Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgangsverfahren: Anfechtbarkeit einer gerichtlichen Anordnung bezüglich der Teilnahme der Kindesmutter an der psychologischen Behandlung ihres Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Eine gerichtliche Anordnung, mit der die Kindesmutter verpflichtet wird, an einer psychologischen Behandlung des betroffenen Kindes, mit dem Ziel der Anbahnung einer Umgangsregelung mit dem Vater, teilzunehmen, berührt erheblich ihr Persönlichkeitsrecht, ist anfechtbar und grundsätzlich aufzuheben.

 

Normenkette

BGB § 1684

 

Verfahrensgang

AG Zeitz (Beschluss vom 17.06.2008; Aktenzeichen 6 F 410/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kindesmutter und Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Zeitz vom 17.6.2008 (Az.: 6 F 410/07) zu Nr. 1, 2 und 4 des Beschlusstenors aufgehoben.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde der Kindesmutter gegen die unter Nr. 1, 2 und 4 des Tenors des Beschlusses des AG - FamG - Zeitz vom 17.6.2008 getroffenen Entscheidungen ist zulässig (§§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621a Abs. 1 S. 1 ZPO, §§ 64 Abs. 3, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 FGG). Mit ihrem Rechtsmittel wendet sich die Kindesmutter gegen eine im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangene Zwischenentscheidung, die in ihre Rechte eingreift, denn ihr wird die Teilnahme an einer psychologischen Behandlung des betroffenen Kindes abverlangt. Sie hat daher ein Anfechtungsrecht.

Das Rechtsmittel ist auch begründet, denn die Kindesmutter wendet sich zu Recht gegen die gerichtliche Anordnung der Teilnahme an einer psychologischen Behandlung des betroffenen Kindes mit dem Ziel einer Anbahnung einer Umgangsregelung für den Kindesvater. Zwar unterliegt die Kindesmutter gem. § 1684 Abs. 2 BGB einer Wohlverhaltenspflicht, aus der auch Handlungspflichten folgen können. Diese gehen allerdings nicht so weit, dass den Kindeseltern ein Handeln abverlangt werden darf, das - wie die Teilnahme an psychologischen Behandlungen - in erheblicher Weise ihr Persönlichkeitsrecht berührt (OLG Nürnberg FamRZ 2006, 1146; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1682 unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung).

Weil es sich bei der Entscheidung im Umfang ihrer Anfechtung lediglich um eine Zwischenentscheidung handelt, wird das AG nunmehr dem Verfahren Fortgang zu geben haben.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 KostO; 13a Abs. 1 FGG.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 KostO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2094046

FamRZ 2009, 796

FPR 2009, 192

ZKJ 2009, 129

OLGR-Ost 2009, 253

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