Leitsatz (amtlich)

1. Sind Teilungserklärung und Aufteilungsplan, was die Zugehörigkeit eines Raums zum Sondereigentum betrifft, widersprüchlich, so entsteht kein Sondereigentum an diesem Raum.

2. Weist das Grundbuch einen in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Raum als Sondereigentum aus, so entsteht insoweit eine inhaltlich unzulässige Eintragung.

 

Normenkette

GBO § 53 Abs. 1 S. 2; WoEigG § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 4 Nr. 1, § 8

 

Verfahrensgang

AG Traunstein (Beschluss vom 09.02.2012)

 

Tenor

I. Der Beschluss des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 9.2.2012 wird auf die Beschwerde der Beteiligten aufgehoben.

II. Das AG Traunstein - Grundbuchamt - wird angewiesen, bei dem im Grundbuch von Petting, Blatt 1003, eingetragenen Wohnungseigentum die Verbindung des Miteigentumsanteils mit dem Treppenhaus als Sondereigentum als inhaltlich unzulässig zu löschen und die mit Urkunde vom 21.7.2011 (URz. 2112/2011) beantragte Unterteilung der Sondereigentumseinheit Nr. 1 zu vollziehen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind im Grundbuch als Eigentümer von Wohnungs- und Teileigentum eingetragen, dessen Begründung auf der Teilungserklärung vom 9.11.1983 beruht. Die beiden damals gebildeten Anteile sind wie folgt beschrieben:

1. Miteigentumsanteil zu - zwei Drittel - 2/3, verbunden mit Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoss, dem Speicher, dem Abstellraum und der Garage und zwei Kellerräumen, im Aufteilungsplan je mit Nr. 1 und blauer Farbe gekennzeichnet.

2. Miteigentumsanteil zu - einem Drittel - 1/3, verbunden mit Sondereigentum an der Wohnung im Obergeschoss, einer Garage und einem Kellerraum, im Aufteilungsplan je mit Nr. 2 und roter Farbe gekennzeichnet.

Im Aufteilungsplan sind das gesamte Erdgeschoss - einschl. des dortigen Teils des Treppenhauses - sowie der Speicherraum im Dachgeschoss blau umrandet; ein Schreibversehen bei der Nummerierung dieser Räume wurde mit Feststellung des beurkundenden Notars vom 23.1.1984 dahin richtiggestellt, dass diese Räume im Erdgeschoss sämtlich die Wohneinheit Nr. 1 betreffen. Das gesamte Obergeschoss einschl. des Treppenhauses ist rot umrandet und die Räume der Wohnung mit einer roten "2" beschriftet.

Die Beteiligten zu 1 und 2 als eingetragene Eigentümer der Wohnung Nr. 1 unterteilten diese im Wege der Realteilung mit notarieller Urkunde vom 21.7.2011 in die Einheiten Nr. 1 und Nr. 3, wobei letztere vor allem im Dachgeschoss gelegen ist. Die Beteiligte zu 3 hat diese Wohnung mit Vertrag vom gleichen Tag gekauft. Alle Beteiligte beantragten die Eintragung der Unterteilung im Grundbuch.

Diesen Antrag hat das Grundbuchamt nach Zwischenverfügung vom 27.10.2011 und fruchtlosem Ablauf der darin gesetzten Frist zur Beseitigung von Eintragungshindernissen am 9.2.2012 zurückgewiesen. Es hat folgendes Vollzugshindernis gesehen:

Gemäß der ursprünglichen Teilungserklärung sei jeweils auch das Treppenhaus den Wohnungen als Sondereigentum zugewiesen. Der Aufteilungsplan sei zumindest zweideutig. An einem Treppenhaus könne aber kein Sondereigentum begründet werden. Durch die Teilung sei ein isolierter Miteigentumsanteil entstanden. Dieser sei durch Änderung der Teilungserklärung wieder so in Gemeinschaftseigentum zu überführen, dass das gesetzwidrige isolierte Miteigentum entfalle.

Gegen die Zurückweisung hat der Notar namens aller Beteiligter Beschwerde eingelegt. Da am Treppenhaus kein Sondereigentum entstehen könne, sondern dieses Gemeinschaftseigentum geblieben sei, könne eine Änderung der Teilungserklärung von den Wohnungseigentümern nicht verlangt werden.

Der Beschwerde hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.

II. Die zulässig namens aller Beteiligter durch den Notar (§ 15 Abs. 2 GBO) eingelegte Beschwerde ist statthaft, § 71 Abs. 1 GBO. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung des Grundbuchamtes vom 9.2.2012. Die beantragte Aufteilung des Wohnungseigentums Nr. 1 kann vollzogen werden; davon unabhängig wird die inhaltlich unzulässige Eintragung, die das Treppenhaus dem jeweiligen Sondereigentum der Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 zuweist, von Amts wegen zu löschen sein.

1. Zur Feststellung des Inhalts der Grundbucheintragung bei der Teilung eines Grundstücks nach § 8 WEG sind, hier bezogen auf das zu jedem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und dessen Abgrenzung zum gemeinschaftlichen Eigentum, die Teilungserklärung und der Aufteilungsplan (s. § 8 Abs. 2 mit § 7 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG) auszulegen. Daraus ergibt sich, welche Räume zu welchem Sondereigentum gehören und wo die Grenzen der im Sondereigentum stehenden Räume untereinander sowie gegenüber dem Gemeinschaftseigentum verlaufen. Dabei verdrängt der Aufteilungsplan nicht den Inhalt der Teilungserklärung. Stimmen die wörtliche Beschreibung des Gegenstands des Sondereigentums im Text der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein, ist daher keiner der sich widersprechenden Erklärungsinhalte vorrangig. Ein Widerspruch zwischen der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan hat vielmehr zur Folge, dass an den betr...

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