Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 37 O 11673/14)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Mai 2015, berichtigt durch Beschluss vom 22. Juli 2015, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen, soweit sie nicht die Abweisung des Berufungsantrags Ziffer I.1.b) betrifft.

 

Gründe

A. Die Klägerin wendet sich gegen einen von der Beklagten zu 1) den Internetnutzern unentgeltlich angebotenen Werbeblocker.

Die Klägerin ist das digitale Entertainmentunternehmen der ProSiebenSat.1-Gruppe. Sie betreibt die Websites www.satl.de, www.prosieben.de, www.kabeleins.de und www.ran.de und vermarktet zahlreiche weitere Websites, unter anderem sixx.de und songtexte.com. Auf ihren Webseiten veröffentlicht sie überwiegend multimediale redaktionelle Inhalte, insbesondere Videos, Bilder und Texte. Die Webseiten sind für die Nutzer frei zugänglich. Die Klägerin erhält für das Integrieren und Veröffentlichen der Werbung von Dritten ein Entgelt und finanziert hierdurch ihr Angebot. Die Websites der Klägerin sind nahezu ausschließlich werbefinanziert. Die Höhe der von der Klägerin durch Onlinewerbung erzielten Werbeerlöse richtet sich nach der Reichweite des Mediums. Diese wird in Tausend-Kontakt-Preisen (TKP) bemessen. Ein Kontakt, auch "Ad Impression" genannt, wird dabei erst dann erzielt, wenn die Werbung im Browser des Nutzers geladen und auf der Bildschirmoberfläche auch wahrnehmbar gemacht wird.

Auf den Webseiten der Klägerin steht am Ende in einem "Footer" (Anlagen K 28, BE 64):

"Diese Website finanziert sich durch Werbung. Bitte nutzen Sie keinen Werbeblocker!"

In den Nutzungsbedingungen, auf die man über einen Link im Footer der Webseiten der Klägerin gelangt, heißt es unter § 3 (Anlage K 29, Seite 2):

"§ 3 Urheberrecht

Die über die Website von [...] angebotenen Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Ihre Nutzung unterliegt den geltenden Urheberrechten. Diese Website darf ohne Zustimmung von [...] nicht verändert, kopiert, wiederveröffentlicht, übertragen, verbreitet oder gespeichert werden. Das Material darf ausschließlich zu privaten, nichtkommerziellen Zwecken unter strikter Berücksichtigung von Urheberrechten benutzt werden ..."

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3) ist und der Beklagte zu 2) bis zum 17. Dezember 2015 war, bietet Internetnutzern die unentgeltlich herunterladbare Open-Source Werbeblocker-Software Adblock Plus (vgl. CD, Anlage A; Quelltext Anlage K 3) an, die der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Webseite dient. Adblock Plus ist als Browsererweiterung für die Browser Mozilla Firefox, Google Chrome, Internet Explorer, Opera und Android erhältlich und muss für jeden Browser einzeln installiert werden. Diese Software besitzt selbst keine eigene Filter-Funktionalität; um Onlinewerbung zu blockieren, muss sie mit Vorgaben dazu ergänzt werden, welche Werbeinhalte blockiert werden sollen. Diese Vorgaben sind in sogenannten Filterlisten ("Blacklists") enthalten. Der Nutzer kann grundsätzlich selbst entscheiden, welche Filterregeln er anwenden möchte. Bei der Installation von Adblock Plus sind standardmäßig die von der Beklagten zu 1) bereitgestellte allgemeine Blacklist ("Easylist") und eine auf die jeweilige Sprache des Nutzers zugeschnittene Blacklist, in Deutschland die "Easylist Germany", voreingestellt (vgl. Anlagenkonvolut K 4).

Adblock Plus ergänzt den vom Anwender genutzten Browser dahingehend, dass werbebezogene Informationen nicht mehr beim Nutzer angezeigt werden. Typischerweise werden Informationsinhalte vom Content-Server der Klägerin, Werbeinhalte hingegen von sogenannten Adservern abgerufen, die vom Server der Klägerin unabhängig sind und Internetadressen haben, die sie als Adserver erkennbar machen. In den Browserfenstern werden Informationen und Werbeinhalte als einheitliches Webseitenangebot dargestellt. Adblock Plus beeinflusst den Zugriff des Browsers auf der Nutzerseite dahingehend, dass nur noch Dateien von den Content-Servern, nicht dagegen Dateien von den Adservern abgerufen werden. Neben dieser vollständigen Blockade des Ausspielens von Werbung durch Verhinderung des Abrufs von Adservern ist Adblock Plus auch in der Lage, Werbung, die von einem nicht als solchen erkennbaren Adserver oder vom Content-Server der Klägerin (Eigenwerbung) ausgespielt wird, nach dem Laden im Browser des Nutzers aufgrund bestimmter Charakteristika (z. B. Bannergröße) zu erkennen und erst zu diesem Zeitpunkt Werbung im Wege des sogenannten "element hiding" zu verstecken bzw. auszublenden. Zwischen den Parteien ist im Einzelnen streitig, ob Adblock ...

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