird die Kostenrechnung des Kostenbeamten des Amtsgerichts Haldensleben vom 29.10.2015 (Kassenzeichen: 1750-A16824-7) insoweit abgeändert, als

Kostenschuldner die Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung), vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben,

Karl-Liebknecht-Straße 36, 03046 Cottbus,

ist. Im Übrigen wird die Erinnerung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Beteiligte zu 2.) zurückgewiesen.

Die Erinnerung und die weitergehende Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Magdeburg (Beteiligte zu 1.) werden zurückgewiesen.

Das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Erblasserin verstarb vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 18.01.1990. Mit Schreiben vom 23.01.2014 teilte die Kreissparkasse B. dem Nachlassgericht mit, dass sie ein Guthaben der Erblasserin in Höhe von 4.745,46 EUR verwalte, und bat um Prüfung, ob eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden könne oder "ob als Erbe der Fiskus in Erscheinung tritt". Die Ermittlungen des Nachlassgerichts ergaben, dass der Ehemann der Erblasserin im Jahre 1979 und das einzige bekannte Kind der Erblasserin bereits im Säuglingsalter im Jahre 1926 vorverstorben waren.

Der Rechtspfleger verfügte daraufhin die Bekanntmachung einer öffentlichen Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 BGB durch Aushang an der Gerichtstafel und durch einmalige Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger. Ausweislich der - handschriftlich ergänzten - Formularverfügung vom 02.04.2014 sollte jeder, dem ein Erbrecht am Nachlass zusteht, sein Recht binnen 6 Wochen ab Veröffentlichung bei dem Nachlassgericht anmelden und sein Erbrecht nachweisen, da andernfalls festgestellt werde, "dass ein anderer Erbe als die ehemalige Deutsche Demokratische Republik nicht vorhanden" sei. Aufgrund eines Übertragungsfehlers hieß es in der veröffentlichten Fassung der öffentlichen Aufforderung jedoch, dass - wenn ein Erbrecht nicht angemeldet und nachgewiesen würde - festgestellt werde, dass "ein anderer Erbe als das Land Sachsen-Anhalt nicht vorhanden" sei. Der Bundesanzeiger-Verlag berechnete dem Amtsgericht mit Rechnung vom 11.04.2014 für die Veröffentlichung ein Entgelt in Höhe von 29,75 EUR (brutto).

Aufgrund der Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger vom 10.04.2014 wandte sich die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Beteiligte zu 2.) mit Schreiben vom 23.04.2014 an das Nachlassgericht. Sie wies darauf hin, dass der Erbe nach § 369 ZGB festzustellen sei, da die Erblasserin vor dem Beitritt der DDR zur BRD verstorben sei. Außerdem beantragte die Bundesanstalt namens der Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung) Einsicht in die Nachlassakte, die ihr auch durch Übersendung der Akte gewährt wurde.

Unter dem Datum des 04.06.2014 verfügte der Rechtspfleger erneut die Bekanntmachung der öffentlichen Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 BGB durch Aushang an der Gerichtstafel und durch einmalige Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger, wiederum verbunden mit dem Hinweis, dass andernfalls festgestellt werde, dass "ein anderer Erbe als die ehemalige Deutsche Demokratische Republik nicht vorhanden" sei. Der im elektronischen Bundesanzeiger vom 25.06.2014 veröffentlichte Text der öffentlichen Aufforderung entsprach der vom Rechtspfleger verfügten Fassung der Bekanntm...

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