Entscheidungsstichwort (Thema)

Wer darf in einer KGaA Aufsichtsratsmitglied sein?

 

Leitsatz (amtlich)

In einer KGaA können Personen nicht Aufsichtsratsmitglieder sein, die unmittelbar oder mittelbar einen bestimmenden Einfluss auf die Willensbildung der persönlich haftenden Gesellschafterin der KGaA ausüben können. Die schlichte Beteiligung (hier 14,4 %) an einer Gesellschaft, die an der persönlich haftenden Gesellschafterin direkt oder mittelbar beteiligt ist, reicht dafür nicht aus.

Das satzungsmäßige Recht, als Inhaber einer bestimmten Namensaktie eine Person in den Aufsichtsrat der KGaA zu entsenden, darf von einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die persönlich haftende Gesellschafterin der KGaA ist, nicht ausgeübt werden.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 05.04.2002; Aktenzeichen 5 HKO 2178/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.12.2005; Aktenzeichen II ZR 291/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 5.4.2002 dahin abgeändert, dass die Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger beantragt hat festzustellen, dass Dr. D. So. bis 11.4.2002 nicht Mitglied des Organs Aufsichtsrat der Beklagten war, und i.Ü. die Klage abgewiesen wird.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 7/10 und die Beklagte 3/10.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger ist Kommanditaktionär der Beklagten, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in München. Er begehrt festzustellen, dass die Entsendung von Dr. W. Se. in den Aufsichtsrat der Beklagten rechtsunwirksam ist.

Die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse an der Beklagten (nachfolgend auch S.-KGaA genannt), die sich nach Erlass des Urteils des LG München I vom 5.4.2002 geändert haben, stellen sich folgendermaßen dar. Sie werden zur Veranschaulichung auf der Basis des von der Beklagten erstellten Organigramms (Anlage B 16) zunächst graphisch dargestellt:

Persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten sind Dr. J. K.–E., die Se. Geschäftsführungs-GmbH (nachfolgend S.-GG genannt) und die Se. Treuhand Gesellschaft mbH (nachfolgend S.-TG genannt), die eine Vermögenseinlage von anfangs ca. 38 % der Anteile an der Beklagten hielt und jetzt noch ca. 28 % dieser Anteile hält und die von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen ist. Die S.-TG ist berechtigt, die geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter in die S.-KGaA aufzunehmen, deren Rechtsverhältnisse zur Gesellschaft zu regeln, deren Gesellschafterstellung zu beenden und diesen die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen (§ 10 Nr. 3 der Satzung der S.-KGaA, Anlage K 2). Sie kann auch – mit Zustimmung der Mehrheit der geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter – selbst die Geschäftsführung der S.-KGaA übernehmen (§ 9 Abs. 2 S. 2 der Satzung der S.-KGaA). Die S.-TG hat die S.-GG, eine 100 %ige Tochtergesellschaft der S.-TG, zur Geschäftsführerin und persönlich haftenden Gesellschafterin ohne Vermögenseinlage bestimmt. Diese Einsetzung hat der Senat mit Urteil vom 19.9.2001 (OLG München, Urt. v. 19.9.2001 – 7 U 2228/01 – rechtskräftig –) als rechtmäßig angesehen.

§ 5 Abs. 2 des S.-TG-Gesellschaftsvertrages (Anlage K 4) enthält für deren Gesellschafter die Verpflichtung, die diesen zustehenden Geschäftsanteile an der S.-TG auf eine GbR zu übertragen und durch diese verwalten zu lassen. Nach § 5 Abs. 3 dieses Vertrags übernahmen die Gesellschafter – auch in ihrer späteren Verbindung als GbR – die Verpflichtung, die ihnen nach Vollzug der Umwandlung an der S.-KGaA zustehenden Komplementäreinlagen durch die S.-TG als Treuhänderin verwalten zu lassen, sich der Mehrheitsentscheidung der Treugeber zu unterwerfen und die Zuständigkeit des zu bildenden Beirats anzuerkennen und zu beachten.

Dieser bei der S.-TG zu bildende Beirat war nach § 14 des ursprünglichen Gesellschaftsvertrags der S.-TG (Anlage K 4) mit drei Mitgliedern besetzt. Zwei dieser Mitglieder waren Angehörige der S.-GbR. Ein Beiratsmandat wurde nach ständiger Übung von einer außerhalb der S.-GbR stehenden Person, zeitweise von Rechtsanwalt Dr. K., wahrgenommen.

Der Beirat hatte gem. § 14 des Gesellschaftsvertrags der S.-TG in seiner ursprünglichen Fassung (Anlage K 4) die Aufgabe, über die Ausübung der der S.-TG und ihrer Tochtergesellschaften (S.-GG) aus der Beteiligung an der S.-KGaA zustehenden Verwaltungsrechte zu entscheiden.

Der Gesellschaftsvertrag der S.-TG in seiner ab 31.7.2002 gültigen Fassung (Anlage B 21) sieht in § 14 folgende Regelungen für den Beirat vor:

1. Bei der Gesellschaft wird ein Beirat gebildet. Er hat – unter Au...

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