Leitsatz (amtlich)

Ist schlüssig dargelegt, dass ein Gesellschafter aus einer fortbestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) durch Kündigung ausgeschieden ist und bestimmt der Gesellschaftsvertrag für diesen Fall, dass die GbR fortbestehen soll, bedarf es neben der Berichtigungsbewilligung des Ausgeschiedenen keiner Bewilligung der weiter im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter (Anschluss an KG MittBayNot 2012, 219 und OLG Jena FGPrax 2011, 226).

 

Normenkette

GBO §§ 19, 22, 29 Abs. 1, § 47 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG München - Grundbuchamt (Beschluss vom 29.06.2012; Aktenzeichen Unterschleißheim Blatt 7883-47)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des AG München - Grundbuchamt - vom 29.6.2012 aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, die beantragte Berichtigung des Grundbuchs durchzuführen.

 

Gründe

I. Im Grundbuch ist die Beteiligte zu 2, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit über 100 Gesellschaftern, als Eigentümerin von Miteigentumsanteilen an Einheiten eines Einkaufszentrums eingetragen. Aufgrund der Erbscheine vom 3.11.2010 und 8.9.2011 wurde am 7.10.2011 der Beteiligte zu 1, das Bundesland xx, im Grundbuch eingetragen. Der Beteiligte zu 1 hat mit Urkunde der Oberfinanzdirektion unter dem 1./27.3.2012 die Grundbuchberichtigung durch Löschung beantragt und dies darauf gestützt, dass schon der Vorerblasser im Jahr 1994 durch Kündigung aus der GbR ausgeschieden und das Grundbuch daher unrichtig sei.

Zunächst forderte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 12.4.2012 den Nachweis des Ausscheidens des Vorerblassers aus der GbR und vertrat die Ansicht, dass der Beteiligte zu 1 nicht bewilligungsbefugt sei; dieser sei nämlich nie Erbe des Gesellschaftsanteils geworden, weil bereits der Vorerblasser aus der Gesellschaft ausgeschieden sei.

Daraufhin wurden dem Grundbuchamt eidesstattliche Versicherungen von Mitarbeitern der Objektverwalterin vorgelegt, wonach der Vorerblasser gegen Zahlung eines Abfindungsbetrags aus der GbR ausgeschieden sei. Das Grundbuchamt forderte nun mit neuerlicher Zwischenverfügung vom 26.4.2012 einen in der Form des § 29 GBO geführten Nachweis an, dass der Vorerblasser aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Dem trat der Beteiligte zu 1 entgegen.

Nach Fristablauf hat das Grundbuchamt den Antrag am 29.6.2012 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2 vom 29.8.2012. Diese stützt sich darauf, dass die Berichtigung des Grundbuchs von dem Beteiligten zu 1 bewilligt und die Unrichtigkeit durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen schlüssig dargelegt sei. Mit der Beschwerde hat die Beteiligte zu 2 zudem den privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag vom 12.1.1984 vorgelegt, der in § 9 Abs. 1 regelt:

Erklärt ein Gesellschafter die Kündigung, so scheidet er zu dem in § 4 Abs. 3 genannten Zeitpunkt aus der Gesellschaft aus; die übrigen Gesellschafter setzen die Gesellschaft fort ...

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gem. § 71 Abs. 1, § 73 GBO sowie § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG namens der Beteiligten zu 2 vom antragstellenden Notar eingelegte Beschwerde ist zulässig. Eine Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2 liegt vor, nachdem die GbR ein rechtlich schützenswertes Interesse daran hat, dass das Grundbuch den korrekten Gesellschafterbestand wiedergibt, vgl. § 82 Satz 3 GBO.

Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Vorlage des Gesellschaftsvertrags, der im Beschwerdeverfahren als neuer Sachvortrag berücksichtigt werden kann (§ 74 GBO), ist eine Grundbuchunrichtigkeit schlüssig dargelegt. Die erforderliche Bewilligung des ausscheidenden Gesellschafters ist erklärt, so dass die Grundbuchberichtigung durchzuführen ist. Einer Bewilligung der übrigen Gesellschafter bedarfes nicht.

1. Durch die Kündigung des Gesellschaftsanteils des Rechtsvor(-vor-)gängers des Beteiligten zu 1 ist das Grundbuch zwar nicht i.S.v. § 22 GBO und § 894 BGB unrichtig geworden, weil die GbR nach dem Gesellschaftsvertrag unberührt von der Kündigung fortgesetzt wird und daher auch Grundstückseigentümerin geblieben ist. Das Grundbuch wird aber wegen § 47 Abs. 2 GBO hinsichtlich der Gesellschafter als unrichtig behandelt mit der Folge, dass die Berichtigung entsprechend § 22 GBO zulässig ist (vgl. OLG Zweibrücken FGPrax 2010, 22/23; OLG Jena FGPrax 2011, 226/227; s. auch Demharter, GBO, 28. Aufl., § 47 Rz. 30).

2. Eine Berichtigung des Grundbuchs kommt entweder im Falle des Nachweises der Unrichtigkeit oder bei Vorlage von Berichtigungsbewilligungen der Betroffenen und der schlüssigen Darlegung der Grundbuchunrichtigkeit, die auch die Darlegung umfasst, dass das Grundbuch durch die beantragte Berichtigung richtig wird, in Betracht (Hügel/Holzer GBO 2. Aufl., § 22 Rz. 58 ff. und 69 ff.; Senat vom 12.3.2012, 34 Wx 245/11 bei juris).

Hier hat der Beteiligte zu 1 die Berichtigung des Grundbuchs (§ 22 GBO) wirksam unter Vorlage einer Berichtigungsbewilligung nach § 19 GBO beantragt. Auch wenn die Bewilligung in die Form eines bloßen ...

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