Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt: Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für Master-Studium nach zuvor absolviertem Bachelor-Studiengang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Anspruch des Kindes, das bereits ein Bachelor-Studium absolviert hat, auf Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB für ein anschließendes (konsekutives) Master-Studium.

2. Einen Studenten trifft neben dem Studium regelmäßig keine Erwerbsobliegenheit. Übt ein Student gleichwohl eine (Neben-) Erwerbstätigkeit aus, so stellt die Vergütung, die er hierfür erhält, grundsätzlich Einkommen aus überobligationsmäßiger Tätigkeit dar. Die Anrechnung solcher Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit bestimmt sich auch im Verwandtenunterhaltsrecht nach dem - hier entsprechend heranzuziehenden - Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB.

 

Normenkette

BGB § 1610 Abs. 1-2, § 1577 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Beschluss vom 29.06.2010; Aktenzeichen 2.2 F 354/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Strausberg vom 29.6.2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.646 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner aus übergegangenem Recht auf Ausbildungsunterhalt für die Zeit von 11/2008 bis 9/2009 in Anspruch.

Der Antragsgegner ist der Vater des am 21.12.1980 geborenen Studenten S. S.. Dieser legte in 6/2000 das Abitur ab und leistete von 12/2000 bis 10/2001 seinen zivilen Ersatzdienst. Zum Wintersemester 2001/2002 nahm S. das Studium der Informationstechnik an der Technischen Universität Berlin auf, das er im Sommersemester 2002 abbrach. Ab 8/2002 absolvierte S. eine Berufsausbildung zum IT-Systemkaufmann, die er in 7/2005 mit Erfolg abschloss. Zum Wintersemester 2005/2006 begann S. an der Technischen Fachhochschule Berlin mit dem Bachelor-Studium im Studiengang Medieninformatik. Er schloss dieses nach sechs Semestern erfolgreich ab. Ausweislich seines Bachelorzeugnisses hat S. die Bachelor-Prüfung am 23.9.2008 mit dem Gesamtprädikat "sehr gut" bestanden.

Nachdem der Antragsgegner die Zahlung von Ausbildungsunterhalt für das im Wintersemester 2005/2006 an der Technischen Fachhochschule Berlin begonnene Studium der Medieninformatik abgelehnt hatte, wurden S. antragsgemäß Vorausleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe des gegen den Vater errechneten Unterhaltsanspruchs gewährt. Der übergegangene Unterhaltsanspruch ist vom Antragsteller zunächst für den Bewilligungszeitraum von 10/2005 bis 7/2006 gerichtlich geltend gemacht worden. Im Rahmen des damaligen Berufungsverfahrens - 10 UF 51/07 - hat der Senat durch Urteil vom 10.7.2007 einen Anspruch von S. gegen den Vater auf Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB bejaht. Für den Bewilligungszeitraum von 10/2006 bis 9/2007 erhielt S. ebenfalls Vorausleistungen nach dem BAföG. Auf die nach erneuter Ablehnung von Zahlungen vom Antragsteller erhobene Klage hin wurde der Antragsgegner durch Urteil des AG Strausberg vom 17.2.2009 - 2 F 491/08 - antragsgemäß zur Rückzahlung des vorausgeleisteten Unterhalts i.H.v. insgesamt rd. 3.745 EUR verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat der Vater keine Berufung eingelegt.

Seit dem Wintersemester 2008/2009 ist S. im Master-Studiengang Technische Informatik an der Technischen Universität Berlin immatrikuliert. Nach der Notenbescheinigung der Technischen Universität Berlin vom 11.8.2010 hatte S. zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der abgelegten Modulprüfungen 91 Leistungspunkte erreicht. Die Einreichung seiner Master-Arbeit war für Anfang 12/2010 vorgesehen. Da der Antragsgegner den von S. geforderten Ausbildungsunterhalt für das in 10/2008 begonnene Master-Studium ablehnte, hat der Antragsteller ihm antragsgemäß Vorausleistungen nach dem BAföG in Höhe des gegen den Vater errechneten Unterhaltsanspruchs gewährt. Der Übergang des Unterhaltsanspruchs wurde dem Antragsgegner mitgeteilt. Gleichwohl zahlte er keinen Unterhalt. Gegen den vom Antragsteller erwirkten Mahnbescheid hat der Antragsgegner Widerspruch eingelegt, der zu dem vorliegenden Verfahren geführt hat.

Das AG hat den Antragsgegner durch Versäumnisbeschluss vom 23.2.2010 antragsgemäß zur Zahlung von übergegangenem Ausbildungsunterhalt i.H.v. insgesamt rund 2.601 EUR nebst Zinsen für die Zeit von 11/2008 bis 9/2009 verpflichtet. Auf den dagegen eingelegten Einspruch des Antragsgegners hat es durch Beschluss vom 29.6.2010 den Versäumnisbeschluss aufrechterhalten. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, Bachelor- und Master-Studiengang seien als einheitlicher Ausbildungsgang zu werten. Der hinreichend leistungsfähige Antragsgegner schulde deshalb seinem Sohn dem Grunde und der Höhe nach den geltend gemachten Ausbildungsunterhalt in Höhe der vom Antragsteller erbrachten Vorausleistungen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Zur Begründung beruft er sich vor allem darauf, der Unterhalts...

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