Entscheidungsstichwort (Thema)

Herausgabe eines Grundstücks an Nacherben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch eine Teilunentgeltlichkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit der das Recht der Nacherben vereitelnden Verfügung.

2. § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 BGB setzt bei der gebotenen teleologischen Auslegung voraus, dass der Nichtberechtigte den Verfügungserfolg noch schuldet und verpflichtet wäre, die von ihm vorgenommene Verfügung nach Erwerb der Rechtszuständigkeit zu genehmigen.

 

Normenkette

BGB §§ 98, 894, 2113 Abs. 1, 2 S. 1, § 2136

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 31.03.2017; Aktenzeichen 28 O 14220/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landgerichts München I vom 31. März 2017, Az. 28 O 14220/14, in Ziffer 1 und Ziffer 3 aufgehoben und wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Auflassung des Grundstücks Gemarkung A., Flurstück-Nr. ...15, M.Str. 20, Gebäude- und Freifläche, 0,187 ha, zu Eigentum der Klägerinnen als Erben zu je 1/2 Anteil in ungeteilter Erbengemeinschaft nach der am 8.06.1949 verstorbenen Margarete S., zu erklären sowie diese Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen und das vorbezeichnete Grundstück an die Klägerinnen herauszugeben Zug um Zug gegen Zahlung von EUR 306.775,12 an den Beklagten zu 1). Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Gerichtskosten tragen die Klägerinnen als Gesamtschulder 30%, der Beklagte zu 1) 65% und der Beklagte zu 2) 5%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen trägt der Beklagte zu 1) 65%. Die Klägerinnen tragen als Gesamtschuldner von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) 30%. Der Beklagte zu 2) trägt von den außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen 5%. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen als Gesamtschuldner 34%, der Beklagte zu 1) 66%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen trägt der Beklagte zu 1) 66%. Die Klägerinnen tragen als Gesamtschuldnerinnen von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) 34%. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Beklagte zu 1) trägt als Rechtsnachfolger des Beklagten zu 2) und Nebenintervenient keine Gerichtskosten und keine außergerichtlichen Kosten einer anderen Partei.

IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts ist im Umfang seiner Aufrechterhaltung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung des Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 600.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Verfahren wird - auch in Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses vom 21. Juli 2017 - bis 18. November 2014 auf EUR 1.005.000,00 und ab 19. November 2014 auf EUR 905.000,00 festgesetzt. Der Teilstreitwert im Verhältnis zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten zu 1) beträgt unverändert EUR 900.000,00, der Teilstreitwert im Verhältnis zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten zu 2) bis zur Teilerledigterklärung am 18. November 2 015 EUR 105.000,00, ab 19. November 2 014 EUR 5.000,00.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen begehren als Nacherbinnen Grundbuchberichtigung und Herausgabe eines Grundstücks.

Die Klägerinnen sind die Urenkelinnen der am 8. Juni 1949 verstorbenen Margarete S. Diese ist von ihren Enkeln Isabella G. und Georg G., dem Vater der Klägerinnen, je zur Hälfte beerbt worden aufgrund Testaments vom 2. Juli 1946 (K 1). Nach diesem Testament sollte jeder der beiden Erben zugleich Nacherbe des anderen werden, falls dieser keine Nachkommen hatte; andernfalls sollten die Nachkommen Nacherben sein. Die beiden Vorerben waren von allen Beschränkungen, soweit rechtlich möglich, befreit. Mit Vertrag vom 7. August 1958 (K 5) setzten sich die beiden Vorerben dergestalt auseinander, dass Isabella G. das Grundstück FlNr. ...13 mit 0,0969 ha und Georg G. das (teilweise) streitgegenständliche Grundstück FlNr. ...15, M. Str. 20, mit 0,2647 ha erhielt.

Die Ehe von Georg G. mit der Mutter der Klägerinnen, Katharina G., wurde am 16. April 1991 geschieden. Am 19. Oktober 2004 heiratete Georg G. Renate T., die zuvor mit dem - im Laufe des Berufungsverfahrens am 29. Januar 2018 verstorbenen - Beklagten zu 2) verheiratet gewesen war. Der Beklagte zu 1) ist der Sohn des Beklagten zu 2) und der Renate T.

Ein zur Vorbereitung der Scheidung der Eheleute G. eingeholtes Verkehrswertgutachten (K 6) wies für das Grundstück M. Str. 20 zum Stichtag 12. Juli 1989 einen Wert von DM 1,4 Mio. aus. Mit notariellem Kaufvertrag vo...

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