Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch der Antragsteller kann mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 652 ZPO nur die in dieser Vorschrift abschließend bezeichneten Einwendungen geltend machen.

2. wird nach Einleitung des vereinfachten Verfahrens vom Unterhaltspflichtigen wegen eines Teilbetrags ein Unterhaltstitel (hier: Jugendamtsurkunde) errichtet, hindert dies die weitere Durchführung des vereinfachten Verfahrens wegen des noch nicht titulierten Spitzenbetrags nicht. Erhebt der Unterhaltspflichtige diesbezüglich im weiteren Verfahren keine an der Unterhaltsfestsetzung hindernden Einwände, kann diese noch wegen der Mehrforderung stattfinden.

3. wird auf diese Weise nur ein Spitzenbetrag festgesetzt, ist wie bei der Tenorierung einer Zusatzklage zu verfahren.

 

Verfahrensgang

AG Zweibrücken (Aktenzeichen 1 FH 3/99)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Amtsgericht zurückverwiesen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500 DM (12 × 125 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin hat im vereinfachten Verfahren zunächst am 24. März 1999 Festsetzung des Unterhalts in Höhe von 150 % des Regelbetrags der dritten Altersstufe beantragt. Nachdem sich der Antragsgegner am 2. August 1999 durch Jugendamtsurkunde zur Zahlung eines Teils des verlangten Unterhalts verpflichtet hatte – neben Rückständen zu 110,5 % des Regelbetrags abzüglich 125 DM kindbezogener Leistungen – hat die Antragsstellerin ihren Antrag im Umfang des durch Jugendamtsurkunde titulierten Unterhalts zurückgenommen und verlangt neben einem Unterhaltsrückstand für März 1999 nur noch weitere 39,5 % des Regelbetrags der dritten Altersstufe. Der daraufhin nochmals angehörte Antragsgegner hat dagegen Einwendungen nicht erhoben. Im Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 9. Dezember 1999 hat das Familiengericht für März 1999 den rückständigen Unterhalt auf 198 DM sowie den laufenden Unterhalt für die Zeit vom 1. April 1999 bis zum 30. Juni 1999 auf 323 DM abzüglich 125 DM kindbezogener Leistungen und für die Zeit seit 1. Juli 1999 auf 39,5 % des Regelbetrags der dritten Altersstufe abzüglich 125 DM kindbezogener Leistungen festgesetzt. Wegen des nochmaligen Abzugs kindbezogener Leistungen und weil aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss nicht hervorgehe, dass eine weitere Unterhaltsverpflichtung aus einer anderen Urkunde bestehe, hat die Antragstellerin gegen den ihr nicht förmlich zugestellten Beschluss einen als Erinnerung bezeichneten Rechtsbehelf eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Rechtsbehelf der Antragstellerin ist gemäß § 652 ZPO i.V.m. § 11 RpflG zulässig. Er ist als sofortige Beschwerde im Sinne der erstgenannten Vorschrift auslegbar und als solche statthaft. Die sofortige Beschwerde ist auch dem Antragsteller im vereinfachten Verfahren eröffnet, dessen Antrag zulässig im Sinne von § 646 ZPO ist, sofern dieser eine Einwendung im Sinne von § 652 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 648 Abs. 1 ZPO hat (vgl. BT-Drucksache 13/7338, S. 42 zu § 652 Abs. 2). Zwar kann im erstinstanzlichen Verfahren nur der Antragsgegner solche Einwendungen erheben. Deren unrichtige Behandlung bei der Unterhaltsfestsetzung kann aber, abgesehen von der Einwendung, dass höherer Unterhalt als beantragt festgesetzt worden ist (Nr. 3 b), auch den Antragsteller beschweren (vgl. FamRefK-Bäumel, § 652 ZPO, Rdn. 5; a.A. Zöller-Philippi, ZPO, § 652, Rdn. 3). Aus § 652 ZPO ergibt sich daher auch die Beschwerdeberechtigung des Antragstellers (vgl. BT-Drucksache 13/7338, zu § 652 Abs. 1). Dagegen betrifft § 646 Abs. 2 ZPO nur den Fall der Anfechtung der einen Antrag als unzulässig behandelnden Entscheidung.

Allerdings wäre die Rüge, dass ein Hinweis auf die Titulierung des Unterhalts gemäß der Jugendamtsurkunde fehle, als eine Einwendung im Sinne von § 648 Abs. 1 ZPO unzulässig.

Nach der Verpflichtung des Antragsgegners in besagter Urkunde, betrieb die Antragstellerin das vereinfachte Verfahren ausdrücklich nur noch wegen des nicht titulierten Spitzenbetrags weiter. Das war zulässig. Zwar findet das vereinfachte Verfahren nicht statt, soweit über den Unterhaltsanspruch des Kindes ein Gericht entschieden hat, ein gerichtliches Verfahren anhängig oder ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel errichtet worden ist (§ 645 Abs. 2 ZPO). Dazu mag es auch genügen, dass nur ein Teil des Anspruchs tituliert worden ist (vgl. Göppinger/Wax-van Els, Unterhaltsrecht, Rdn. 2170). Im maßgeblichen Zeitpunkt – das ist die Einleitung des vereinfachten Verfahrens – war dies aber noch nicht geschehen. Ein erst während des Verfahrens freiwillig errichteter Schuldtitel steht der Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht entgegen (vgl. Göppinger/Wax-van Els a.a.O.; Heiß/Heiß-Born, II, 22. Kap., Rdn. 434; Gerhardt FuR 1998, 145). Lediglich kann in diesem – wie auch sonst bei einer Unterhaltszusatzklage...

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