Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz, Berufung, Kaufvertrag, Kaufpreis, Bescheid, Annahmeverzug, Fahrzeug, Anspruch, Ermessen, Anerkennung, Kostenerstattung, Berechnung, Pkw, Anmeldung, Zug um Zug, Ermessen des Gerichts, VW Touran

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 06.08.2020; Aktenzeichen 5 O 3359/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 06.08.2020, Az. 5 O 3359/19, aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, Zug-um-Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Volkswagen Touran mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ...929 an die Klagepartei 13.360,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2020 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.029,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2020 zu erstatten.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziff. 2 dieses Urteils genannten Zug-um-Zug-Leistung in Verzug befindet.

5. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen und wird die Berufung zurückgewiesen.

6. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klagepartei 37% und die Beklagte 63%.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

8. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatz im Rahmen des "Diesel-Skandals".

Die Klagepartei schloss am 25.03.2015 mit einem Dritten einen Kaufvertrag über einen Pkw VW Touran, Fahrzeug-Identifizierungsnummer ...929, mit einem Dieselmotor EA 189 und einem Kilometerstand von 69.900 km zu einem Kaufpreis von 21.200 EUR (Anlage K1).

Die Beklagte ist Entwicklerin und Herstellerin des in dem Fahrzeug verbauten Dieselmotors EA 189. In dem Fahrzeug des Klägers wie auch in anderen Fahrzeugen mit demselben Motortyp wurde eine Software eingesetzt, die zwei unterschiedliche Betriebsmodi zur Steuerung der Abgasrückführung kennt. Im Modus 1, der im unter Laborbedingungen festgelegten Fahrzyklus (NEFZ) aktiviert wird, kommt es zu einer erhöhten Abgasrückführung und damit zu einem reduzierten Schadstoffausstoß. In diesem Modus halten die Fahrzeuge mit einem entsprechenden Motor die Vorgaben des NEF-Zyklus ein. Unter normalen Bedingungen im Straßenverkehr ist hingegen der Modus 0 aktiv, in dem es zu einer verringerten Abgasrückführung und einem um ein Vielfaches erhöhten Schadstoffausstoß kommt.

Die EG-Typgenehmigung hatte die Beklagte beim Kraftfahrtbundesamt beantragt. Das Kraftfahrtbundesamt hat mit Bescheid vom 15.10.2015 festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 die nach Art. 9f. der RL 2007/46/EG unzulässigen Einrichtungen zu entfernen. Die Klagepartei hat das Fahrzeug mit einer kostenfrei von der Beklagten bereitgestellten Programmaktualisierung (Software-Update) nachrüsten lassen, die dazu führt, dass sich das Fahrzeug durchgängig im Modus 1 befindet. Die zuständige Behörde hat die Programmaktualisierung freigegeben.

Die Klagepartei hat am 13.02.2019 (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2020, Bl. 206R d.A.) ihre Ansprüche zur Eintragung in das Klageregister für die am 01.11.2018 eingereichte und der Beklagten am 12.11.2018 zugestellte Musterfeststellungsklage angemeldet; am 27.09.2019 (vgl. Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 04.08.2021, Bl. 276 d.A.) hat sie ihre Anmeldung zurückgenommen.

Die Klagepartei hat die Beklagte vorgerichtlich auf Anerkennung ihres Anspruchs auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie hat die Klageschrift am 08.12.2019 beim Landgericht eingereicht; zugestellt wurde die Klageschrift am 13.01.2020.

Die Klagepartei trägt vor, die Beklagte habe - mit Wissen ihres Vorstandes - das Aggregat im Pkw der Klagepartei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet; ihr stünden daher Schadensersatzansprüche unter anderem aus §§ 826, 31 BGB zu. Auch das Software Update enthalte eine illegale Abschalteinrichtung.

Die Klagepartei beantragte daher in erster Instanz wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Marke Volkswagen, Typ Touran, Fahrzeug-Identifizierungsnummer ...929 an die Klagepartei ein Betrag in Höhe von 21.200,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jährlichen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Zinsen in Höhe von 4% aus 21.200 EUR seit dem 25.03.2015 bis zum Beginn der Rechtshängigkeit zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der im Klageantrag zu 1) genannten Zug-um-Zug-Leistung in Annahmeverzug befindet.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1789,76 EUR neben Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte beantragte

Klageabweisung.

Die Beklagte behauptete erstinstanzlich, das Fahrzeug verfüge ni...

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