Leitsatz (amtlich)

Das rechtswidrige, heimliche Ausspähen von E-Mails eines Geschäftspartners über längere Zeit stellt einen schweren Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar und rechtfertigt eine Geldentschädigung (hier von 5.000,00 EUR).

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 29 O 6155/16)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.10.2018 (Az. 29 O 6155/16) wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

III. Dieses Urteil sowie das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts München I sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes, weil der Beklagte seine E-Mailkorrespondenz ausspioniert habe. Der Beklagte verlangt widerklagend die Zahlung einer Vertragsstrafe, weil der Kläger gegen eine Unterlassungsverpflichtung verstoßen habe und die Unterlassung des Klägers, einen Artikel in B.-Online vom 24.01.2018 über eine beim Beklagten kurz zuvor erfolgte Taschenpfändung zu verbreiten. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Der Beklagte stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 07.12.2018, der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Von der Darstellung weiterer tatsächlicher Feststellungen wird abgesehen, da wegen des 20.000 EUR nicht überschreitenden Wertes der Beschwer der Parteien gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a ZPO; Zöller/Feskorn, 32. Aufl., § 313a Rdnr. 3).

Bei der Urteilsfällung lagen auch die beiden letzten Schriftsätze der Parteien vom 18.11.2019 und vom 27.11.2019 vor.

II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und die Widerklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

A. Das mit der Berufung angegriffene Urteil des Landgerichts München I ist wirksam, prozessordnungsgemäß zustande gekommen und verkündet. Nach dem Protokoll vom 13.09.2018 über die letzte mündliche Verhandlung vor dem Landgericht (Bl. 176 d.A.) wurde die Sitzung von RiLG O. geleitet, die auch das mit der Berufung angegriffene EU vom 04.10.2018 erlassen hat (Protokoll vom 04.10.2018, Bl. 183 d.A. mit dem Endurteil von diesem Tag (Bl. 184 ff d.A.)). Der Beklagte hielt seinen Vortag, die Sitzung vor dem Landgericht sei von einem Mann geleitet worden, zuletzt auch nicht mehr aufrecht (siehe Protokoll vom 10.07.2019, Seite 2 = Bl. 286 d.A.).

B. Zur Klage

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadenersatzes wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Höhe von 5.000,00 EUR aus §§ 823 Abs. 1, 253 BGB analog.

Der Beklagte hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt, indem er über einen längeren Zeitraum hinweg heimlich an diesen über die Adressen g....@... und gg@... gerichtete E-Mails (mit-) gelesen hat, weswegen der Kläger wegen das darin liegenden Nichtvermögensschadens eine Geldentschädigung in Höhe von 5.000,00 EUR verlangen kann.

I. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst das Recht auf Wahrung von Privat- und Intimsphäre und das Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (BeckOGK/Specht-Riemenschneider, 1.11.2019, BGB § 823 Rn. 1090; BVerfG NJW 2008, 822 - Online-Durchsuchung). Es schützt vor einem Eindringen in den persönlichen Lebensbereich sowie vor einer Ausforschung desselben (BeckOGK/Specht-Riemenschneider, 1.11.2019, BGB § 823 Rn. 1134). Die an die persönlichen E-Mailpostfächer des Klägers gerichteten Nachrichten fallen deswegen, nicht anders als Briefe, als Teil seiner individuellen Kommunikation in den Schutzbereich des (zivilrechtlichen) allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

II. Das heimliche (Mit-)Lesen von an den Kläger gerichteten E-Mails über die genannten Postfächer durch den Beklagten greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein.

Der Senat ist, wie auch das Landgericht München I, davon überzeugt, dass der Beklagte in einem Zeitraum von Januar 2013 bis Mai 2014 an den Kläger gerichtete E-Mails heimlich und ohne dessen Erlaubnis mitgelesen hat (§§ 286, 529 Abs. 1 ZPO). Die dazu getroffenen Feststellungen des Landgerichts erfolgten im Ergebnis verfahrensfehlerfrei und überzeugen. Der Senat macht sich die dort erfolgte Beweiswürdigung ausdrücklich zu neigen. Dazu ergänzend ist auszuführen:

Der Senat hat die privaten und polizeilichen Ermittlungen mit Hilfe der ergänzend vor ihm durchgeführten Beweisaufnahme zum technischen Ablauf der privaten Vorermittlungen sowie anhand der dazu vorgelegten Unterlagen nachvollzogen. Er ist danach insbesondere davon überzeugt, dass sich diverse an die Adresse gg@... gerichtete E-Mails im Zugriffsbereich des Beklagten befanden, dort aber nicht hätten auftauchen dürfen. Der Senat ist weiter überzeugt, dass der Beklagte den Zugriff auf die E-Mails des Klägers getätigt hat.

Die Zugangsdaten für den E-Mailaccou...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge