Leitsatz (amtlich)

Nicht titulierte Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes auf die öffentliche Hand übergegangen sind, sind grundsätzlich verwirkt, soweit sie nicht innerhalb eines Jahres ab Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden (Zeitmoment). Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die öffentliche Hand aus übergegangenem Recht noch keine Unterhaltszahlung verlangen konnte, insbesondere weil der Unterhaltspflichtige einem Auskunftsverlangen des zuständigen Trägers der Sozialleistung noch nicht genügt hatte (Umstandsmoment).

 

Verfahrensgang

AG Zeitz (Entscheidung vom 20.02.2012; Aktenzeichen 6 F 435/11 UK)

 

Tenor

Die Beschwerde des antragstellenden Landes gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Zeitz vom 20. Februar 2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Der Beschwerdewert beträgt ca. EUR 2.565.

 

Gründe

I. Das antragstellende Land macht gegen den Antragsgegner aus übergegangenem Recht einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt geltend, und zwar für die Zeit von Oktober 2008 bis September 2009 einschließlich.

Der (heute K. 10a in D. wohnende) Antragsgegner nahm mit A. R. (die heute am R. 10 in L. wohnt) eine nichteheliche Lebensgemeinschaft auf, aus der

das (am 02. Juni 1988 geb.) Kind J. R.

hervorging, um dessen Unterhalt es im vorliegenden Fall geht.

Nachdem das Kind am 02. Juni 2006 volljährig geworden war, legte es im Jahre 2007 das Abitur ab. Im August 2007 begann das Kind In R. eine Berufsausbildung im Bereich Mediengestaltung Digital- und Printmedien, Fachrichtung Gestaltung und Technik, die es im November 2007 abbrach. Bis zum Beginn der streitigen Zeit (Oktober 2008) trennten sich der Antragsgegner und die Kindesmutter. Das Kind führt seit Beginn der streitigen Zeit einen eigenen Hausstand.

Nach dem Abbruch seiner Berufsausbildung nahm das Kind im Wintersemester 2008/2009 an der Technischen Universität C. das Studium der Medienkommunikation (Bachelorstudiengang) auf. Nachdem dem Kind für die streitige Zeit von Oktober 2008 bis September 2009 zunächst - nämlich mit Bescheid des Studentenwerks C. vom 28. November 2008 - nur Zuschuss- und Darlehensleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von EUR 211 monatlich bewilligt worden waren (Bl. 14 d.A.), wurden ihm für die besagte Zeit mit einem Änderungsbescheid vom 31. März 2009 auch folgende Leistungen nach dem BAföG bewilligt (Bl. 16 d.A.):

für die Zeit von Oktober 2008 bis September 2009:

- anstelle von Unterhalt der Eltern Vorausleistungen i.H.v. EUR 268,51 monatlich.

Bei dem Antrag des Kindes auf Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG wirkte der Antragsgegner (im April 2008) mit, indem er am 20. April 2008 ein Formblatt des Studentenwerks C. zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ausfüllte und unterschrieb, das am 22. April 2008 beim Studentenwerk einging (Bl. 2, 11 ff. d.A.); in dem von ihm ausgefüllten und unterschriebenen Formular wurde der Antragsgegner darüber belehrt, unter welchen Voraussetzungen das BAföG eine Inanspruchnahme von Eltern ermöglicht (§ 37 Abs. 4 Nr. 2 BAföG; Bl. 13 d.A.).

Hinsichtlich der bewilligten und gezahlten Vorausleistungen (EUR 268,51 monatlich) erteilte das Studentenwerk C. dem Antragsgegner unter dem 08. Mai 2009 eine Überleitungsanzeige (über EUR 268,51 monatlich; Bl. 19 d.A.), die ihm am 13. Mai 2009 zugestellt wurde (Bl. 18 d.A.).

Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 teilte die Landesdirektion C. des Landesamts für Ausbildungsförderung des Landes S. dem Antragsgegner mit, dass auf ihn - neben der Kindesmutter - folgende Haftungsquote entfalle (Bl. 23 d.A.):

für die Zeit 10.08 bis 12.08

3 Monate x EUR 219,73 mtl., d.s.

EUR 659,19 insg.

für die Zeit 01.09 bis 09.09

9 Monate x EUR 211,74 mtl., d.s.

EUR 1.905,66 insg.

Sa.

EUR 2.564,85 insg.;

außerdem wurde dem Antragsgegner in dem Schreiben mitgeteilt, dass der Anspruch seines Kindes auf Ausbildungsunterhalt in besagter Höhe auf das Land S. übergegangen sei (§ 37 Abs. 1 Satz 1 BAföG), und - unter Fristsetzung zum 13. Juni 2011 - eine Zahlung (an die Hauptkasse S.) angemahnt. In dem Schreiben wurde der angemahnte, auf den Antragsgegner entfallende Zahlbetrag (besagte EUR 2.564,85) in der Weise ermittelt, dass auf den Unterhaltsbedarf des Kindes (EUR 640 monatlich) bedarfsdeckend das volle staatliche Kindergeld (in 2008: EUR 154 monatlich; in 2009: EUR 164 monatlich) sowie der vom BAföG-Amt geleistete Zuschuss bzw. das unverzinsliche Darlehen angerechnet worden sind, so dass sich ein ungedeckter Unterhaltsbedarf des Kindes ergab, für den der Antragsgegner entsprechend seiner Haftungsquote anteilig in Anspruch genommen wurde.

Da der Antragsgegner keine Zahlung leistete, hat das antragstellende Land am 19. Dezember 2011 beim Familiengericht das vorliegende Unterhaltsverfahren anhängig gemacht, in dem es vom Antragsgegner den besagten Zahlbetrag (EUR 2.564,85) nebst Zinsen auf den Rückstand ab dem auf die Zustellung der Überleitungsanzeige vom 08. Mai 2009 (13...

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