Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der Geschäftsgebühr nach RVG bei Verkehrsunfallsachen; 1,3 als Regelgebühr

 

Normenkette

RVG § 14; RVG-VV Nr. 2400

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 25.01.2006; Aktenzeichen 6 O 4412/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten vom 17.3.2006 gegen das Endurteil des LG Traunstein vom 25.1.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 2.312,60 EUR.

 

Gründe

I. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat nach einhelliger Überzeugung des Senats in der Sache keine Aussicht auf Erfolg und ist deshalb, da die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordert, gem. § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zurückzuweisen.

1. Zur Begründung wird zunächst gem. § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden vorn 22.5.2006 Bezug genommen.

Im Hinblick auf die sorgfältige und umfangreiche Stellungnahme des Berufungsführers vom 6.7.2006 ist ergänzend folgendes zu bemerken:

a) Soweit die Berufung eine fehlende Festlegung des Unfallortes im Ersturteil in dem Kreuzungsbereich moniert, ist dies nicht zielführend, weil es eine derartige Kreuzung nicht gibt, vielmehr im Unfallbereich die beiden untergeordneten Straßen, aus denen die Unfallparteien gekommen sind, V-förmig von rechts in die bevorrechtigte ... einmünden.

Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt auch bei Verkehrsunfällen Geschehensabläufe voraus, bei denen sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um Tatbestände handeln, für die nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist (BGH NJW 1996, 1828; VersR 1959, 518 [519]; VersR 1986, 343 [344]; VersR 1991, 195). An der Grundlage des Anscheinsbeweises, der Typizität des Geschehensablaufes fehlt es jedoch im vorliegenden Fall, da auch die Beklagte zu 1) im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen aus einer untergeordneten Straße in die bevorrechtigte Straße eingefahren ist und sie deshalb möglicherweise nach den zutreffenden Feststellungen des Sachverständigen ... für die Zeugin ... bei deren Einfahrt in die ... nicht zu sehen war.

Die zitierte Entscheidung des BVerfG ist auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da dort ohne erneute Vernehmung von Zeugen durch das Berufungsgericht von der Beweiswürdigung des Erstgerichts abgewichen worden war. Hier folgt der Senat der Beweiswürdigung des LG wie bereits unter 2. a) der Verfügung des Vorsitzenden vom 22.5.2006 ausgeführt wurde.

b) Gleiches gilt für die Dauer der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs und die Höhe der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die im angefochtenen Urteil zutreffend berechnet wurden.

aa) Die Rechtsanwaltskosten können natürlich wie bereits angefallene Sachverständigenkosten oder geschätzte Reparaturkosten in diesem Schadensersatzprozess geltend gemacht werden.

aaa) Nach § 249 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB sind diejenigen adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten in Form vorprozessualer, nicht anrechenbaren Anwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGHZ 30, 154 [157 f.]; 39, 73 [74]; 127, 348; BGH NJW 1970, 1122; 1986, 2243 [2245]; 2004, 444 [446]; 2006, 1065; KG VRS 106 [2004] 356 [357 f.]; LG Bonn AGS 2006, 19 = NJW 2005, 1873 [1874] = NZV 2005, 583 [585]; Nixdorf VersR 1995, 257 ff.; Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl. 2000, Rz. 289-292; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, 2003, § 249 Rz. 75; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 12 StVG Rz. 50 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 249 Rz. 38 und insb. 39 m.w.N.); gleiches gilt im Übrigen etwa auch für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Unterhaltssachen (OLG München NJW-RR 2006, 650 für den Unterhaltsprozess).

Als erforderlich sind die nach dem Urteil begründeten Forderungen anzusehen (BGHZ 39, 73 [74]; BGH NJW 1970, 1122 [1123 m.w.N.]; LG Bonn AGS 2006, 19 = NJW 2005, 1873 [1874] = NZV 2005, 583 [585]; Bamberger/Roth/Grüneberg a.a.O.; a.A. wohl BGHZ 30, 154 [157 f.] und ausdrücklich Chemnitz NJW 1963, 1303 [1305]).

bbb) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass in dem Fall, dass das Gericht nur einen Teil der Ansprüche für gerechtfertigt hält und sich die geltend gemachten vorprozessualen, nicht anrechenbaren Anwaltskosten sonach als übersetzt erweisen, der Schadensersatzgläubiger mangels entsprechender Rechnungsstellung die Anwaltsgebühren nicht zu entrichten habe und es deshalb an einem ersatzfähigen Schaden fehle:

  • Die Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 RVG (= § 18 BRAGO) betrifft (nur) die Einf...

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