Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Gesellschaftsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Wirksamkeit einer gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklausel im GmbH-Recht.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 164; GG Art. 1f

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 19.06.2000; Aktenzeichen 11 HKO 1988/00)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.6.2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000,– DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,– DM.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 700.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Abfindungsanspruch.

Der Kläger war seit Gründung der Beklagten am 22.11.1988 Gesellschafter mit einer Stammeinlage von 22.500,– DM und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Weitere Gesellschafter waren … mit einer Stammeinlage von 5.000,– DM und … mit einer Stammeinlage 22.500,– DM; … war neben dem Kläger ebenfalls alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Die Beklagte wurde als Nachfolgerin der seit. 1956 bestehenden und vom Gesellschafter … betriebenen … gegründet, weil sich … aus Altersgründen aus der Geschäftstätigkeit zurückziehen wollte; der Kläger und … waren … zum Gründungszeitpunkt Mitarbeiter der …. Letztere verpachtete mit Pachtvertrag vom 12.10.1988 den gesamten Geschäftsbetrieb für 15 Jahre an die Beklagte. Im Gesellschaftsvertrag der Beklagten heißt es unter anderem:

„§ 11 Einziehung, Übertragung von Geschäftsanteilen

Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist zulässig.

Eine Zustimmung des betroffenen Gesellschafters ist nicht erforderlich, wenn … der Gesellschafter nach § 10 kündigt… In allen Fällen der Einziehung und Übertragung erhält der Betroffene ein Entgelt nach Maßgabe des § 12

§ 12 Bewertung und Abfindung

In allen Fällen der Einziehung oder der Übertragung des Geschäftsanteils … ist dem ausscheidenden Gesellschafter ein Abfindungsentgelt zu zahlen, das dem Wert des Geschäftsanteils, höchstens jedoch dem Doppelten der einbezahlten Stammeinlage entspricht.”

Für die übrigen Bestimmungen wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 22.11.1998 – K 1 – Bezug genommen. Die Bilanzsumme zum 1.1.1989 betrug 50.150,71 DM; die Bilanzsumme zum 31.12.1998 4.382.917,86 DM.

Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 25.6.1998 gemäß § 10 des Gesellschaftsvertrages die Gesellschaft zum 31.12.1998 und seinen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer; sein Amt als Geschäftsführer legte er zum 31.12.1998 nieder. Die Gesellschaft wurde mit den verbliebenen Gesellschaftern fortgesetzt; laut Gesellschafterbeschluß vom 15.1.1999 sollte der Geschäftsanteil des Klägers auf den Gesellschafter … übertragen werden. Einer entsprechend vorbereiteten Geschäftsanteilsabtretung hat der Kläger bisher nicht zugestimmt. Der Kläger hat mit seiner Klage die erste Rate seiner Abfindung in Höhe von 697.500,– DM verlangt.

Er ist der Ansicht, die Beschränkung des Abfindungsanspruches sei sittenwidrig. Nach dem Stuttgarter Verfahren ergebe sich ein wahrer Verkehrswert für seinen Anteil in Höhe von 1,6 Mio. DM. Nach Abzug von 10% stehe ihm ein Betrag von 1.440.000,– DM zu, wovon er entsprechend dem Gesellschaftsvertrag die erste Rate in Höhe von 697.500,– DM geltend mache. Das Recht auf Abfindung gehöre zu – den Grundmitgliedsrechten eines Gesellschafters und dürfe nicht beliebig eingeschränkt werden. Im Notartermin beim Abschluß des Gesellschaftsvertrages sei er über die Abfindungsregelung nicht aufgeklärt worden, damals sei die derart positive Entwicklung der Beklagten nicht vorhersehbar gewesen. Es sei daher an eine ergänzende Vertragsauslegung zu denken. Eine Abfindungsklausel könne auch dann unanwendbar sein, wenn sich die Unverhältnismäßigkeit erst im Laufe der Entwicklung ergeben habe; die Klausel sei dann anzupassen. Selbst wenn die positive Geschäftsentwicklung vorhersehbar gewesen wäre, wäre die Klausel von Anfang an sittenwidrig und verstoße gegen § 723 III BGB, da der wahre Verkehrswert außer Verhältnis zum doppelten Nominalwert stehe, Dies gelte auch für den Fall der ordentlichen Kündigung. Der Abfindungsbetrag sei für die Beklagte auch darstellbar und finanzierbar. Für ihn habe aber ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorgelegen, weil die Beklagte es abgelehnt habe, seinen Sohn als Geschäftsführer einzustellen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und ausgeführt, die Beschränkung der Abfindung sei der Wille der Gründungsmitglieder gewesen, um in jedem Fall die Fortsetzung der Beklagten zu ermöglichen. Im Rahmen der Beurkundung sei auf Vorschlag des Notars die Regelung getroffen worden, wobei der Notar die Anwendung auch bei einer sehr guten Lage der Gesellschaft den Gesellschaftern vor Augen geführt habe. Im übrigen sei kein Substanzwert für das Unternehmen anzusetzen, weil der gesamte Betrieb n...

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