Entscheidungsstichwort (Thema)

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Leitsatz (amtlich)

Ist ein Zeuge im Berufungsverfahren über eine einstweilige Verfügung nicht präsent und steht er deshalb als Beweismittel nicht zur Verfügung, so führt das nicht dazu, dass das Berufungsgericht an die nicht bindenden Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ausnahmsweise doch gebunden wäre; vielmehr kann dann das Berufungsgericht die Neufeststellungen nur auf die ihm im Übrigen vorliegenden Erkenntnisquellen, insbesondere die Niederschrift der Vernehmung des Zeugen im ersten Rechtszug, stützen und muss diese in eigener Verantwortung darauf überprüfen, ob sie ihm den erforderlichen Grad der Gewissheit, die entsprechende Tatsachenbehauptung sei richtig, zu vermitteln vermögen.

 

Normenkette

ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1; UWG § 7 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 25.08.2016; Aktenzeichen 1 HK 01485/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des LG Augsburg vom 25.8.2016 aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen und von dem Gericht festzusetzenden Ordnungsgelds von 5,00 EUR bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am vertretungsberechtigten Organ, untersagt, zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr Verbraucher zu Werbezwecken telefonisch anzurufen und/oder anrufen zu lassen, wie erfolgt mit einem Telefonanruf am 4.4.2016, ohne dass diese vorher ausdrücklich eingewilligt haben.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin vertreibt Strom und Gas und vermittelt Verträge zum Kauf von Strom und Gas. Auch die Antragsgegnerin vermittelt - im Wege des telefonischen Direktmarketings Stromlieferverträge.

Die Antragsgegnerin erhielt von der F. GmbH persönliche Daten der Zeugin W., einer bei der Antragstellerin beschäftigten Rechtsanwältin, insbesondere die Nummer deren privat genutzten Mobiltelefons. Am 4.4.2016 rief ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin die Zeugin unter dieser Nummer an und bewarb ein Drittunternehmen als Stromlieferant, um die Zeugin zum Abschluss eines entsprechenden Stromliefervertrags zu bewegen.

Auf am 4.5.2016 eingegangenen Antrag hat das LG der Antragsgegnerin mit einer im Beschlussweg ergangenen einstweiligen Verfügung verboten, zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr Verbraucher zu Werbezwecken telefonisch anzurufen oder anrufen zu lassen, wie erfolgt mit einem Telefonanruf am 4.4.2016, ohne dass diese vorher ausdrücklich eingewilligt hätten.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.

Sie trägt vor, die Zeugin habe im Rahmen eines von der F. GmbH im Internet veranstalteten Gewinnspiels unter http://www.gewinne-ein-iphone.de eingewilligt, dass ihre dabei angegebenen persönlichen Daten von verschiedenen Unternehmen, darunter die Antragsgegnerin und das Drittunternehmen, für an sie gerichtete Werbung per Telefon genutzt würden. Die Verifikation der bei dem Gewinnspiel erlangten Daten erfolge im so genannten Code-IdentVerfahren. Dabei werde der laufenden Sitzung des Gewinnspielteilnehmers per Zufallsgenerator ein sechsstelliger Teilnahmecode zugewiesen, nachdem dieser seine persönlichen Daten eingegeben habe. Stimme der Teilnehmer der Übersendung dieses Codes per SMS auf sein Handy mit der angegebenen Nummer zu, so werde der Teilnahmecode über einen externen Dienstleister - im Streitfall die X. Ltd, Düsseldorf - an die angegebene Handynummer übersandt. Der Teilnehmer müsse dann den Code in das weiterhin geöffnete Browserfenster des Gewinnspiels eingeben; nur wenn das Browserfenster nicht zwischenzeitlich geschlossen worden sei, könne die Verifikation durchgeführt werden. Die Eintragung und Verifikation der Daten der Zeugin W. sei am 14.1.2016 um 12:04 Uhr erfolgt. Die Daten der Zeugin W. seien der F. GmbH vor der Eintragung im Gewinnspiel am 14.1.2016 nicht bekannt gewesen.

Nach mündlicher Verhandlung, in der unter anderem die Zeugin W. vernommen worden war, hat das LG die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf deren Erlass zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug und beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen und von dem Gericht festzusetzenden Ordnungsgelds von 5,00 EUR bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen arn vertretungsberechtigten Organ, zu untersagen, zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr Verbraucher zu Werbezwecken telefonisch anzurufen und/oder anrufen zu lassen, wie erfolgt mit einem Telefonanruf am 4.4.2016, ohne dass diese vorher ausdrücklich eingewilligt haben.

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