Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 03.11.2010; Aktenzeichen 9 O 24807/09)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 03.11.2010, Az. 9 O 24807/09, wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, die Witwe des am 07.10.2006 verstorbenen, gesetzlich krankenversicherten Patienten Alfred B., verlangt vom Beklagten die Rückzahlung bereits beglichener Arztrechnungen, den Ersatz von Zahlungen an (vom Beklagten eingeschaltete) Arztpraxen sowie die Feststellung, dass kein weiteres Honorar geschuldet werde.

Am 07.07.2004 wurde beim Patienten ein Rektumkarzinom diagnostiziert. Nachdem sämtliche klassischen therapeutischen Behandlungsmethoden erschöpft waren und aus schuldmedizinischer Sicht nur noch eine palliative Versorgung in Betracht kam, begab sich der Patient am 30.08.2006 in die Praxis des Beklagten, um sich über Möglichkeiten und Chancen alternativer Behandlungsmethoden zu erkundigen.

Das Rektumkarzinom befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Endstadium und hatte eine Lymphknotenbeteiligung sowie eine Metastasierung in Leber und Lunge nach sich gezogen.

Dem Patienten wurden vom Beklagten und den von ihm hinzugezogenen Ärzten für den Zeitraum vom 30.08.06 bis 15.09.06 für Leistungen ein Gesamtbetrag von 6.906,44 € in Rechnung gestellt (Anlagen K 3 a - 3 g). Abgesehen von der Liquidation von 26.09.2006 (Anlage K 3 c) in Höhe von 1.234,94 € übernahm die Klägerin die Begleichung der Rechnungen. Die Krankenkasse des Patienten lehnte mit Schreiben vom 20.10.06 und 31.10.06 eine Rückerstattung der verauslagten Beträge ab.

Zwischen den Parteien wurde im Jahr 2008 ein Vorprozess über die Herausgabe der Patientendokumentation geführt. Der Beklagte wurde mit rechtskräftigem Senatsurteil vom 09.10.2008 zur Offenbarung der Dokumentation gegenüber der Klägerin verurteilt (Az. 1 U 2500/08).

Die Klägerin, die die Klage auf eigenes und auf abgetretenes Recht der Erbengemeinschaft stützt, hat geltend gemacht, der Beklagte habe ihrem Ehemann eine Besserung seiner Beschwerden bis hin zur möglichen Genesung durch eine von ihm entwickelte Eigenblutbehandlung in Aussicht gestellt. Er habe dem Patienten, der nur noch eine kurze Lebenserwartung gehabt habe, unter Hinweis auf wissenschaftliche Studien unrealistische Hoffnungen auf Heilungschancen gemacht. Tatsächlich handele es sich bei dem vom Beklagten angewendeten Verfahren um eine umstrittene, wissenschaftlich nicht anerkannte Methode, von der nach derzeitigen Erkenntnissen keinerlei therapeutische Wirkung zu erwarten sei. Eine Besserung oder gar Genesung des Patienten sei durch die Therapie ausgeschlossen oder zumindest gänzlich unwahrscheinlich. Die Behandlung, deren Durchführung abgesehen von der Erstuntersuchung mit Nichtwissen bestritten werde, sei gänzlich unbrauchbar und nicht indiziert gewesen. Der Beklagte müsse deshalb die verauslagten Kosten tragen und könne kein weiteres Honorar beanspruchen.

Die Klage werde zudem auf den Vorwurf mangelnder wirtschaftlicher Aufklärung gestützt. Der Beklagte habe den Patienten bzw. seine Angehörigen pflichtwidrig nicht darauf aufmerksam gemacht, dass die Behandlungskosten nicht von der Krankenkasse übernommen würden. Vielmehr habe der Beklagte versichert, dass eine Kostenübernahme seitens der Krankenkasse erfolge, obwohl er gewusst habe, dass diese aller Voraussicht nach eine Kostenerstattung ablehnen werde.

Wäre der Patient ordnungsgemäß vom Beklagten informiert worden, hätte er von einer Behandlung durch den Beklagten Abstand genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.671,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz aus einem Betrag in Höhe von 4.849,73 € seit dem 04.12.06, im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die angefallenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Nebenforderung in Höhe von 827,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung jener Leistungen hat, die im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung von Alfred B. in der Zeit von 30.08.2006 bis zum 27.09.2006 von ihm erbracht und mit Liquidation vom 26.09.06 in Rechnung gestellt wurden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich eingewandt, der Klägerin komme es nicht auf die Erstattung der gezahlten Behandlungskosten an, sondern nur auf den Inhalt der Patientenunterlagen. Der Beklagte werde sich zu Erkrankungsdetails des Patienten im Hinblick auf dessen zu Lebzeiten geäußerten Wunsch, hierüber Dritten nichts zu offenbaren, nicht äußern. Im Übrigen habe der Beklagte beim Erstgespräch gegenüber dem Patienten und seinen Familienangehörigen keine Gene...

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