Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückführung eines Kindes. Internationale Kindesentführung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch wenn kein Vaterschaftsanerkenntnis des schottischen Vaters vorliegt, geht mit Einreichung eines Sorgerechtsantrags durch den Vater nach schottischem Recht das Sorgerecht für das nichteheliche Kind einstweilen auf das Gericht über.

2. Das anschließende Verbringen des nichtehelichen Kindes nach Deutschland ist widerrechtlich i.S. des Art. 3 HKÜ.

3. Der Rückführungsantrag kann auch von dem Vater des nichtehelichen Kindes gestellt werden.

4. Bringt die Mutter auf Grund einer Zwischenvereinbarung das entführte nichteheliche Kind fristgerecht an den bisherigen Aufenthaltsort in Schottland zurück, hat sich das hiesige FGG-Rückführungsverfahren in der Hauptsache erledigt.

 

Normenkette

FGG §§ 13a, 22 Abs. 1, § 33; HKÜ Art. 3, 12

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 05.07.2004; Aktenzeichen 567 F 1149/04)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen Ziff. 6 des Beschlusses des AG München vom 5.7.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die dem Antragsteller entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens und derjenige für die erste Instanz wird unter Aufhebung des Beschlusses des AG M. vom 8.7.2004 auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Rückführung zweier Kinder von Deutschland nach Schottland.

Der Antragsteller ist britischer Staatsangehöriger, die Antragsgegnerin ist deutsche Staatsangehörige. Die Parteien sind die Eltern der Kinder C. geb. 5.12.1998, und S. geb. 3.8.2000. Die Parteien sind nicht miteinander verheiratet. Der Antragsteller hat bisher nicht die Vaterschaft zu den Kindern anerkannt. Auch ist diese bisher noch nicht gerichtlich festgestellt worden. Hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien in der ersten Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf Ziff. 1 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das AG München hat dem Antrag des Antragstellers nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 5.7.2004, der Antragsgegnerin am 13.7.2004 zugestellt, stattgegeben und die Voraussetzungen einer Rückführungsanordnung nach Art. 12 i.V.m. Art. 3 HKÜ bejaht.

Hiergegen richtet sich die am 19.7.2004 zum OLG eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin.

Sie meint, da dem Antragsteller kein Sorgerecht zugestanden habe und dies bis zum Verbringen der Kinder nach Deutschland am 22.4.2003 ihm auch nicht durch eine Entscheidung eines schottischen Gerichts übertragen worden ist, habe sie ohne Einwilligung des Antragstellers den Aufenthaltsort der Kinder bestimmen können. Der Antragsteller beruft sich hingegen auf das Sorgerecht des schottischen Gerichts, das durch seinen Antrag, ihm das Sorgerecht zu übertragen, entstanden sei. Der Senat hat die Parteien durch den vorbereitenden Richter angehört.

Die Antragsgegnerin ist nach dem Termin freiwillig nach Schottland mit den Kindern zurückgekehrt, damit dort das anhängige Sorgerechtsverfahren fortgesetzt werden kann.

Die Parteien haben im Hinblick auf die freiwillige Rückführung der Kinder das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II. 1. Nachdem die Antragsgegnerin die Kinder vor Erlass einer Beschwerdeentscheidung nach Schottland zurückgeführt hat, ist ihre ursprünglich gem. § 8 Abs. 2 SorgeRÜbkAG zulässige sofortige Beschwerde (§ 22 FGG) wegen Erledigung der Hauptsache unzulässig geworden (Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13a Rz. 47 m.w.N.). Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind daher nur noch die Kostenentscheidung erster Instanz sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FGG, § 13a Rz. 47).

2. Maßgebliche Grundlage für die Kostenentscheidung ist vorliegend § 13a Abs. 1 FGG.

a) Auf das Rückführungsverfahren finden gem. § 6 Abs. 1 SorgeRÜbkAG die Vorschriften des FGG Anwendung.

b) Mangels einer ausdrücklichen Regelung über die Erledigung der Hauptsache im FGG tritt in den FG-Angelegenheiten eine Erledigung der Hauptsache ein, wenn ein nach Einleitung des Verfahrens eingetretenes Ereignis die Sach- und Rechtslage für eine gerichtliche Entscheidung so verändert, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Verfahrensgegenstand nicht mehr gegeben sind (Kuntze/Winkler/Zimmermann, FGG, § 19 Rz. 85). Dies ist hier der Fall, nachdem die Antragsgegnerin die Kinder freiwillig zurückgeführt hat. Mehr konnte der Antragsteller mit seinem Antrag nicht verlangen. Soweit er erstinstanzlich die Herausgabe der Kinder an sich zum Zwecke der Rückführung verlangt hat, hätte diesem Antrag nicht stattgegeben werden können. Zwar sieht Art. 12 HKÜ die Rückgabe der Kinder vor, jedoch ist dies eine unrichtige Übersetzung des englischen Textes des HKÜ. In der englischen Fassung heißt es ausdrücklich: "... shall order the return of the child forthwith". Damit ist die Rückführung des Kindes gemeint. Auch dem Sinn des HKÜ als Rechtshilfeübereinkommen entspricht es, nur eine Rückführung a...

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