Verfahrensgang

LG München (Urteil vom 13.12.2018; Aktenzeichen 17 HK O 7439/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.03.2021; Aktenzeichen I ZR 203/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 13.12.2018, Az.: 17 HK O 7439/18, abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung iHv 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Vereinbarkeit vertraglicher Vereinbarungen, aufgrund derer der Gläubiger von seinen Vertragspartnern für die Nutzung von Zahlungsmöglichkeiten per Sofortüberweisung und/oder PayPal ein Entgelt verlangen kann, mit der seit 13.01.2018 geltenden Vorschrift des § 270a BGB.

Die Beklagte bietet Fernbus-Reisen an und bewirbt diese ua im Internet. Wenn ein Kunde auf der Internetseite der Beklagten eine Fernbus-Reise bucht, kann er unter vier Zahlungsmethoden wählen, nämlich EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder PayPal. Dabei erhebt die Beklagte bei den Zahlungsarten "Sofortüberweisung" und "PayPal" jeweils ein zusätzliches Entgelt, welches abhängig von der Höhe des zu zahlenden Betrages ist.

Die klagende Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sieht hierin einen Verstoß gegen § 270a BGB. Ihre Abmahnung vom 17.01.2018 blieb erfolglos.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Rahmen des Abschlusses von Verträgen für die Nutzung von Zahlungsmöglichkeiten per Sofortüberweisung und/oder PayPal ein Entgelt zu vereinbaren und/oder zu verlangen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 267,50 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 13.12.2018, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug und vertritt nach wie vor die Auffassung, dass die streitgegenständlichen Zahlungsmöglichkeiten nicht unter das in § 270a BGB enthaltene Verbot der Vereinbarung von Entgelten für dort näher geregelte Zahlungsmodalitäten subsumiert werden könnten.

Sie beantragt,

I. Das erstinstanzliche Urteil wird aufgehoben.

II. Die Klage wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2019 Bezug genommen.

B. Die zulässige Berufung ist begründet. Das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten verstößt nicht gegen § 270a BGB, so dass der Klägerin die geltend gemachten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung und Kostenerstattung nicht zustehen.

I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG prozessführungsbefugt, was die Beklagte zu Recht nicht in Abrede stellt (vgl. die Nachweise bei Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., Einl. UWG Rn. 2.45). Bestimmtheitsbedenken, die der Zulässigkeit der Klage gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entgegenstehen könnten, bestehen ebenfalls nicht, da die Umschreibung der nach Auffassung der Klägerin zu verbietenden Handlung im Antrag auch ohne Bezugnahme auf eine konkrete geschäftliche Handlung hinreichend klar zum Ausdruck bringt, für welche Arten von Zahlungsmöglichkeiten eine Vereinbarung und/oder ein Verlangen - jeweils im Rahmen des Abschlusses von Verträgen - eines Entgelts für deren Nutzung untersagt werden soll.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet, da der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG und Kostenerstattung gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht zustehen.

1. Die Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung der Zahlungsmöglichkeiten "Sofortüberweisung" und/oder "PayPal" verstößt nicht gegen § 270a BGB.

a) Nach § 270a S. 1 BGB ist eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, unwirksam. Die Vorschrift ist seit 13.01.2018 in Kraft und setzt Art. 62 Abs. 4 der RL (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt v. 25.11.2015 (Zweite ZahlungsdiensteRL) u...

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