Leitsatz (amtlich)

1. Ein den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO genügender Antrag liegt nicht vor, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau und pauschal bezeichnet werden, dass sie weder eine sachgerechte Stellungnahme des Antragsgegners ermöglichen noch einem Sachverständigen im Falle der Beweisanordnung konkrete Anhaltspunkte für die durchzuführenden Prüfungen geben.

2. Im Hinblick auf die Bezeichnung von angeblichen Planungs- oder Bauausführungsmängeln ist von einem Auftraggeber auch unter Berücksichtigung der sog. Symptom-Rechtsprechung zu fordern, dass er das äußere Erscheinungsbild des Mangels, also die Bezeichnung und Lokalisierung der Schadstellen und die Nennung und Beschreibung der aufgetretenen Schäden, darlegt und sich nicht auf allgemeine Fragestellungen beschränkt.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 24.08.2021; Aktenzeichen 4 OH 1/21)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 24. August 2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 155.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Antragsteller hat die Anordnung einer selbständigen Beweiserhebung über den Zustand der Bäder in den Zimmern der ersten und der zweiten Etage der ... in der G. Straße, ... mit wechselnden Fragestellungen beantragt. Dem Vorbringen des Antragstellers ist zu entnehmen, dass von den 31 Badezimmern in den genannten Geschossen jedenfalls in mehreren nach der Sanierung Durchfeuchtungen aufgetreten sind und dass die begehrte Beweiserhebung auf Feststellungen von Mängeln, von deren Ursachen bzw. von technischen Verantwortlichkeiten der Antragsgegner und von Art, Umfang und Dauer der Mangelbeseitigung gerichtet ist.

Mit Beschluss vom 24.08.2021 hat das Landgericht den Beweisantrag des Antragstellers abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gründe Bezug genommen.

Gegen diesen, ihm am 16.09.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde vom 30.09.2021. Er meint, dass er sein rechtliches Interesse hinreichend dargelegt habe. Im Hinblick auf die Symptom-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dürften die Anforderungen an die Substantiierung der Beweistatsachen nicht überspannt werden. Er beruft sich darauf, dass er ohne sachverständige Hilfe das Ausmaß der Feuchtigkeitsschäden nicht beurteilen könne.

Das Landgericht hat mit seinem Beschluss vom 04.10.2021 dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht sieht sich durch das Beschwerdevorbringen in seiner Einschätzung bestätigt, dass die begehrte Beweiserhebung auf eine Ausforschung gerichtet sei.

B. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Beweisbehauptung des Antragstellers trotz der mehrfachen Modifikation zu Recht als insgesamt unzureichend substantiiert bewertet und deswegen eine Beweiserhebung hierüber als prozessual unzulässig abgelehnt.

I. Der prozessrechtliche Ausgangspunkt ist hinreichend geklärt und vom Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend berücksichtigt worden.

1. Ein Antrag auf Einholung eines Beweises durch einen Sachverständigen erfordert nach §§ 402 i.V.m. 373 und 403 ZPO u.a. die Bezeichnung der Tatsachen, über welche der Beweis erhoben werden soll; dies korrespondiert mit der Anforderung in § 359 Nr. 1 ZPO zum notwendigen Inhalt eines Beweisbeschlusses. Dieselbe Anforderung an den Beweisantritt ist auch in § 487 Nr. 2 ZPO über den notwendigen Inhalt eines Antrages auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens enthalten und korrespondiert mit dem notwendigen Inhalt des Beweisbeschlusses nach § 490 Abs. 2 ZPO. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass dann, wenn die behaupteten Tatsachen zu allgemein gehalten sind und der Beweisantritt erst auf die Ermittlung von Einzelheiten zielt, welche der Partei dann die schlüssige Darlegung eines Sachverhalts ermöglichen sollen, ein prozessual unzulässiger Ausforschungsbeweisantritt bzw. ein sog. Beweisermittlungsantrag vorliegt (vgl. Ahrens in: Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 1. Aufl. 2015, Kapitel 11 Rn. 13 und Kap. 32 Rn. 22 m.w.N.). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine prozessual unzulässige Ausforschung, welche zur Ablehnung des Beweisantrages berechtigt, vor, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen entweder so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder dann, wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber auf's Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue" aufgestellt sind und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellen (vgl. BGH, Urteil v. 14.07.1953, V ZR 57/52, BGHZ 10, 266, in juris Rz. 2...

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