Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Prüfung, ob der Nachlass mittellos i.S.v. § 1836d BGB ist, ist hinsichtlich des einzusetzenden Vermögens nur das verfügbare Aktivvermögen zu berücksichtigen; Nachlassverbindlichkeiten - auch in Höhe einer Überschuldung des Nachlasses - bleiben außer Betracht.

2. Gehört zum Aktivvermögen des Nachlasses ein Grundstück, ist dieses jedoch wegen wertübersteigender dinglicher Belastung nicht geeignet, hieraus Einnahmen zu erzielen, so steht es der Feststellung der Mittellosigkeit des Nachlasses nicht entgegen.

 

Verfahrensgang

AG Köthen (Beschluss vom 13.02.2013; Aktenzeichen 04 VI 212/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des AG Köthen vom 13.2.2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 685,77 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 6.6.2012 hat das Nachlassgericht für die unbekannten Erben gem. § 1960 BGB Nachlasspflegschaft angeordnet, den Beteiligten zu 1. zum Nachlasspfleger bestellt, festgestellt, dass der Nachlasspfleger das Amt berufsmäßig ausübe und als Wirkungskreis die Ermittlung der Erben und die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses bestimmt. Nachdem sämtliche in Betracht kommenden Erben die Erbschaft nach der Erblasserin jeweils ausgeschlagen hatten, hat das Nachlassgericht auf der Grundlage des Berichts des Nachlasspflegers durch Beschluss vom 16.8.2012 festgestellt, dass ein anderer Erbe als das Land Sachsen-Anhalt nicht vorhanden ist. Mit weiterem Beschluss vom 4.10.2012 hat das Nachlassgericht dem Land einen Erbschein als Alleinerbe erteilt.

Aufgrund eines entsprechenden Antrages des Nachlasspflegers vom 15.10.2012 hat das Nachlassgericht - Rechtspflegerin - mit Beschluss vom 13.2.2013 den dem Nachlasspfleger für seine Tätigkeit in der Zeit vom 27.6.2012 bis 15.10.2012 aus dem Nachlass zu erstattenden Anspruch auf 49,16 EUR und mit weiterem Beschluss vom 13.2.2013 den aus der Staatskasse zu erstattenden Anspruch auf 685,77 EUR festgesetzt.

Gegen den die Staatskasse betreffenden Vergütungsfestsetzungsbeschluss hat die Bezirksrevisorin bei dem LG Dessau-Roßlau mit Schriftsatz vom 22.2.2013, der am 26.2.2013 beim AG eingegangen ist, Beschwerde gem. § 61 Abs. 1 FamFG eingelegt und die Beschwerde mit weiterem Schriftsatz vom 11.3.2013 begründet. Die Bezirksrevisorin meint, eine Festsetzung gegen die Staatskasse komme nicht in Betracht. Der Nachlass sei nicht mittellos. Es bestehe Grundvermögen mit einem Verkehrswert i.H.v. 9.900 EUR sowie ein Anteil an einem weiteren Grundstück mit einem unbekannten Verkehrswert.

Die Rechtspflegerin hat in ihrem Beschluss vom 17.5.2013 der Beschwerde der Vertreterin der Landeskasse nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde der Staatskasse ist gem. §§ 59, 61 Abs. 1, 63 FamFG zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Dem Nachlasspfleger steht entgegen der Auffassung der Bezirksrevisorin ein Anspruch auf Vergütung i.H.v. 685,77 EUR aus der Staatskasse zu.

1. Nach § 1836 Abs. 1 S. 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 S. 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes - VBVG - besteht der Anspruch des Nachlasspflegers gegen die Staatskasse, wenn der Nachlass mittellos i.S.v. § 1836d BGB ist. In diesem Zusammenhang sind sämtliche Vermögensgegenstände des Nachlasses als verwertbar anzusehen, die eine eigenständige Verwertung, sei es durch Belastung, Verpfändung, Bestellung eines Nießbrauchs oder Veräußerung zugänglich sind. Die Verwertbarkeit ist in wirtschaftlicher Hinsicht zu beurteilen, so dass Vermögensgegenstände ausscheiden, deren Einsatz aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich, wirtschaftlich unvertretbar wäre oder nicht in angemessener Zeit durchgeführt werden könnte (s. OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.8.2008 - Az.: 20 W 211/08 -, OLGR 2009, 505; BayObLG, Beschluss v. 27.7.2001 - Az.: 3Z BR 182/01 -, FamRZ 2002, 416; OLG Oldenburg, Beschl. v. 5.10.2000 - Az.: 5 W 145/00 -, zitiert nach juris; vgl. auch Götz in Palandt, BGB, 72. Aufl., § 1836c Rz. 7, jeweils m.w.N.).

2. Vorliegend ist bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer Mittellosigkeit des Nachlasses auszugehen.

a) Allerdings ist bei der Prüfung, ob der Betroffene mittellos ist, hinsichtlich des einzusetzenden Vermögens nur das verfügbare Aktivvermögen zu berücksichtigen, die Nachlassverbindlichkeiten bleiben hingegen außer Betracht (allgem. M., etwa BayObLG, Beschl. v. 8.10.2003 - Az.: 3Z BR 100/03 -, FamRZ 2004, 308; Saar in Erman, BGB, Bd. II, 13. Aufl., § 1826c, Rz. 6; Wagenitz in MünchKomm/BGB, Bd. 8, 6. Aufl., § 1836c, Rz. 13; Götz in Palandt, a.a.O., § 1836c, Rz. 7, jeweils m.w.N.). Eine abweichende Auffassung lässt sich auch nicht dem - den Verfahrensbeteiligten bekannten - Senatsbeschluss vom 18.4.2011 (Az.: 2 Wx 27/11) entnehmen, in dem die Mittellosigkeit des Nachlasses vielmehr letztlich mit der Unmöglichkeit einer alsbaldigen Verwertung der zur Erbschaft gehörenden Immobilie begründet wurde. Im vorliegen...

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