Leitsatz (amtlich)

Dem Gläubiger steht im sogenannten vereinfachten Verfahren gegen die Art und Weise der Berechnung und Anerkennung von Einwendungen nach § 648 ZPO nur die befristete Erinnerung nach § 11 RPflG zu, gegen die Kostenfestsetzung und Entscheidung die sofortige Beschwerde, sofern die Beschwer erreicht ist, unbeschadet der Möglichkeit, im Nachverfahren (§ 652 ZPO) den weitergehenden Anspruch zu verfolgen. Die sofortige Beschwerde nach §§ 648 Abs. 1 und 2 ZPO steht nur dem Schuldner zu. (Anmerkung: so auch OLG Naumburg v. 10.7.2002 – 3 WF 151/02)

 

Verfahrensgang

AG Oschersleben (Aktenzeichen 34 FH 31/01)

 

Tenor

Auf die als Erinnerung zu wertende sofortige Beschwerde der Antragstellerin werden die Nichtabhilfeentscheidung vom 12.6.2002 und die Vorlageverfügung des AG Oschersleben vom 12.6.2002 ersatzlos aufgehoben.

 

Gründe

Die Antragstellerin hat unter dem 26.4.2001 die Festsetzung des vom Antragsgegner zu zahlenden Unterhalts im vereinfachten Verfahren dahin begehrt, dass ab 1.5.2001 100 % des Regelbetrages an Unterhalt zu zahlen ist.

Das AG hat durch den angefochtenen Beschluss, der Antragsgegner hat eine Stellungnahme nicht abgegeben, den ab 1.5.2001 zuzahlenden Unterhalt auf 100 % des Regelbetrages der dritten Altersstufe nach § 2 RegelbetragVO festgesetzt und bestimmt, dass sich der Betrag um 135 DM anzurechnendes Kindergeld vermindert.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

Sie meint, die Kindergeldanrechnung sei fehlerhaft und der rückständige Unterhalt vom 1.5.2001 bis 31.8.2001 nicht festgelegt worden; auch sei ihr Prozesskostenhilfe nicht bewilligt worden.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor § 511 Rz. 30) als Erinnerung gegen den Beschluss des AG vom 4.6.2002 zu werten.

Ob es Erfolg hat, vermag der Senat, da er zu einer Entscheidung in der Sache selbst nicht berufen ist, nicht zu beurteilen.

Denn entgegen der Auffassung des Rechtspflegers vertritt der Senat die Auffassung, dass der Antragstellerin gegen den angefochtenen Beschluss zur Festsetzung des Unterhalts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 652 Abs. 2 ZPO nicht zur Seite gestellt ist.

Das Gesetz stellt nur dem Antragsgegner in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren – wie im Verfahren zur Anpassung von Unterhaltstiteln nach § 655 ZPO übrigens auch – die sofortige Beschwerde als Rechtsmittel zur Verfügung, mit dem er gegen ihn belastende Beschlüsse vorgehen kann, und zwar beschränkt auf die dort genannten Einwendungen sowie die Unrichtigkeit der Kostenentscheidung oder Kostenfestsetzung.

Soweit es also jedenfalls die Einwendungen nach § 648 Abs. 1 und § 648 Abs. 2 ZPO anbetrifft, steht nur dem Antragsgegner das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu.

Dass dem Antragsteller ein Beschwerderecht, vorausgesetzt die Beschwerdesumme ist erreicht (§ 567 Abs. 2 ZPO a.F.), gegen die Kostenfestsetzung und Kostenentscheidung hat, steht für den Senat außer Frage, denn insoweit ergibt sich aus dem Gesetz keine Einschränkung der sofortigen Beschwerde auf den Antragsgegner.

Das hat der Senat in anderer Sache bereits entschieden (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 10.6.2002 – 3 WF 151/02) und dort weiter ausgeführt:

„Damit sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit Stimmen der Praxis (vgl. u.a. Frauke Günther, Kind-Prax 1999, 37 ff.; Coester-Waltjen in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 652 Rz. 4 f.).

Der Senat übersieht aber auch nicht die Stimmen, die für beide Parteien das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde als zulässig erachten, und zwar uneingeschränkt für den Antragsteller … (vgl. u.a. OLG Zweibrücken v. 3.3.2000 – 5 WF 5/00, OLGReport Zweibrücken 2000, 535 = FamRZ 2000, 1160; Musielak/Borth, ZPO, § 652).

Die Auffassung wird u.a. damit begründet, dass die Gefahr widersprechender Entscheidungen bestünde, würde einerseits bei einem Rechtsmittel des Antragsgegners das OLG, andererseits bei einem Rechtsmittel des Antragstellers das FamG entscheiden. In Abstandnahme von der bisherigen Auffassung (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 652) sei, um „… solche Widersprüche zu vermeiden,… beiden Parteien das Recht zur Beschwerde gegen die Unterhaltsfestsetzung zu gewähren …” (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 652, Rz. 4). Diese Auffassung überzeugt nicht, denn immer dort, wo Gerichte im Instanzenzug zur Entscheidung berufen sind, muss auch mit voneinander abweichenden Entscheidungen gerechnet werden.

Überdies sieht sich diese Auffassung in Übereinstimmung mit der Begründung des Entwurfes des KindUG vom 25.3.1997.

Dem ist entgegenzutreten.

Zwar gibt die Begründung vom 25.3.1997 zum Entwurf des KindUG zu § 652 Abs. 1 ZPO folgende Erläuterung:

„Zu § 652 ZPO

Zu Absatz 1

Die Regelung räumt den Parteien gegen den Festsetzungsbeschluss … das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ein …

Zu Absatz 2

… Als Beschwerdegründe für die Parteien ….”

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen un...

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