Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzanspruch, Berufung, Anspruch, Haftung, Klage, Vorsatz, Form, Nachweis, Brandschutz, Rechtsprechung, Stellungnahme, Gesundheit, Erwerb, Einsatz, Gelegenheit zur Stellungnahme, nicht ausreichend, technische Vorschriften

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 20.03.2020; Aktenzeichen 6 O 2379/19)

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 01.12.2020; Aktenzeichen 28 U 2517/20)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.03.2020, Az. 6 O 2379/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

I. Urteil des Landgerichts

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs, eines am 23.5.2016 erworbenen gebrauchten Mercedes Benz GLK 220 CDI, ausgestattet mit einem Dieselmotor des Typs OM 651, auf Schadensersatz in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Ein Anspruch aus § 311 Abs. 3 BGB wegen Inanspruchnahme besonderen Vertrauens bestehe nicht, da die Beklagte lediglich die Herstellerin des Fahrzeugs sei.

Einen Anspruch aus § 826 BGB verneinte das Landgericht, da es keine sittenwidrige Schädigung zu erkennen vermochte.

Es liege keine "echte Abschalteinrichtung" vor, die diesbezügliche Behauptung des Klägers sei ins Blaue hinein erfolgt, ein Sachverständigengutachten sei hierzu nicht zu erholen. Der unstreitige Umstand, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug eine Software verbaut sei, die ein sog. "Thermofenster" reguliere, genüge nicht für die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung. Zudem habe der hierfür beweisbelastete Kläger den notwendigen Vorsatz der Beklagten nicht nachgewiesen.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bestehe nicht, da der Kläger den Vorsatz der Beklagten nicht darzulegen und zu beweisen vermocht habe und im Übrigen auch keine Täuschung des Klägers.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 12, 18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG, §§ 4, 6, 25, 27 EG-FGV sowie Art. 5 VO (EG) 715/2007 scheitere daran, dass diese Normen keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellten.

Ebenso wenig bestehe ein Anspruch aus § 831 BGB i.V.m. § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB, da der Kläger einen Schädigungsvorsatz der Verrichtungsgehilfen der Beklagten weder dargelegt noch bewiesen habe.

II. Berufung des Klägers

Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge im Wege der Berufung weiter.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der Kläger gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch insbesondere aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826, 249 ff BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV und i.V.m. § 263 StGB sowie gem. §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB sowie aus § 831 BGB.

Der Kläger vertritt insbesondere die Auffassung, dass entgegen der Ansicht des Landgerichts der Einsatz einer temperaturabhängigen Motorsteuerung, mithin des "Thermofensters" die Haftung der Beklagten begründe.

Auf die Einzelheiten der Berufungsbegründung wird Bezug genommen.

III. Einschätzung des Senats

Die Berufung des Klägers hat keine Erfolgsaussichten.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers besteht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt.

1. Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung fest, wonach die Verwendung eines Thermofensters grundsätzlich keine Haftung aus § 826 BGB begründet. Auf den Hinweis im Verfahren 28 U 1101/20 wird Bezug genommen, der auszugsweise wie folgt lautet:

Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, inwieweit der objektive Tatbestand des § 826 BGB, der eine objektive sittenwidrige Schädigungshandlung erfordert, verwirklicht sein soll ...

Das Wesen öffentlich-rechtlicher Vorgaben in Form von Beschränkungen ist es, Individualrechtsgüter zu schützen oder politische Wertungsentscheidungen umzusetzen. Folgte man dem Vortrag des Klägers, würde nahezu jeder Verstoß den objektiven Tatbestand einer sittenwidrigen Schädigung verwirklichen. Überwiegend schützen Herstellervorgaben, DIN Vorschriften oder technische Regelwerke wie der Brandschutz, Wasserschutz, Deklarationspflichten bei Lebensmitteln das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die Gesundheit. Die Rechtsprechung nimmt aber, anders als der Kläger, nur ausnahmsweise bei Verletzungen dieser Vorgaben - die fast immer wirtschaftliche Hintergründe haben - eine sittenwidrige Schädigung an. Nach der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Verwerflichkeitsformel ist ein Normverstoß nicht ausreichend, sondern es müssen weitere erhebliche Umstände hinzutreten. Das ist stimmig, da - je konkreter Schutzvorschrift...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge