Leitsatz (amtlich)

1. Zur Anerkennung einer in Ägypten ausgesprochenen Privatscheidung (Verstoßung).

2. Das maßgebliche Recht für die Scheidung von Eheleuten, die bei Eheschließung dieselbe (hier: ägyptische) Staatsangehörigkeit besaßen, von denen ein Ehegatte im Laufe der Ehe aber die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, bestimmt sich wegen des Vorrangs der deutschen Staatsangehörigkeit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) nicht aus Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB.

 

Normenkette

BGBEG Art. 5 Abs. 1 S. 2, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, Art. 17; FamFG § 107 Abs. 1, 5

 

Verfahrensgang

OLG München

 

Tenor

Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Präsidenten des OLG München vom 28.5.2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten schlossen am 18.6.1993 vor dem geistlichen Standesbeamten im Bezirk des AG Giza (Ägypten) die Ehe.

Der Ehemann war seit Geburt ägyptischer Staatsangehöriger. Im Jahr 1990 kam der Antragsteller nach Deutschland, war aber zum Teil auch in Kairo noch freiberuflich tätig, und erwarb mit Einbürgerung am 21.8.2000 die deutsche Staatsangehörigkeit, die er seitdem - wohl ausschließlich - besitzt. Seit Geburt ist die Antragsgegnerin sowohl ägyptische als auch britische Staatsangehörige.

Der Antragsteller hat am 13.11.2009 die Scheidung dieser Ehe nach islamischem Recht ausgesprochen. Diese wurde vom Gerichtshof für Personenangelegenheiten von Abdeen (Ägypten) am 19.11.2009 bestätigt und am 21.11.2009 in der Scheidungsurkunde mit folgendem Inhalt aufgenommen:

"Es erschien Herr (= Antragsteller), sich selbst vertretend, Inhaber des nationalen Personalausweises Nr ..., ausgestellt vom Zivilmeldeamt ..., Staatsangehörigkeit des Ehemannes: Ägypter,... wohnhaft in ..., Nasr City ...

und Frau (= Antragsgegnerin) (... nicht anwesend)...

...

Am 13.11.2009 erklärte o.g. Ehemann vor beiden o.g. Zeugen die vollzogene Scheidung von seiner Ehefrau ..., die nicht in dieser Sitzung anwesend ist, gemäß der Sharieaa".

Ein Widerruf der Scheidung erfolgte binnen dreier Monate ab dem Scheidungsausspruch nicht.

Die Antragsgegnerin lebte jedenfalls seit 1995 in Deutschland sowie Mitte 2009 mit dem Antragsteller auch einige Monate in den Niederlanden. Zum Zeitpunkt der Ehescheidung war die Ehefrau in München gemeldet und lebte hier. Der Antragsteller arbeitet weiterhin als Ingenieur in den Niederlanden, die Ehefrau beim Konsulat der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Deutschland.

Der Antragsteller hat am 8.2.2010 beim Präsidenten des OLG München die Anerkennung der Ehescheidung beantragt. Die Antragsgegnerin hat sich gegen die Anerkennung ausgesprochen und bereits mit Schriftsatz vom 3.3.2010 Einwendungen erhoben, da der Antragsteller gegenüber dem Gerichtshof von Abdeen/Ägypten falsche Angaben gemacht habe, sie bei der Scheidung nicht anwesend war und davon nichts gewusst habe.

Der Präsident des OLG München hat mit Entscheidung vom 28.5.2010 festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der am 13.11.2009 ausgesprochenen, am 19.11.2009 bestätigten und am 21.11.2009 eingetragenen Ehescheidung nicht vorliegen, und den Antrag zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller. Er beantragt, die Entscheidung aufzuheben und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Ehescheidung vorliegen. Dies folge aus den Regeln des Internationalen Privatrechts, zumal beide Ehegatten zu Beginn der Ehe dieselbe Staatsangehörigkeit gehabt und in Ägypten gewohnt hätten. Es handele sich schon nicht um eine Privatscheidung, da die Verstoßung vom Gerichtshof bestätigt und eingetragen wurde. Im Übrigen sei der Lebensmittelpunkt in Ägypten anzusiedeln, da die ehemalige gemeinsame Staatsangehörigkeit, eine gemeinsame sprachliche, kulturelle und religiöse Zugehörigkeit zu Ägypten gegeben sei und zudem eine Begründung eines gemeinsamen Aufenthalts in Ägypten beabsichtigt gewesen sei. Die Antragsgegnerin arbeite im Konsulat der VAE, das exterritoriales Gebiet sei, so dass auch sie ihren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland habe.

Der Antragsgegnerin hatte Gelegenheit, sich zum gerichtlichen Antrag zu äußern.

II. Der Antrag auf Entscheidung durch das OLG München ist statthaft (§ 107 Abs. 5 FamFG) und auch im Übrigen zulässig. Er ist jedoch ohne Erfolg.

1. Es liegt eine Entscheidung i.S.v. § 107 Abs. 1 Satz 1 FamFG vor, weil die Privatscheidung unter Mitwirkung einer ausländischen Behörde, nämlich einer Registrierung durch den Gerichtshof für Personenangelegenheiten von Abdeen (Ägypten) zustande gekommen ist (Keidel/Zimmermann FamFG 17. Aufl., § 107 Rz. 19).

Soweit der Antragsteller vorbringt, die Scheidung sei nach Schlichtungsversuchen erfolgt und bestätigt sowie eingetragen, so dass es sich nicht um eine Privatscheidung handele, ist dem nicht zu folgen. Nach der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 28.2.2010 hat er die Verstoßung ausgesprochen. Selbst wenn diese durch einen Gerichtshof anerkannt wurde, handelt es sich bei der Verstoßung um eine Privatscheidung (Ebert/Hefny in Bergmann/Feri...

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