Leitsatz (amtlich)

Der Senat schließt sich der Ansicht anderer OLG an, wonach bei einer Klage auf künftige Nutzungsentschädigung weder § 41 GKG noch § 9 S. 1 ZPO für die Streitwertbemessung maßgeblich sind, sondern § 3 ZPO. Diesen zugrunde gelegt, sind aber die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen, hier die durchschnittliche Dauer des Erkenntnisverfahrens und die voraussichtliche Dauer bis zur Räumung.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 20.04.2011; Aktenzeichen 1 T 301/10)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Dessau-Roßlau vom 20.4.2011 (1 T 301/10) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil vom 7.10.2010 hat das AG Bitterfeld Wolfen den Beklagten zur

  • Räumung der von ihm gemieteten Wohnung
  • Zahlung rückständigen Mietzinses für die Zeit von Juni bis August 2010
  • Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung i.H.v. 284,12 EUR ab September 2010 bis zur Erfüllung der Räumungsverpflichtung.

verurteilt. Die Höhe der Nutzungsentschädigung entspricht der Höhe des bisherigen Mietzinses. Mit dem Versäumnisurteil hat das AG den Streitwert für den Rechtsstreit auf 3.845,17 EUR festgesetzt. Dabei hat es den Streitwert für die Klage auf Zahlung von zukünftiger Nutzungsentschädigung mit dem 3-fachen Monatsbetrag (3 × 284,12 EUR = 852,36 EUR) festgesetzt. Zur Begründung hat das AG im Nichtabhilfebeschluss 10.11.2010 ausgeführt, dass grundsätzlich abzustellen sei auf die voraussichtliche Dauer bis zur Räumung, die im dortigen Gerichtsbezirk 3 Monat betrage. Die Dauer des Erkenntnisverfahrens könne nicht berücksichtigt werden, weil es dem Kläger unbenommen sei, im Verlauf des Verfahrens seinen Zahlungsantrag anzupassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, dass gem. § 3 ZPO von einem Jahresbetrag auszugehen sei.

Die zuständige Einzelrichterin, hat die Beschwerde auf die Kammer übertragen (§ 66 Abs. 5 S. 2 GKG). Mit Beschluss vom 20.4.2011 hat das LG der Beschwerde teilweise stattgegeben und den Streitwert für die zukünftige Nutzungsentschädigung auf den 6-fachen Monatsbetrag festgesetzt. Das LG hat zur Begründung ausgeführt, dass entgegen der Ansicht des AG auch die durchschnittliche Dauer des Erkenntnisverfahrens zu berücksichtigen sei, die mit ebenfalls 3 Monaten anzusetzen sei.

Im Hinblick auf abweichende Entscheidungen von Obergerichten (z.B.),

die in vergleichbaren Rechtsstreiten den Gebührenstreitwert gem. § 3 ZPO jedenfalls in einfach gelagerten Fällen auf einen Jahresbetrag festgesetzt haben, hat das LG gem. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG die weitere Beschwerde zugelassen. Mit Schriftsatz vom 5.5.2011 hat der Kläger weitere Beschwerde erhoben.

II. Die weitere Beschwerde ist im Hinblick auf ihre Zulassung durch das LG zulässig, aber nicht begründet. Der Senat entscheidet in der vollen Besetzung gem. § 122 GVG, weil die Voraussetzungen von § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 S. 1 GKG nicht vorliegen (dazu: OVG Magdeburg - Beschl. v. 3.8.2009 - 4 O 153/09 - [NJW 2009, 3114]).

Der Senat schließt sich zwar der Ansicht der vorgenannten Obergerichte an, dass weder § 41 GKG noch § 9 S. 1 ZPO für die Streitwertbemessung herangezogen werden können. Auf die dort gegebenen Begründungen wird Bezug genommen. Im Rahmen des daher grundsätzlich anwendbaren § 3 ZPO sind aber die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen. So führt dass OLG Stuttgart ausdrücklich aus, dass unter den dort gegebenen tatsächlichen Gegebenheiten, nicht als Regelfall davon ausgegangen werden könne, dass im Hinblick auf die Belastung der Gerichtsvollzieher, eine Räumung innerhalb eines Jahres erfolgen könne. Dass OLG Stuttgart hat diesen Einzelfallumstand somit ausdrücklich gewürdigt. Dem schließt sich der Senat an. Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass dann, wenn nach der zugrunde zulegenden Räumungspraxis im AGbezirk Bitterfeld-Wolfen diese Frist lediglich 3 Monate beträgt (dass dies konkret unzutreffend ist, behauptet die Beschwerde nicht), davon auch auszugehen ist. Mit dem LG ist die Dauer des Erkenntnisverfahrens ebenfalls zu berücksichtigen, weil auf die Lage bei Einreichung der Klage abzustellen ist. Zwar ist der Einwand der Beschwerde grundsätzlich beachtenswert, dass die Zeiträume - insbesondere für das Vollstreckungsverfahren - schon innerhalb eines Gerichtsbezirks und erst Recht im Vergleich mehrerer Gerichtbezirke auch nur eines LGbezirks schwanken können. Nur: Die Annahme der vorgenannten Obergerichte einer Festsetzung auf 12 Monat ist in gleicher Weise gegriffen, weil § 41 GKG gerade keine Anwendung findet und § 3 ZPO davon ausgeht, dass die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Zwar mag eine grundsätzlich generalisierende Betrachtung sinnvoll sein, dass das LG insoweit aber sein Ermessen im Rahmen ...

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